Porzellanindustrie Philipp Rosenthal

Vielerlei äussere und technische Gründe machten die Übersiedlung des Betriebes von Erkersreuth nach Selb im Jahre 1886 notwendig, das damals ja schon einen Ruf als Porzellanstadt hatte. Die stete Ausdehnung des Malereibetriebes, verbunden mit den immer grösser werdenden Schwierigkeiten, der Beschaffung der vielen weißen Ware, lies die Notwendigkeit dringender werden, selbst die Fabrikation des Porzellans aufzunehmen, sodass schliesslich im Jahre 1891 mit der Umwandlung des Malereibe- triebes in eine Porzellanfabrik begonnen wurde. Rosenthal hatte bereits vorher mit einem gewissen Bauer in Kronach eine Porzellanfabrik ins Leben gerufen, die 1895 in das Selber Unternehmen miteinbezogen wurde. 1897 erfolgte die Umwandlung der bisherigen Privatfabrik in eine Aktiengesellschaft.

1908 wurde die Fabrik F. Thomas in Marktredwitz in die A.-G. aufgenommen. Im Jahre 1917 erwarb Geh. Rosenthal die Fabrik Jakob Zeidler & CO. In Selb-Plössberg als Privatbesitz. 1920 erfolgte dann aus betriebstechnischen Gründen die Verlegung des Sitzes der A.-G. von Selb nach Berlin, Bellevuestrasse 10. Dieses Jahr brachte noch eine wesentliche Vergrösserung des Unternehmens, indem die Kristerporzellanindustrie in Waldenburg in Schlesien angekauft und gleichzeitig mit der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft in Hennigsdorf bei Berlin eine Interessengemeinschaft abgeschlossen wurde. 1920 kaufte dann Philipp Rosenthal die Porzellanfabrik Zollfrank in Erkersreuth

Das ist in grossen Schritten der äußere Werdegang der jetzigen Weltfirma Philipp Rosenthal, wie er sich geschichtlich erfassen lässt. Hinter solch gewaltigen Werden steht immer eine Persönlichkeit. Wie wir Lorenz Hutschenreuther als den Schöpfer der Hutschenreuther Werke als grossen Menschen kennen gelernt haben, so müssen wir auch Philipp Rosenthal als einzigartige Persönlichkeit aufzeichnen, die mit weitschauendem Blick, grossem Willensdurst und rastloser Tatkraft aus kleinsten Anfängen heraus zur Weltbedeutung sein Unternehmen führte. Ja mehr noch als das, Philipp Rosenthal hat sich durch seine Energie ein so umfassendes kommerzielles Wissenverschaft und seine Bedeutung in der Keramik Deutschlands wurde so gross, dass man ihn zum Vorsitzenden des Verbandes keramischer Werke, zum Präsidenten des Messamtes in Leipzig, zum Präsidialmitglied des Reichsverbandes deutscher Industrie und zum Vorsitzenden des Exportfördernden Ausschuss der Reichsregierung gemacht hat.

Schon in Friedenszeiten hat ihm der bayr. Staat den Kommerzienratstitel und später den Geheimratstitel verliehen. 1919 gab ihm die Technische Hochschule Berlin den Dr. ing. h. c. 1918 verlieh ihm die Stadt Selb das Ehrenbürgerrecht, 1926 ehrte ihn die Stadt Leipzig dadurch, dass sie eine Strasse nach seinem Namen nannte. Eine Denkschrift zur Förderung des Exportes bezeichnete Rosenthal, der auf eine 50jährige Wirksamkeit zurückblickt, als sein Testament für die deutsche Wirtschaft. Rosenthal hat am Anfang seines Unternehmens seinen Sitz in Selb gehabt. Seine Weltbedeutung verlangte es aber von ihm, dass er ausserhalb Selbs in der Re- ichshauptstadt sich niederließ und nur hin und wieder an den Ort zurückkehrt, wo seine Hauptfabrik arbeitet.


Chronik Hermann Bohrer, Selb 1930 – Teil III

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