Juist Keramik
Schmidt-Tummeley · gegründet 1948 auf der Insel Juist · Studiokeramik der 1950er–70er Jahre
Einleitung
Juist Keramik war eine kleine Studiokeramik-Werkstatt, gegründet 1948 auf der Nordseeinsel Juist von Annemarie Schmidt und Werner Tummeley. Ihre Arbeiten gehören zur Studiokeramik der Nachkriegszeit: handgefertigte Vasen, Schalen und Gefäße mit ausdrucksstarken Glasuren. Heute sind diese Stücke begehrte Sammlerobjekte der Mid-Century-Ära.
Gründung & Werkstattgeschichte
Annemarie Schmidt (*1919 in Köln) und Werner Tummeley (*1920 in Treis/Mosel) hatten ihre Ausbildung in Höhr-Grenzhausen erhalten – einer der bedeutendsten Keramikregionen Deutschlands. 1947 kamen sie auf die Insel Juist, zunächst als Teil einer Werkstattgemeinschaft, und gründeten 1948 ihre eigene Töpferei Juist Keramik. Ein Jahr später heirateten sie.
Die Werkstatt bot nicht nur Erwerbsmöglichkeiten auf der Insel, sondern entwickelte sich schnell zu einem kleinen, anerkannten Zentrum der Studiokeramik. Annemarie kümmerte sich um Formen, Gestaltung und Vertrieb, Werner spezialisierte sich auf Glasuren und technische Verfahren.
Produktion & Organisation
Die Produktion blieb stets handwerklich. Gefertigt wurden Kleinserien und Einzelstücke: Vasen, Teller, Schalen und Krüge. Typisch sind organische Formen und dekorative, variantenreiche Glasuren. In der Hochsaison arbeiteten neben einem Gesellen und zwei Lehrlingen oft zusätzliche Praktikanten in der Werkstatt.
Im Winter stellten Schmidt-Tummeley regelmäßig auf der Frankfurter Messe aus und präsentierten ihre Arbeiten auch international.
Stil & Glasuren
- Formen: bauchige Vasen, Zylindervasen, Schalen und Krüge
- Glasuren: ab den 1960er Jahren Kristallglasuren, daneben Lauf- und Effektglasuren
- Farbpalette: Blau-Weiß, Braun, Grün, vereinzelt Rot- und Orangetöne
- Oberflächen: teils matt, teils hochglänzend mit reliefartiger Struktur
Marken & Bodenstempel
Die Produkte tragen häufig die Marke „Juist“ oder „Juist Keramik“, teils ergänzt durch den Namen Schmidt-Tummeley. Die Marken sind gestempelt oder eingedrückt. Sie helfen bei der Datierung und Authentifizierung.

Auszeichnungen & Nachfolge
1953 legte Annemarie Schmidt-Tummeley die Meisterprüfung ab. Ende der 1960er Jahre wurde Juist Keramik mit dem Niedersachsenpreis für Handwerk ausgezeichnet.
Nach dem Tod von Werner Tummeley 1996 führte Annemarie die Werkstatt weiter und übergab sie später an ihre Töchter: Nele übernahm die „Inseltöpferei“ auf Juist, Andrea eröffnete eine eigene Werkstatt in Bielefeld.
Bedeutung & Sammlerwert
Heute gelten die Stücke von Juist Keramik als wichtige Beispiele deutscher Studiokeramik der Nachkriegszeit. Besonders Vasen mit Kristall- oder Laufglasuren sind begehrt. Preise variieren stark: kleine Stücke ab 20–50 €, größere oder außergewöhnliche Objekte deutlich höher.
Juist Keramik zeigt exemplarisch, wie die Westerwälder Keramiktradition nach 1945 mit neuer Formensprache und experimentellen Glasuren in die Moderne geführt wurde – an einem außergewöhnlichen Ort: der Nordseeinsel Juist.