Jüdische Bauhaus-Keramiker:innen
Zwischen künstlerischer Avantgarde und politischer Verfolgung: Drei bedeutende jüdische Bauhaus-Künstlerinnen prägten die Bauhaus-Keramik maßgeblich – Margarete Heymann-Loebenstein, Ljuba Monastirskaja und Marguerite Friedlaender-Wildenhain. Ihre Biografien zeigen Innovation, internationale Vernetzung – und Brüche durch das NS-Regime.
Margarete Heymann-Loebenstein (1899–1990)
Heymann studierte 1920/21 am Bauhaus in Weimar (Vorkurs bei Johannes Itten) und gründete 1923 die Haël-Werkstätten für künstlerische Keramik in Marwitz. Ihr Programm stand für Reformkeramik mit geometrischen Formen und leuchtenden Dekoren. Nach dem Tod ihres Mannes führte sie die Werkstatt alleine, bis sie 1933 als jüdische Eigentümerin entrechtet wurde. 1936 emigrierte sie nach England, wo sie als „Greta Marks“ weiterarbeitete. Ihr Werk wurde nach 1945 wiederentdeckt, sie starb 1990 in London.
Ljuba Monastirskaja (1906–1941)
Die aus Riga stammende Künstlerin studierte ab 1926 am Bauhaus Dessau in der Textil- und Töpferklasse (Dornburg). Sie experimentierte mit Glasuren und Keramikformen, die den Übergang von Handwerk zu Bauhaus-Moderne zeigen. Nach ihrer Rückkehr nach Lettland wurde sie 1941 während der NS-Besatzung im Rumbula-Massaker ermordet. Ihre Werke sind nur fragmentarisch überliefert, stehen jedoch für die Vielfalt jüdischer Bauhaus-Keramik.
Marguerite Friedlaender-Wildenhain (1896–1985)
Friedlaender war Schülerin von Gerhard Marcks in Dornburg und wurde 1925 Leiterin der Keramikklasse an der Burg Giebichenstein in Halle. 1933 wurde sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft entlassen. Sie emigrierte zunächst in die Niederlande und 1940 in die USA. Dort gründete sie die Pond Farm Workshops in Kalifornien – eine der einflussreichsten Keramikschulen Nordamerikas. Ihr Werk prägte die Studiokeramik im 20. Jahrhundert.
Bedeutung
Die drei Biografien zeigen: Jüdische Bauhaus-Künstlerinnen waren integraler Teil der Keramikmoderne. Sie entwickelten funktionale Formen, innovative Glasuren und internationale Netzwerke. Die NS-Zeit führte zu Vertreibung, Verfolgung und Ermordung. Zugleich schufen Emigrantinnen wie Heymann und Friedlaender wichtige Brücken zur internationalen Studiokeramik.
Timeline – Jüdische Bauhaus-Keramiker:innen
- 1896 – Geburt Marguerite Friedlaender in Lyon
- 1899 – Geburt Margarete Heymann in Köln
- 1906 – Geburt Ljuba Monastirskaja in Riga
- 1920–21 – Heymann studiert am Bauhaus Weimar
- 1923 – Gründung der Haël-Werkstätten Marwitz
- 1926 – Monastirskaja beginnt Bauhaus-Studium
- 1933 – NS-Verfolgung: Heymanns Werkstatt geschlossen, Friedlaender verliert ihr Amt
- 1936 – Emigration Heymanns nach England
- 1940 – Friedlaender emigriert in die USA
- 1941 – Monastirskaja wird im Holocaust ermordet
- 1985 – Tod Marguerite Friedlaender in Kalifornien
- 1990 – Tod Margarete Heymann in London
- Heute – Wiederentdeckung jüdischer Bauhaus-Keramiker:innen in Forschung & Museen
Weiterführend: Bauhaus-Keramik & Margarete Heymann
Mehr zur Bauhaus-Keramik, allgemeiner Keramikgeschichte und zur Biografie von Margarete Heymann-Loebenstein.