Österreichische Porzellanindustrie

Geschichte, Vielfalt und Bedeutung

Die österreichische Porzellanindustrie gehört zu den ältesten und traditionsreichsten in Europa. Vom kaiserlichen Hoflieferanten bis zur regionalen Manufaktur reicht das Spektrum an Produzenten, die über Jahrhunderte hinweg feines Porzellan für Hof, Bürgertum und Exportmärkte lieferten. Trotz ihrer geringeren internationalen Präsenz im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich hinterließen die österreichischen Porzellanwerke eine eigene, unverkennbare Handschrift – stilistisch, technisch und kulturell.

Österreichische Porzellanfabriken & Manufakturen – Timeline 1718–heute

1718 – Gründung der Wiener Porzellanmanufaktur (du Paquier); Beginn der Wiener Hartporzellantradition.
1744 – Kaiserliches Privileg für Wien; Hochphase kaiserlichen Hartporzellans.
1784–1805 – Direktion Sorgenthal: klassizistische Formen, feinste Handmalereien („Wiener Rose“).
1795 – Gründung Porzellanfabrik Wilhelmsburg (NÖ); später größter Industrie-Standort.
1800–1850 – Ausbau regionaler Werke; enge Bezüge zu Böhmen (Elbogen/Loket, Karlsbad).
1864 – Schließung der staatlichen Wiener Manufaktur; Prestige-Ära endet, Regionalwerke prägen den Markt.
1870–1910 – Industrialisierung: Serienfertigung, Export in den Donauraum/Nahen Osten; mehr Gebrauchsporzellan.
1903 – Gmundner Keramik etabliert sich in moderner Form; handbemalte Regionaldekore („Grüngeflammt“).
1923 – Neubegründung der Wiener Porzellantradition als Augarten Porzellanmanufaktur; hochwertige Handmalerei & klassizistische Formen.
1918 – Nach der Monarchie: OEPIAG bündelt österreichische Hersteller für den Export; Grenzverschiebungen verändern Lieferketten.
1920er–1930er – Art-Déco-Serien, starke Auslandsmärkte; Sammelmarken-Auftritte (OEPIAG).
1938–1945 – Kriegswirtschaft, Materialknappheit; organisatorische Eingriffe, Programmreduzierungen.
1945 – Neuordnung: In Österreich privater Neustart; in CZ Verstaatlichung – Folgen für Formen/Lieferbezüge.
1947 – Gründung Lilienporzellan (Wilhelmsburg); funktionale Serien, Hotel- & Haushaltsporzellan prägen die Nachkriegszeit.
1950er–1960er – Modernisierte Serienfertigung; klare Formsprachen, Export, Gastronomie-Programme.
1970er – Design- und Technikmodernisierung; Kooperationen mit Gestaltern; Rationalisierung.
1982 – Ende der traditionellen Produktion im Altwerk Wilhelmsburg; Strukturwandel der Branche.
1990er – Museen & Sammler stärken das Erbe; Manufakturen setzen auf Handarbeit und regionale Profile.
2004 – Produktionsende Lilienporzellan als Industrieanbieter; Markenpflege/Restbestände im Handel.
2010er – Revival kleiner Werkstätten; Handarbeit, Tourismus und Limited Editions gewinnen an Gewicht.
heute – Aktive Manufakturen (u. a. Augarten, Gmundner), lebendige Sammlerszene; Fokus auf Handwerk, Kleinserien, Kooperationen mit CZ/DE.

Frühe Entwicklung (1744–1800)

Den Ursprung bildete die 1718 gegründete Wiener Porzellanmanufaktur, die ab 1744 kaiserlich privilegiert war. Als eine der bedeutendsten Manufakturen des 18. Jahrhunderts wurde hier hartes Porzellan produziert, das in Qualität und Dekor mit Meissen konkurrierte. Die Wiener Porzellanmanufaktur prägte die künstlerischen Standards der Zeit mit klassizistischen und biedermeierlichen Formen sowie detailreicher Handbemalung. Neben Wien entstanden kleinere Standorte, etwa in Deutschfeistritz, Freiberg (Mähren) und Klosterneuburg, oft als Privatbetriebe unter adliger oder kaufmännischer Leitung. Diese frühen Werke waren stark von französischen und böhmischen Vorbildern beeinflusst.

Industrialisierung und Regionalfabriken (1800–1918)

Im 19. Jahrhundert kam es zur Ausdifferenzierung der österreichischen Porzellanindustrie:
Wilhelmsburg (gegründet 1795) wurde zur bedeutendsten industriellen Produktionsstätte im 19. Jh. mit breitem Sortiment (Tafelgeschirr, Gebrauchsgeschirr, Figuren). Elbogen (Loket) und Karlsbad (Karlovy Vary) waren wegen ihrer Nähe zu Böhmen kulturell und wirtschaftlich eng mit Egerland und Selb verbunden – heute teils tschechisch, damals aber österreichisch. Weitere Werke: Schlaggenwald, Altrohlau, Znaim, Gmunden, Triesch, Franzensthal. Die Werke exportierten über den Donauraum bis in den Orient und nach Übersee – viele nutzten dabei die Sammelmarke OEPIAG (Österreichische Porzellan-Industrie AG), die nach 1918 für kurze Zeit eine gemeinsame Exportidentität schaffen sollte.

Stilistische Eigenheiten

Österreichisches Porzellan ist oft an folgenden Merkmalen zu erkennen:

  • zarte Blumenmotive in Streudekor
  • klassizistische bis biedermeierliche Formensprache
  • häufige Kombination aus Goldrändern und zurückhaltender Bemalung
  • lokaltypische Motive (z. B. Alpenblumen, Jagdszenen)

Im Vergleich zu deutschem oder französischem Porzellan wirkte das österreichische oft volkstümlicher, mit klarer regionaler Handschrift – besonders im späteren Gebrauchsporzellan.

Nach dem Zerfall der Monarchie (ab 1918)

Nach 1918 führte der Zerfall der Donaumonarchie zu einer Zersplitterung der Industrie:

  • Viele Werke gerieten unter tschechische Verwaltung, z. B. Schlaggenwald, Klösterle, Pirkenhammer.
  • Österreichische Werke wie Wilhelmsburg versuchten sich über die Marke OEPIAG neu zu positionieren, oft mit geringem Erfolg.
  • Die Wiener Porzellanmanufaktur wurde 1864 geschlossen, was Österreich früh seines prestigeträchtigsten Betriebes beraubte.
  • Dennoch überlebten kleinere Betriebe, besonders in der Steiermark, im Salzkammergut und Niederösterreich.

Neugründungen und Fortführung nach 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige österreichische Porzellantraditionen neu belebt:

Lilienporzellan (gegründet 1947 in Wilhelmsburg) wurde zum bekanntesten österreichischen Hersteller der Nachkriegszeit – bekannt für klare Linien, funktionales Design und moderne Serien. Gmundner Keramik (mit Ursprung im 17. Jh.) entwickelte sich zum Kultprodukt für ländlich-alpines Design mit handgemalten Mustern wie „Grüngeflammt“. Kleinere Keramikmanufakturen in der Steiermark, Kärnten und Tirol setzten auf Handarbeit, Regionalität und touristische Präsenz. Heute wird österreichisches Porzellan vor allem als kulturelles Erbe gepflegt – sei es in Museen, Traditionsbetrieben oder durch Sammler weltweit.

Österreichische Porzellanfabriken & Manufakturen – Gesamtüberblick

Aspekt Zeit / Ort Kernaussage Beispiele / Werke
Frühe Entwicklung (1744–1800)
Frühe Manufakturen 1744–1800 · Wien u. a. Wiener Porzellanmanufaktur (kaiserlich) setzt Qualitätsmaßstab; klassizistische & biedermeierliche Formen, feine Handbemalung. Wiener Manufaktur; kleinere Standorte (z. B. Deutschfeistritz, Klosterneuburg)
Industrialisierung & Regionalfabriken (1800–1918)
Ausbau der Produktion 19. Jh. · NÖ, Böhmen-Nähe Entstehung größerer Fabriken; breites Sortiment von Tafel- bis Gebrauchsporzellan; Export über den Donauraum. Wilhelmsburg; Elbogen (Loket); Karlsbad; Schlaggenwald; Altrohlau; Znaim; Gmunden; Triesch; Franzensthal
Stilistische Eigenheiten
Form & Dekor 18.–20. Jh. Zarte Streublumen, Goldränder, klassizistisch-biedermeierliche Formensprache; oft zurückhaltend, regional geprägt. Serviceformen mit Golddekor; volkstümliche Motive; handbemalte Randdekore
Nach dem Zerfall der Monarchie (ab 1918)
Neuorganisation ab 1918 · AT / CZ Zersplitterung der Industrie; viele Werke liegen nun außerhalb Österreichs; OEPIAG bündelt österreichische Hersteller für den Export. OEPIAG (Dachmarke); Wilhelmsburg; Übergangswerke in Westböhmen
Neugründungen & Fortführung nach 1945
Wiederaufbau ab 1945 · AT Neustart mit designorientiertem Gebrauchsporzellan und regionalen Manufakturen; Pflege des Erbes durch Museen & Sammler. Lilienporzellan (1947–2004); Gmundner Keramik (Handarbeit); kleinere Manufakturen in Steiermark, Kärnten, Tirol
Bekannte Marken & Werke (Auswahl)
Wiener Manufaktur Wien · 1718–1864 Kaiserliche Manufaktur, Maßstab des 18. Jh.; Spitzenqualität & Vorbildwirkung. Hofservice, Malereien, klassizistische Formen
Wilhelmsburg Niederösterreich · 1795–1982 Größtes Industrie-Werk des 19./20. Jh.; breites Sortiment; Basis für Lilien. Tafel- & Gebrauchsporzellan, Figuren
Lilienporzellan Wilhelmsburg · 1947–2004 Nachkriegs-Design, klare Linien; starke Serienproduktion. Hotel-/Haushaltsserien, Funktionsdesign
OEPIAG Österreich · ca. 1918–1938 Dachmarke für Export; Sammelmarke mehrerer Betriebe. „OEPIAG Austria“, Kombi-Marken
Gmundner Keramik Oberösterreich · seit 1903 Handbemalte Dekore; starke Regionalidentität. „Grüngeflammt“ u. a. Handmuster
Franzensbad / Elbogen (Loket) heute CZ · 19.–20. Jh. Grenzregion mit enger Bindung an Böhmen; später teils EPIAG-Einbindung. Übergangs- & Exportware
Heutige Bedeutung & Sammlerrelevanz
Erbe & Markt heute Kulturelles Erbe in Museen/Privatsammlungen; Nachfrage nach Wiener, Lilien & Handmalereien stabil. Sammlerbörsen, Museumsausstellungen, regionale Manufakturen

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