Tiefenfurter Porzellan

80 Jahre Tiefenfurter Porzellan im niederschlesischen Tiefenfurt (1865-1945). Mit seiner neuen Ausstellung erinnert das Museum an den Porzellanort Tiefenfurt, der einst den Kreisen Görlitz und Bunzlau zugeordnet war und auf dessen Poststempel stand: „Tiefenfurter Porzellan ist weltbekannt“. Vom 16. Mai (Eröffnung um 15 Uhr) bis zum 29. August 2010 zeigte das Museum die bisher größte Ausstellung mit Tiefenfurter Porzellanen, für die 1930 auch die damals bekannte Schauspielerin Lil Dagover in einer Firmenanzeige warb.

Timeline – Porzellanfabriken Tiefenfurt

1865, 1868, 1890
Gründung dreier Porzellanfabriken in Tiefenfurt, basierend auf einer lokalen Töpferei- und Steinguttradition.
1872
Gründung der Tiefenfurter Porzellan-Manufactur-Gesellschaft als Aktiengesellschaft.
1883
Auflösung der Tiefenfurter Porzellan- und Chamottewaaren-Fabriken AG; Übergang in die Verwaltung von Kuno Hugo Steinmann.
1885–1893
Ältere Fabrikanlagen wurden unter Sporleder & Benker bis 1893 weitergeführt.
1885–1919
Nach Konkurs Übernahme durch Louis Lövinsohn und Weiterführung als Schlesische Porzellanfabrik.
1910–1932
Markteintritt der K. Steinmann Porzellanfabriken Parowa (Tiefenfurt) mit eigenem Markenzeichen.
1920–1945
Aktivität der C. H. Tuppack Porzellanfabrik in Tiefenfurt bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Heute noch befinden sich in manchen Haushalten Geschirre mit den bekannten Dekoren „China-Blau“ und „China-Rot“, die in ihren Fabrikmarken den Namen Tieferfurt Porzellan enthalten. Auf Sammlermärkten erfreuen sich diese Porzellane nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. 1865, und somit immerhin 26 Jahre bevor Rosenthal seine Porzellanfabrik in Selb/Bayern gründete, begann die Porzellanherstellung in Tiefenfurt. Töpfereien und Steingutfabriken bildeten die Grundlage für drei Porzellanfabriken, die 1865, 1868 und 1890 in Tiefenfurt die Porzellanproduktion aufnahmen.

Die beiden älteren Unternehmen gehörten 1872 zu den ersten deutschen Porzellanfabriken, die in der Form einer Aktiengesellschaft betrieben wurden. Aus diesen gingen später die „Schlesische Porzellanfabrik P. Donath“ und nachfolgend die „Porzellanfabrik C. H. Tuppack“ sowie die „Porzellanfabrik K. Steinmann“ hervor. Tiefenfurt zählte 1939 etwa 1350 Einwohner. Allein in den drei feinkeramischen Großbetrieben wurden zeitweise bis zu 600 Personen beschäftigt. Die Porzellanfabriken sowie kleinere Porzellanmalereien und Zulieferbetriebe boten nicht nur den Einwohnern Tiefenfurts und seines Umlandes Arbeit, sondern auch manchem Porzelliner aus anderen Teilen Deutschlands.

Zeitleiste – Porzellanfabriken Tiefenfurt

Jahr Ereignis
1865–1890 Entstehung der ersten Porzellanfabriken in Tiefenfurt (Haus Schlesien)
1872 Gründung der Tiefenfurter Porzellan-Manufactur-Gesellschaft AG (Haus Schlesien, Porcelain Marks and More)
1883 Auflösung der AG, Übernahme durch Kuno Hugo Steinmann (Porcelain Marks and More)
1885–1893 Weiterführung älterer Anlagen durch Sporleder & Benker (Porcelain Marks and More)
1885–1919 Nach Konkurs, Weiterführung als Schlesische Porzellanfabrik (The Old Stuff)
1910–1932 Betrieb durch K. Steinmann (Parowa Tiefenfurt) (my-porcelain.eu)
1920–1945 C. H. Tuppack Porzellanfabrik aktiv (de.wikipedia.org)

Porzellanfabrik Donath

Von der „Schlesischen Porzellanfabrik P. Donath“ (1891 bis etwa 1920) wurden Luxus- und Gebrauchsgeschirre hergestellt und auch nach England, Amerika, Russland, Frankreich, Schweden sowie in die Türkei exportiert. In einem Markenschutzprozess, den die Königliche Porzellan-Manufaktur Meißen gegen Paul Donath 1893 anstrengte und 1895 durch die letztinstanzliche Entscheidung des Reichsgerichtes Leipzig verlor, wurde indirekt die gute Qualität der Porzellane aus der Fabrik von Donath bestätigt.

Porzellanfabrik Tuppack

Die „Porzellanfabrik C. H. Tuppack“ (etwa 1920 bis 1945) bot „Gebrauchs- und Tafelgeschirre für In- und Ausland“ an. Eng verbunden mit dieser Tiefenfurter Firma sind indes ihre Porzellane mit den Dekoren „China-Blau“, „China-Rot“, „China-Grün“, „China-Lila“ sowie verschiedene Japan-Dekore. Mit einem breiteren Angebot von Porzellanen im Stil des Art déco folgte Tuppack darüber hinaus einem Trend der Zeit.

Porzellanfabrik Steinmann

Die „Porzellanfabrik K. Steinmann“ (1883 bis 1943/45), die um die Jahrhundertwende die dritte Tiefenfurter Porzellan Fabrik, die „Silesia“, übernommen hatte, nannte vor dem Ersten Weltkrieg als Spezialität „Export-Gebrauchsartikel für alle Länder der Welt“. In einer Anzeige wies das Unternehmen allein 33 solcher „Export-Artikel“ aus.

Insbesondere lieferte Steinmann diese in englischsprachige Länder, in die USA und bis nach Englisch-Ost-Indien und Australien. Kaffee-, Tee-, Frühstücksservice, Obstgarnituren, Zierdosen, Durchbruchschalen usw. gehörten um 1930 zum Angebot des Unternehmens. Nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 wurden im Werk „Silesia“ dagegen verstärkt feuerfeste Feinsteinzeug-Geschirre hergestellt.

Vor allem Porzellane der drei genannten Firmen waren in der Ausstellung zu sehen. Sie vermittelte einen Einblick in die Vielfalt der Porzellane, die in Tiefenfurt hergestellt worden sind – bis hin zu den heute wieder besonders geschätzten Porzellanen im Art-déco-Stil. Ermöglicht wird dies durch Exponate des Museums und durch die Beteiligung mehrerer Leihgeber.

Über die Geschichte der Tiefenfurter Porzellanindustrie informiert ausführlich das 2007 in erweiterter und aktualisierter Neuausgabe im Bergstadtverlag, Würzburg, erschienene Buch „Schlesisches Porzellan vor 1945“. Allein 49 Fabrikmarken sind dort abgebildet, die helfen, Tiefenfurter Porzellan zu erkennen.


Quelle: Gerhard Schmidt-Stein

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.