Porzellanindustrie Philipp Rosenthal

Philipp Rosenthal – Porzellanindustrie Selb aus der Sicht von Hermann Bohrer 1930

Es ist nicht möglich, in dieser Abhandlung die Geschichte der sämtlichen Porzellanfabriken in Selb zu verfolgen. Dass wir aber unser Augenmerk auch der Entwicklungsgeschichte des heute grössten Werkes am Ort zuwenden, ist selbstverständlich. Es ist dies die Porzellanfabrik Philipp Rosenthal & CO. Im Jahre 1879/80 gründete der jetzige Generalvertreter der Firma Geh. Kommerzienrat Dr. Ing. h.c. Philipp Rosenthal in Erkersreuth dieses Unternehmen in bescheidenen Anfängen als eine kleine Porzellanmalerei mit einer Belegschaft von 4 Malern. Philipp Rosenthal ist geb. am 6. März 1855 zu Werl in Westfalen. Über seine Jugend schreibt Dr. Zöllner in dem Buch: Philipp Rosenthal, sein Leben und sein Porzellan. Die Eltern betrieben bereits in der 3. Generation das Porzellangewerbe. Aus einer Fabrik, die heute zum Rosenthal Konzern gehört, Krister Waldenburg in Waldenburg, bezog der Grossvater auf Planwagen seine Waren. Die Porzellan Tradition der Familie war ein guter Stern für den Lebensweg Philipps.

Der Vater wurde 85 Jahre alt. Eine unversiegbare Lebensenergie, ein gesunder Körper, den ihm die Eltern gaben! Eine glückliche Jugend! Bald zog es ihn hinaus in die weite Welt. Entgegen dem Willen seines Vaters, ging er, 17 Jahre alt, nach Amerika ins Land der Sehnsucht junger Abenteurer. Alles, was in romantischen Büchern zu lesen ist an seltsamen Schicksalen, hat er dort am eigenen Leibe, erlebt. Klein und bescheiden zu Anfang, harte händearbeit als Laufjunge, Fahrstuhlführer, Abenteuererleben draußen im Westen als Cowboy, als Reiter, der von vorderster Linie die Nachrichten zu Pferde zur nächsten Station trug. Nach einigen Jahren hatte man seine Fähigkeiten erkannt. Er trat als Clerk in ein grosses Importhandelshaus im Westen ein und bekam dort bald die Leitung der Glas- Porzellan- und Spielwaren- abteilung. Schon kurz darauf wurde er Einkäufer für diese Abteilung und als solcher nach Europa gesandt, entschloss er sich, 24jährig, trotz lockender Angebote, nach Deutschland zurückzukehren und hier sein Glück von neuem zu versuchen. Als sein Vater zu ihm sagte: „Du kannst deinen Weg ebenso gut in Deutschland machen, versuch es“! da hat er diesen väterlichen Rat befolgt.

Er begann im Jahre 1879 sein eigenes Geschäft, hier lenkte sein Blick sich schon frühzeitig, ausgehend von dem Porzellaninteresse seines Elternhauses, auf Selb, das er als besonders günstig für seine Betätigung in der Porzellanfabrikation erachtete, da es nahe an der böhmischen Grenze, also nahe den grossen Rohstoff- und Kohlegebieten lag und bereits über eine eingesessene Porzellanindustrie verfügte. Er pachtete im Jahre 1880 das Schloss Erkersreuth, um dort eine eigene Malerei zu errichten. Einfach im kleinsten Ausmaße wie bei allem, was den Kern des Wirklich-Grossen in sich birgt – begann er dort mit einem einzigen Maler aus Böhmen. Die Miete betrug 600 Mark jährlich. Fasst schien es mehr Liebhaberei als Erwerb. Er kaufte die Weißware bei Hutschenreuther und Zeidler. Infolge seiner Umsicht und Tatkraft wuchs der kleine Betrieb in Erkersreuth zusehends, so dass Rosenthal bereits im 3. oder 4. Jahr nach Beginn seines Unternehmens 6ß Arbeiter beschäftigte. Die Bauern von Erkersreuth haben finanziell das junge Unternehmen unterstützt, das öfter unter Geldnöten zu leiden hatte. Der erste Gewinner der Malerei war eine Untertasse, bemalt mit einer Zigarre, als Aschenschale: „Ruheplätzchen für Zigarren“. Mit der Zeit wurde es zu enge in der Fabrik.

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