Vom Weberdorf zur Porzellanstadt

Als Selb 1926 sein 500jähriges Stadtjubiläum feierte, würdigte die Presse des In- und Auslandes die einmalige Bedeutung dieser Stadt, die seit mehreren Jahrzehnten den Ehrennamen „Stadt des Porzellans“ trägt. Besondere Beachtung fanden jene Sätze, die der inzwischen verstorbene Rehauer Ehrenbürger Prof. Dr. Ernst Zeh prägte: „Selb ist zwar kein Rothenburg, kein Nördlingen oder Dinkelsbühl. Aber Selb kann sich einer Ausnahmestellung unter allen deutschen Städten rühmen: Selb ist die Porzellanstadt nicht nur Deutschlands, sondern Europas! In den Selber Porzellanfabriken qualmen 66 Hochöfen und röten mit den meterhoch herauszüngelnden Flammen des Scharffeuers den nächtlichen Himmel. Ein grandioses Schauspiel der Arbeit, ein Symbol, dass alles Edle, wie es auch das Porzellan ist, durch läuterndes Feuer muss! Doch wie ein Riessenfanatorium steht der ernste fichtelgebirgische Wald rings um die Stadt.“

In diesen wenigen Zeilen finden, sowohl die hervorragende Stellung der Stadt Selb im Wirtschaftsleben als auch ihre günstige Lage am Nordostrand des Fichtelgebirges einen markanten Ausbruch (Anspruch). Sie enthalten aber auch einen Hinweis auf die Tatsache, dass das Strassenbild einen nüchternen Charakter trägt. Das ist eine Feststellung, die wohl alle Besucher treffen, die zum ersten Male nach Selb kommen. Obwohl die Stadt Selb auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken kann, hat sie wenig in die von modernen Geist und kraftvollen Schaffen durchpulste Gegenwart hinüberretten können, denn ein schweres Brandunglück in der Mitte des vorigen Jahrhunderts vernichtete die vielen Zeugen einer ehrwürdigen Vergangenheit.

Wenn wir anlässlich der Haupttagung des Fichtelgebirgsvereins in Selb Rückschau auf die Entwicklung der gastgebenden Stadt halten wollen, so müssen wir mit der Bemerkung beginnen, dass urkundliche Nachrichten über die Gründung der Stadt Selb fehlen. Die Besiedelung erfolgte vermutlich erst nach der Völkerwanderung. Über den Ursprung des Ortsnamens Selb besteht gleichfalls Ungewissheit. Die ältesten noch erhaltenen Urkunden stammen aus dem 12. Jahrhundert. Zu jener Zeit war Selb mit dem Egerland im Besitz der Staufischen Kaiser, in deren Auftrag die Vögte von Plauen über unser Gebiet geboten. 1355 wurde das mächtige Geschlecht der Forster mit Selb belehnt. Sie waren aber nur bis 1412 in dessen Besitz. Ständige Händel mit den Nürnberger Burggrafen und der Stadt Eger beschworen langwierige Kämpfe herauf, in dessen die Forster schliesslich des Lehens verlustig gingen.

In den nachfolgenden Jahrhunderten gehörte Selb zum Fürstentum Bayreuth, das einen adligen Amtmann einsetzte. Damit war im Fichtelgebirge neben Wunsiedel, Weißenstadt, Kirchenlamitz, Thierstein und Hohenberg ein sechstes Amt geschaffen, weshalb die Bezeichnung Sechsämterland entstand. Die Marktgrafen bauten in Selb einen der drei Forsterischen Herrensitze zu einem grösseren Jagdschloss aus. 1792 wurde Selb preussisch. 1806 marschierten die Franzosen in das Selber Gebiet. Während der vierjährigen Besatzungszeit musste das arme Städtchen über 6.000 Gulden an Kriegsentschädigung entrichten. Erst 1810 kam Selb zu Bayern.

Leider blieb Selb von Kriegsnot und Elend nicht verschont. Um 1430 zogen die Husiten durch unsere Gegend. Sie verwüsteten auch Selb mit seiner alten Pfarrkirche. Unzählige Leiden brachte aber besonders der 30jährige Krieg über unsere Vorfahren. Bald waren es kaiserliche und Kroaten, bald Schweden, die sengend und plündernd einfielen. Mehrere Dörfer der Umgebung verschwanden vom Erdboden. Auch Selb wurde ziemlich entvölkert. Nach Kriegsende bahnte sich eine friedliche Entwicklung an, die erst am 18. März 1856 unterbrochen wurde. Um die Mittagsstunde entstand ein riesiger Brand, der fast den ganzen Ort in Schutt und Asche legte. Dem gefräsigen Element fielen über 600 Häuser zum Opfer, fast 3000 Einwohner wurden obdachlos. Eine Gedenktafel an der Alten Apotheke, in der damals das Feuer ausbrach, erinnert an die Katastrophe des Jahres 1856.

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