Die Rosenthal Kunstabteilung wurde 1908 gegründet und markierte den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. AG in Selb. Sie entstand als notwendige Ergänzung zur Feinkeramikproduktion, die damals in fünf Betrieben mit 36 Öfen und rund 3000 Arbeitern hochwertige Gebrauchsgeschirre und elektrotechnisches Porzellan fertigte.
Ziel der Kunstabteilung war es, die malerischen Entwürfe und plastischen Modelle der besten deutschen Künstler mit höchster Sorgfalt auszuführen. Der Grundsatz der Unternehmensleitung lautete von Beginn an: Nur künstlerische Ausführung bei vollendeter Technik führt zu vollkommenem Ergebnis.
Die Leitung lag in den Händen von Julius von Guldbrandsen, der 1910 zur Porzellanfabrik kam, seinen Wohnsitz nach Selb verlegte und die künstlerische wie technische Führung der Abteilung bis 1923 innehatte. Sämtliche Erzeugnisse der Kunstabteilung wurden nach Originalentwürfen und Modellen geschaffen. Die malerischen Vorlagen – Landschaften, Blumen, Ornamente –, die Gefäßformen und die Farbgestaltung der Figuren stammten größtenteils aus der Hand Guldbrandsens.
Die Kunstabteilung setzte sich das Ziel, nicht nur Gleichwertiges oder Besseres im Herkömmlichen zu schaffen, sondern neue Wege zu gehen. Es entstanden figürliche Darstellungen von Tieren, Tänzerinnen und Märchenfiguren – geschaffen von Künstlern aus aller Welt. Mit der Kunstabteilung und der Signatur „Rosenthal“ unter jedem Stück begann der Siegeszug der Marke auf dem internationalen Kunstporzellanmarkt.
Die Qualität dieser Arbeiten zeigte sich auf der Weltausstellung in Brüssel, wo Rosenthal mit dem Grand Prix ausgezeichnet wurde, während die Mitarbeiter Ehrendiplome erhielten. Eine repräsentative Kollektion reiste anschließend durch die deutschen Großstädte und wurde in renommierten Kunstsalons präsentiert. Auf der Weltausstellung in Gent erhielt Rosenthal erneut den Grand Prix. Bald waren die Kunstobjekte in allen führenden Kunstgewerbehäusern vertreten.
Besonderes Interesse fand die Schaffung einer neuen deutschen Porzellankunst auch bei höchsten gesellschaftlichen Kreisen. Zu den Käufern zählten unter anderem der Kronprinz und die Kronprinzessin des Deutschen Reiches, der österreichische Erzherzog-Thronfolger, Prinz Eitel Friedrich, Prinz August Wilhelm von Preußen, der König von Bulgarien und Prinz Alfons von Bayern. Zeitungen und Kunstzeitschriften lobten die Erzeugnisse wiederholt, und der Kreis der Sammler und Liebhaber wuchs stetig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere ab den 1950er-Jahren begann eine Phase der Neuausrichtung. Ab den 1960er-Jahren ging die Kunstabteilung in die „Rosenthal Studio-Line“ über. Diese führte den Anspruch, Kunst und Porzellan zu vereinen, in zeitgemäßer Form weiter. Unter der Studio-Line entstanden legendäre Kooperationen mit Künstlern wie Salvador Dalí, Friedensreich Hundertwasser, Victor Vasarely, Ernst Fuchs oder Otmar Alt. Besonders die limitierte Kunstreihe mit streng nummerierten Objekten wurde zum Aushängeschild dieser neuen Epoche.
Heute gilt die Rosenthal Kunstabteilung – in ihrer historischen und modernen Form – als ein Meilenstein in der Verbindung von Porzellantradition und moderner Kunst. Die Werke sind begehrte Sammlerstücke und stehen für über ein Jahrhundert kreativer Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Manufaktur.
Ankauf: Rosenthal Kunstabteilung & Studio-Line
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Die Rosenthal Kunstabteilung – Von 1908 bis zur Studio-Line
Die Rosenthal Kunstabteilung wurde 1908 gegründet – ein visionärer Schritt von Philipp Rosenthal senior, der damit bewusst eine Brücke zwischen traditioneller Porzellanherstellung und freier Kunst schlagen wollte. In dieser Abteilung entstanden von Beginn an figürliche Porzellane, repräsentative Vasen, Serviceformen und Zierobjekte, die sich durch künstlerischen Anspruch und handwerkliche Perfektion auszeichneten. Die frühe Kunstabteilung arbeitete mit Bildhauern, Malern und Designern zusammen, um die Grenzen zwischen Gebrauchsporzellan und Kunstobjekt aufzulösen.
In der Kaiserzeit und den 1920er-Jahren standen aufwendig modellierte Figuren, plastisch ausgearbeitete Reliefvasen und kostbar dekorierte Service im Mittelpunkt. In den 1930er-Jahren änderten sich mit den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch die Themen und Märkte, doch die Kunstabteilung blieb ein fester Bestandteil der Marke.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine neue Phase: Ab den 1950er-Jahren suchte Rosenthal gezielt nach einem zeitgemäßen künstlerischen Profil. Unter der Führung von Philip Rosenthal junior öffnete sich das Unternehmen internationalen Strömungen und knüpfte Kontakte zu namhaften Künstlern, Architekten und Designern.
Ab den 1960er-Jahren ging die traditionelle Kunstabteilung in die neu geschaffene „Rosenthal Studio-Line“ über. Dieses Label wurde zur Plattform für moderne Formen, avantgardistische Dekore und Kooperationen mit renommierten Künstlern. Die Studio-Line übernahm nicht nur die Rolle der Kunstabteilung, sondern erweiterte sie: Sie vereinte industriell gefertigte Serienobjekte und limitierte Kunstwerke unter einem Dach und setzte auf experimentelle Techniken, um anspruchsvolle Entwürfe in Porzellan umzusetzen.
In den 1970er- und 1980er-Jahren erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt. Künstler wie Salvador Dalí, Friedensreich Hundertwasser, Victor Vasarely, HAP Grieshaber, Ernst Fuchs, Otmar Alt oder Eduardo Paolozzi schufen Entwürfe für Porzellanplatten, Skulpturen und Objekte, die in limitierten Auflagen gefertigt wurden. Die berühmte limitierte Kunstreihe dieser Zeit steht exemplarisch für die Verbindung von Kunst und industrieller Porzellanproduktion.
Die Umsetzung dieser Werke erforderte ein hohes Maß an technischem Können: Mehrfarbige Siebdrucke, Handmalerei, Reliefgestaltung, Gold- und Platinauflagen – oft in bis zu zehn Brennvorgängen – sorgten dafür, dass die Originalvorlagen der Künstler detailgetreu wiedergegeben werden konnten.
Heute gilt die Rosenthal Kunstabteilung – und in ihrer Fortführung die Studio-Line – als Meilenstein in der Unternehmensgeschichte. Sie steht für über ein Jahrhundert kreativer Zusammenarbeit zwischen Kunst und Handwerk. Die Objekte aus dieser Epoche sind begehrte Sammlerstücke, die nicht nur durch ihren ästhetischen Reiz, sondern auch durch ihre kulturhistorische Bedeutung überzeugen.