Rosenthal Studio-Line – Kunst im Alltag
Im Jahr 1958 wurde in Selb das Rosenthal Design Studio gegründet – ein visionärer Schritt, der das Unternehmen endgültig in die Welt des modernen Designs führte. Nur zwei Jahre später, 1960, eröffnete in Nürnberg das erste Studio-Haus, das den Anspruch verdeutlichte: Kunst und Design sollten nicht nur in Museen oder Galerien, sondern mitten im Alltag stattfinden.
Designer und prägende Einflüsse
Zahlreiche namhafte Künstler und Designer prägten die frühe Studio-Line, darunter Raymond Loewy, Tapio Wirkkala und Walter Gropius. Ihre Entwürfe verbanden funktionale Eleganz mit künstlerischem Anspruch. Rosenthal setzte mit der Studio-Line ein deutliches Zeichen: „Mit Kunst leben“ sollte zur gelebten Realität werden.
Der Grundgedanke lautete, dass die Trennung zwischen Kunstobjekt und Gebrauchsgegenstand weder historisch noch kulturell haltbar ist. In allen großen Epochen der Kunstgeschichte hatte der Künstler stets beides geschaffen – Werke für den Alltag und Werke für die Repräsentation. Diesen Anspruch griff Rosenthal auf und machte ihn zum Fundament einer neuen Designlinie.
Industrielle Fertigung und Kunstanspruch
Der Jugendstil hatte es bereits vorgemacht: auch Serienprodukte können künstlerischen Wert besitzen. Rosenthal glaubte fest daran, dass sich industrielle Fertigung und hohe Formkunst verbinden lassen. Unternehmerisches Denken und ästhetische Verantwortung gehörten für das Unternehmen untrennbar zusammen.
Mit den Rosenthal Studio-Häusern und Studio-Line Abteilungen in Fachgeschäften weltweit wurden Plattformen geschaffen, die angewandte Kunst im Porzellan, Glas, Besteck und in der Keramik einem breiten Publikum zugänglich machten. Eine unabhängige Jury aus renommierten Kunstkritikern wählte die Stücke aus, die das Siegel „Rosenthal Studio-Line“ tragen durften. Diese Jury garantierte, dass jedes Objekt nicht nur funktional, sondern auch künstlerisch wertvoll war.
Das Konzept der Studio-Häuser
In den Studio-Häusern fand der Kunde neben den Objekten der Studio-Line auch ausgewählte Produkte der sogenannten Gruppe 21 – einer Kollektion europäischer Hersteller, die sich in besonderem Maße der guten Formgebung verschrieben hatten.
Dadurch bot Rosenthal nicht nur eigene Porzellan- und Glasobjekte, sondern stellte sie bewusst in den Kontext eines europäischen Designverständnisses. Der Anspruch war, dass die Tischkultur einer Epoche ihren Höhepunkt dann erreicht, wenn die besten Künstler die Gestaltung übernehmen.
Werbung und künstlerische Vielfalt
Ein Blick auf die Werbung aus den frühen 1970er-Jahren zeigt, wie konsequent die Idee der Studio-Line kommuniziert wurde. Die Botschaft war klar: In den Rosenthal Studio-Häusern verlieren die Kunden keine Zeit, Gutes vom Schlechten zu trennen – denn die Jury der Studio-Line garantierte höchste Qualität. Die Käufer mussten lediglich ihrem eigenen Geschmack folgen.
Björn Wiinblad und die „Zauberflöte“
Eine besondere Rolle spielte der dänische Künstler Björn Wiinblad, der 1957, also noch vor der offiziellen Gründung der Studio-Line, seine Zusammenarbeit mit Rosenthal begann. Wiinblad, geboren 1918 in Kopenhagen, brachte mit seiner farbenfrohen, verspielten Bildsprache eine völlig neue Note in die Welt des Porzellans.
Im Werk Bahnhof Selb entstand unter seiner Mitwirkung die legendäre Form „Zauberflöte“, die zu einem Symbol der künstlerischen Erneuerung wurde. Bis zur Verlagerung der Produktion ins Werk Rotbühl entstanden dort zahlreiche kleine und große Kostbarkeiten, die bis heute begehrte Sammlerobjekte sind.
Fazit
Die Rosenthal Studio-Line steht seit über 60 Jahren für die Verschmelzung von künstlerischer Vision und industrieller Fertigung. Sie brachte internationale Künstler zusammen, machte Design demokratisch zugänglich und veränderte dauerhaft das Verständnis von Tischkultur. Ob Porzellan, Glas oder Besteck – die Studio-Line ist bis heute ein Synonym für Kunst im Alltag.
Ankauf: Rosenthal Kunstabteilung & Studio-Line
Wir suchen künstlerische Rosenthal-Objekte (ab 1908 Kunstabteilung / ab 1960 Studio-Line). Bitte Angaben eintragen – wir melden uns mit einer unverbindlichen Einschätzung.
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Rosenthal Studio-Line – Weltweite Präsenz & Wirkung
Seit 1961 verbindet die Rosenthal Studio-Line internationale Kunst und industrielles Porzellan. Dieser Artikel fasst globale Präsenz, Bedeutung für die Porzellanindustrie und die nachhaltige Wirkung zusammen.
Weltweite Präsenz
Mit den Rosenthal Studio-Häusern (ab 1960, erstes Haus in Nürnberg) wurde die Studio-Line international vermarktet. Bis in die 1980er-Jahre entstanden über 30 dieser kuratierten Häuser weltweit. Sie fungierten als Schaufenster für Service-Ikonen, limitierte Kunstobjekte und Wand-/Reliefwerke der Studio-Line.
Bedeutung für die Porzellanindustrie
Die Studio-Line gilt als Zäsur: Sie verband industriell hergestellte Gebrauchsgegenstände mit internationaler Avantgarde-Kunst und hob Rosenthal damit in eine neue Kategorie zwischen Gebrauchskunst und Sammlerkunst. Diese Verbindung prägte Gestaltung, Marketing und Wahrnehmung von Porzellan dauerhaft.
Nachhaltige Wirkung
- Formen als Klassiker: Viele Studio-Line-Formen sind bis heute in Produktion oder werden als Klassiker gehandelt.
- Vorbild für andere Marken: Die Idee, Design und Kunst im Alltagsprodukt zu verschmelzen, beeinflusste u. a. Villeroy & Boch, Fürstenberg und KPM Berlin.
- Sammlermarkt: Limitierte Kunstobjekte erzielen bei Auktionen teilweise hohe Preise – besonders Werke von Salvador Dalí, Friedensreich Hundertwasser und Victor Vasarely.