Porzellanindustrie Lorenz Hutschenreuther

Lorenz Hutschenreuther – Porzellanindustrie Selb aus der Sicht von Hermann Bohrer 1930

Die Schwierigkeiten, die sich ihm am Anfang entgegenstellten, waren erhebliche. Fehlerhafte Einrichtungen der Maschinerien durch die Lieferfirmen verzögerten den Beginn der Fabrikation. Aber Hutschenreuther hatte alle Schwierigkeiten durch seine Energie überwunden und schon im Frühjahr 1859 konnte er die Arbeit aufnehmen und auf der Leipziger Frühjahrsmesse des nächsten Jahres mit seinen Erzeugnissen hervortreten. Seine Seine Facharbeiter hatte er sich hierbei aus bereits bestehenden Betrieben in Böhmen, Thüringen und Schlesien vermutlich auch aus den nahen Hohenberg verschrieben. In seinem Annahmeschreiben für einen Arbeiter unterließ er, hierbei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er nur auf solide und anständige Kräfte reflektiere. Unverheiratete Arbeiter lies er ausserdem nach Möglichkeit in der Fabrik Quartier beziehen. Bezeichnend für die Strenge seiner sittlichen Anschauungen ist ein im Familienbesitz der Familie Hutschenreuther enthaltener Entwurf eines Briefes vom 17. August 1859 an Senior Clöter in Selb, in dem er seinem Bedauern darüber Ausdruck gibt, dass die Aufführung seiner Arbeiter während des Pfingstfestes anstößig gewesen war.

Er teilt gleichzeitig mit, dass er den Ruhestörern kurzerhand die Arbeit gekündigt hat. Andererseits sind wieder eine Reihe Briefe an seiner Kinder überliefert, die einen Begriff von seiner grossen Güte und Fürsorglichkeit geben. Lorenz Hutschenreuther vermählte sich am 15. Oktober 1843 mit Berta BESSNER, einer Kaufmannstochter aus Altenburg in Thüringen. Von den 6 Kindern dieser Ehe erreichten nur 3 ein höheres Alter, nämlich seine Söhne Viktor, geb. 16.12.1854, der im Jahre 1907 in München als Kommerzienrat starb und Eugen, geb. 28.06.1860, der 1899 als Gutsbesitzer in Blumenthal heimging und seine älteste Tochter Lina, geb. 1846, die sich mit dem Ingenieur Hans Pabst, dem Bauführer beim Selber Pfarrkirchenbau, vermählte. Den Letzteren, nahm Lorenz Hutschenreuther im Jahre 1864 als Teilhaber mit in die Fabrik, wodurch dieses Unternehmen noch finanziell gekräftigt wurde, sodass nunmehr durch den Bau weiterer Öfen den steigenden Ansprüchen der Abnehmer Rechnung getragen werden konnte. Auch die beiden Söhne, Viktor und Eugen, traten in die Fabrik ein, während Lorenz Hutschenreuther, dessen Lebensabend leider durch ein unerträgliches ABTMALEIDEN verkürzet wurde, sich Ende der Siebziger Jahre nach Würzburg zurück zog, wo sein Leben am 8.10.1886 ein tragisches Ende fand. Er ruht in dem Erbbegräbnis seiner Familie auf dem Selber Gottesacker neben seiner ihm im Jahre 1867 vorangegangenen Gattin.

Grössere Auszeichnungen war der schlichte Sinn dieses ohne Zweifel bedeutenden Mannes durchaus abhold. Dass solche ihm bei seinen mannigfaltigen Verdiensten und Erfolgen, zumal er auch im öffentlichen Leben als Stadtrat in Selb Bedeutendes geleistet hatte, in verschiedener Weiße erreichbar gewesen wären, liegt auf der Hand. Er hat aber nie von solchen Ehrungen Gebrauch gemacht. Seine Fabrik aber nahm einen ungeahnten Aufschwung. In den achtziger Jahren ging man in ihr dazu über, dekoriertes Tafelgeschirr und Hotelporzellan anzufertigen, dessen Ausführung den guten Ruf der Firma als Qualitätsfabrik begründete und ihr grosse Ausstellungserfolge brachte. Man muss sich vergegenwärtigen, mit welchen Schwierigkeiten die junge Fabrik am Anfang ihres Bestandes zu kämpfen hatte.

Wenn auch die hauptsächlichen Rohstoffe Kaolin, Rohton nebst Kohle und Holz in Bayern und im nahen Böhmen in grossen Mengen vorhanden waren, so war es doch überaus umständlich, diese Materialien nach Selb zu bringen. Mittels Fuhrwerk mussten sie teils aus Böhmen, teils von der 5 Stunden entfernten Bahnstation herge- holt und das fertige Porzellan wieder nach dort gebracht werden. Aber trotz der Erschwernisse nahm die Fabrik immer mehr und mehr an Bedeutung zu, eine Folge des Prinzipes von Lorenz Hutschenreuther, nur beste Fabrikate zu fertigen. Auch wurde die Produktion immer mehr vervollkommnet, sodass man bald in der Lage war, auch Tafelservice in Handmalerei anzufertigen. Natürlich war Hutschenreuther auch bestrebt, sich wertvolle Materialquellen zu sichern. Er erwarb bei Karlsbad die Zedwitzer Kaolingruben und errichtete im Zusammenhang damit in Fischern bei Karlsbad eine Kaolinschlemmerei. Nach dem tragischen Ende des Lorenz Hutschen- reuther ging die Fabrik auf seine beiden Söhne Viktor und Eugen über. Um aber die Fabrikation weiter ausgestalten zukönnen, wurde 1902 die Fabrik in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Gründung derselben geschah durch die Bank von Thüringen unter Herrn Geheimrat Dr. Strupp in Meiningen.

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