Porzellan aus Oberfranken seit 1794
Die Königlich privilegierte Porzellanfabrik Tettau gilt als eine der ältesten noch produzierenden Porzellanmanufakturen Deutschlands. Gegründet im Jahr 1794 im oberfränkischen Tettau, entwickelte sich das Unternehmen schnell zu einem Synonym für feinstes, dünnwandiges Porzellan mit hoher künstlerischer und handwerklicher Qualität. Die lange Geschichte, die Lage im Grenzgebiet zwischen Bayern und Thüringen sowie die Innovationskraft in Dekor und Formgebung machen Tettau zu einer festen Größe in der deutschen Porzellanlandschaft.
Gründung und frühe Jahre
Die Gründung der Fabrik erfolgte unter dem Schutz des Herzogs von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Die geographische Lage im Tettauer Winkel bot Zugang zu wichtigen Rohstoffen wie Kaolin, Quarz und Feldspat. Schon früh setzte Tettau auf Hartporzellan in Anlehnung an die Meissener Rezeptur, das sich durch besondere Feinheit und Haltbarkeit auszeichnete.
Die Produktion umfasste zunächst Tafelgeschirr, Service und einfache Gebrauchsgegenstände, doch schon bald erweiterte man das Sortiment um kunstvoll bemalte Einzelstücke.
19. Jahrhundert – Technische und künstlerische Entwicklung
Im 19. Jahrhundert erlebte die Porzellanfabrik Tettau eine Phase der stetigen Modernisierung. Es wurden neue Brennöfen errichtet und innovative Glasuren eingeführt. Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Malern und Modelleurmeistern aus anderen Porzellanzentren brachte frische Impulse.
Tettau spezialisierte sich zunehmend auf dünnwandiges, transparentes Porzellan, das sich durch hohe Lichtdurchlässigkeit und feine Bemalung auszeichnete. In dieser Zeit begann auch die Ausrichtung auf den Exportmarkt, vor allem nach England, in die USA und in andere europäische Länder. Dekore im Biedermeier- und Historismus-Stil prägten das Bild, oft mit Blumenmalerei, Goldstaffage und feinen Reliefs.
20. Jahrhundert – Markenprofil und Serienfertigung
Im 20. Jahrhundert modernisierte Tettau die Produktion weiter und kombinierte handwerkliche Fertigungsschritte mit industrieller Effizienz. Die Fabrik produzierte nicht nur unter der Marke Tettau, sondern auch für andere Handelsmarken und Kooperationspartner.
Besonders bekannt wurden Dekore wie „Waldstein“ oder „Rosenmuster“, die heute zu den Klassikern zählen. Während der DDR-Zeit lag Tettau direkt an der innerdeutschen Grenze, was die Logistik erschwerte. Dennoch gelang es, den Betrieb aufrechtzuerhalten und die hohe Qualität zu bewahren. In den 1990er Jahren wurde Tettau Teil der Seltmann-Gruppe (Weiden), wodurch die Marke gestärkt und das Sortiment erweitert wurde.
Design und Qualität
Bis heute steht Tettau Porzellan für feine Handmalerei, klare Linien und funktionale Formen. Typisch sind klassische Serviceformen mit dezentem Dekor ebenso wie modernere Serien für den täglichen Gebrauch. Die Kombination aus Tradition und zeitgemäßem Design macht Tettau sowohl bei Sammlern als auch im gehobenen Gastronomiebereich beliebt.
Sammlerwert
Historische Tettau-Stücke, insbesondere aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, sind bei Sammlern sehr gefragt. Wichtig für die Wertbestimmung sind die Bodenmarken, die sich im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verändert haben und eine Datierung ermöglichen.
Besonders hohe Preise erzielen seltene Handmalereien und limitierte Editionen. Die Porzellanfabrik Tettau verbindet seit über zwei Jahrhunderten handwerkliche Tradition, innovative Gestaltung und hohe Qualitätsstandards. Sie ist ein lebendiges Beispiel für die Beständigkeit der deutschen Porzellanindustrie und ein geschätzter Name auf dem internationalen Markt.
Chronik – Porzellanfabrik Tettau (1794–heute)
1794
Gründung der königlich privilegierten Porzellanfabrik Tettau im Tettauer Winkel (Schutz des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld). Beginn der Produktion von feinem Hartporzellan.
1790er–1820er
Aufbau von Brennöfen, Formenbau und Malerei; Nutzung regionaler Rohstoffe (Kaolin, Feldspat, Quarz). Erste Service und Gebrauchsformen, schrittweise Professionalisierung.
1830er–1870er
Technische Modernisierung, Verbesserungen bei Glasuren und Weißmasse. Zunehmende Feinheit des Scherbens; Ausbau der Blumen- und Goldmalerei.
1870–1914
Exportphase: Vertrieb nach Großbritannien, in die USA und nach Kontinentaleuropa. Programm zwischen Biedermeier-Tradition und Historismus; dünnwandige Tafelservices werden Markenzeichen.
1914–1918
Kriegsbedingte Einschränkungen bei Material und Personal; Reduktion der Sortimente.
1919–1930er
Neuordnung der Produktion; Verbindung von Manufakturarbeit und effizienter Serienfertigung. Beliebte Dekore und Services festigen das Markenprofil Tettau.
1939–1945
Kriegswirtschaft, Materialknappheit, Programmkürzungen; Erhalt der Kernkompetenzen trotz schwieriger Lage.
1945–1960er
Wiederanlauf in Grenzlage zur innerdeutschen Grenze; Logistik erschwert, Qualitätsanspruch bleibt hoch. Sortiment aus klassischen Serviceformen und feiner Handmalerei.
1970er–1980er
Technische Erneuerungen (Brenn- und Glasurtechnik), zeitgemäße Service-Linien. Pflege klassischer Dekore parallel zu funktionalen Alltagsprogrammen.
1990er
Zugehörigkeit zur Seltmann-Gruppe (Weiden); Markenprofil „Tettau“ wird gestärkt, Sortiment und Vertrieb werden gruppenweit abgestimmt.
2000er
Kontinuierliche Qualitätsarbeit, Modernisierung in Produktion und Dekortechnik. Verbindung von Tradition (dünnwandige Scherben, feine Malerei) und zeitgemäßen Formen.
Heute
Tettau steht für feines Hartporzellan mit klassischer Handschrift: elegante Tafelservices, dezente Gold-/Platin-Akzente, hochwertige Weißware. Stabile Nachfrage bei Sammlern und im gehobenen Gebrauch.