Porzellanfabrik F. A. Reinecke

Porzellanfabrik F. A. Reinecke – Eisenberg

Die Porzellanfabrik Friedrich August Reinecke in Eisenberg (Thüringen) war über viele Jahrzehnte ein bedeutender Produzent von Gebrauchsgeschirr und Zierporzellan. Als Nachfolger der Mühlbergschen Gründung von 1796 entwickelte sie sich ab 1865 unter der Leitung von Reinecke zu einem stabilen und international ausgerichteten Unternehmen. Besonders die klassischen Blaudekore machten Eisenberger Porzellan weit bekannt und etablierten den Standort dauerhaft in der deutschen Porzellangeschichte.

Frühgeschichte & Gründung

Die Ursprünge reichen zurück bis 1796, als Heinrich Ernst Mühlberg die erste Porzellanfabrik Eisenbergs gründete. Nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten wechselte das Werk mehrfach den Besitzer, bis Friedrich August Reinecke es 1865 übernahm und 1869 offiziell unter seinem Namen weiterführte. Mit der Einführung von Strohblumen- und Zwiebelmustern in Blau legte Reinecke früh die Grundlage für eine Spezialisierung auf Geschirrserien, die lange im Sortiment blieben.

Wachstum bis zum Ersten Weltkrieg

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Fabrik kontinuierlich. Neben Gebrauchsgeschirr entstanden auch feinere Zierporzellane, die in den Katalogen des Unternehmens beworben wurden. Um 1900 beschäftigte die Fabrik bereits mehrere Hundert Arbeiter und hatte ein weit verzweigtes Vertriebsnetz. Typisch waren Service in Indischblau, Geschirr mit Goldstaffage sowie Haushaltswaren für den täglichen Gebrauch. Besonders wichtig war der Export nach England und Übersee, was die Markenpräsenz stärkte.

Zwischenkriegszeit & 1920er/30er Jahre

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte auch Reinecke mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. Dennoch konnte sich die Fabrik behaupten, da die klassischen Blaudekore weiterhin gefragt blieben. In den 1920er Jahren modernisierte man die Produktion und erweiterte das Sortiment. Besonders erfolgreich war die Einführung neuer Marken- und Firmenzeichen, darunter die Jubiläumsmarke von 1926 mit Krone und Monogramm. Die 1930er Jahre brachten eine stärkere Ausrichtung auf funktionale und preiswertere Geschirrserien, da die wirtschaftliche Lage vieler Käufer bescheiden war. Trotz dieser Anpassungen blieb die Fabrik ihrem traditionellen Dekorspektrum treu.

Zweiter Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs blieb die Produktion eingeschränkt bestehen, doch die Verknappung von Rohstoffen und Arbeitskräften führte zu Einbußen. Ein Teil der Produktion wurde auf einfache Gebrauchskeramik umgestellt, die für militärische und zivile Versorgung benötigt wurde. Nach 1945 gelang ein Neubeginn, doch die Jahre bis dahin hatten die Fabrik stark belastet.

DDR-Zeit & Vereinigung

Nach dem Krieg geriet die Fabrik zunehmend unter staatlichen Einfluss. 1960 fusionierte Reinecke mit der Fabrik Wilhelm Jäger, woraus das Vereinigte Kunstporzellanwerk Eisenberg (Fortuna) hervorging. Zwischen 1973 und 1976 wurde es in das VEB Spezialkombinat Porzellan Eisenberg integriert. 1975 endete schließlich die Produktion am Standort der Reinecke-Fabrik.

Nachwirkung & Sammlerwert

Heute sind Stücke aus der Reinecke-Produktion begehrt. Typische Blaudekore wie das Strohblumenmuster oder Indischblau gehören zu den Klassikern thüringischer Gebrauchsporzellane. Auch Service aus den 1920er und 30er Jahren mit Golddekor und stilisierten Ornamenten sind auf Auktionen zu finden. Museen in Eisenberg und das Porzellanmuseum „Art Deco“ erinnern an die Tradition des Standorts.

Literatur & Quellen

Zusammengestellt nach Firmengeschichten auf internen Quellen, Archiven sowie Museumsunterlagen zu Eisenberg und regionalgeschichtlichen Publikationen.

Timeline – Porzellanfabrik F. A. Reinecke (Eisenberg)

Meilensteine von der Gründung bis zum Ende der Produktion

1796 – Gründung der ersten Porzellanfabrik in Eisenberg durch Heinrich Ernst Mühlberg.
1865 – Übernahme durch Friedrich August Reinecke, ab 1869 unter eigenem Namen.
1900 – Starkes Wachstum: Blaudekore (Strohblume, Zwiebelmuster) und Export nach England & Übersee.
1926 – Einführung einer neuen Jubiläumsmarke mit Krone zum 60-jährigen Firmenbestehen.
1930er Jahre – Anpassung an wirtschaftliche Krisen: Fokus auf funktionale und preiswertere Serien.
1940–1945 – Produktion während des Zweiten Weltkriegs eingeschränkt, einfache Gebrauchskeramik dominiert.
1960 – Zusammenschluss mit Wilhelm Jäger → Vereinigte Kunstporzellanwerke Eisenberg („Fortuna“).
1975 – Ende der Produktion am Standort Reinecke im Zuge der DDR-Kombinatsbildung.

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.