Jan Bontjes van Beek – Keramik & Porzellan
Zwischen Handwerk, Kunst und Industrie: Das Werk des Berliner Keramikers prägt die deutsche Moderne – vom Steinzeug der 1920er bis zu Porzellan-Entwürfen für die KPM. Würdigungen u. a. im Keramikmuseum Westerwald.
Einführung
Jan Bontjes van Beek (1899–1969) zählt zu den wichtigsten Keramikern des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Autodidaktische Anfänge, ein früher Werkstattbetrieb in Fischerhude und Berlin, die Nähe zu Reformströmungen und später eine Professur formten einen Weg, der von expressiven Steinzeuggefäßen bis zu sachlich-reduzierten Porzellanformen reicht. Sein Werk steht exemplarisch für die Versöhnung von künstlerischem Ausdruck und Gebrauchsqualität.
Biografie – Stationen
Nach dem Ersten Weltkrieg beginnt Bontjes van Beek in den 1920er Jahren mit keramischen Arbeiten und baut Werkstätten in Fischerhude und später in Berlin auf. Zwischen den 1930er–40er Jahren arbeitet er mit keramischen Betrieben zusammen (u. a. Velten–Vordamm), schafft zugleich freie Arbeiten. Die Kriegsjahre markieren biografische Brüche (Verfolgung der Familie); nach 1945 folgt der Neuanfang als Hochschullehrer – zunächst in Berlin, später als Gast an der Burg Giebichenstein in Halle. In den 1950er–60er Jahren entstehen international wahrgenommene Gefäße und Porzellane.
Werk & Handschrift
Charakteristisch ist die Verbindung von formaler Klarheit und materialbezogener Oberfläche. Frühwerke zeigen kraftvolle Steinzeugschalen und -vasen mit ausdrucksstarken Glasuren; später dominiert die reduzierte Gefäßgestalt – präzise Wandungen, fein austarierte Profile, Zurücknahme dekorativer Effekte. Immer geht es um das Verhältnis von Form, Haut (Glasur) und Gebrauch: die Hand, die das Gefäß trägt; der Rand, der den Mund berührt; die Silhouette, die Ruhe vermittelt.
Porzellan & KPM Berlin
Parallel zum Steinzeug entwickelt Bontjes van Beek ab den 1950er/60er Jahren Porzellanformen, u. a. für die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM). Die Entwürfe folgen der Devise „weniger Ornament, mehr Form“: ruhige Zylinder- und Konusgeometrien, fein gezogene Ränder, präzise Füße. Glasuren und Dekore bleiben zurückhaltend und dienen der Form – nicht umgekehrt. Diese Arbeiten zeigen, wie sich künstlerischer Anspruch in die Sprache industriell gefertigter Serien übersetzen lässt.
Lehre & Wirkung
Als Professor prägte Bontjes van Beek die Hochschule für bildende Künste Berlin und wirkte impulsgebend für Generationen von Gestalterinnen und Gestaltern. Seine Lehre betonte Materialverständnis, Formdisziplin und Alltagsbezug – Elemente, die in der Nachkriegsmoderne die „Gute Form“ definierten. Die Verknüpfung von Atelierpraxis und industrieller Produktion (etwa bei KPM) wurde so zum Modell einer zeitgemäßen Gestalterrolle.
Keramikmuseum Westerwald – Ausstellungen & Sammlung
Das Keramikmuseum Westerwald (Höhr-Grenzhausen) würdigte Bontjes van Beek mehrfach – in thematischen Präsentationen zur Steinzeugmoderne und in Retrospektiven um sein Jubiläum. Die Sammlung zeigt Gefäße aus verschiedenen Schaffensphasen: von kraftvoll glasierten Steinzeugvasen bis zu fein proportionierten Porzellanschalen. Im Westerwald-Kontext wird sichtbar, wie Bontjes van Beek traditionelle Steinzeugkompetenz mit moderner Formauffassung verband und damit Brücken zwischen Handwerk, Kunst und Industrie schlug. Die Ausstellung wurde am 25. Juli eröffnet und endet am 06.04.2026.
Bedeutung & Rezeption
Bontjes van Beek steht für eine Keramikauffassung, die das Gefäß als kulturelle Form ernst nimmt: präzise, maßvoll, im Gebrauch begründet. Seine Arbeiten finden sich in Museen und Sammlungen weltweit und dienen nachfolgenden Generationen als Referenz einer modernen, menschenfreundlichen Gefäßkultur. In der Porzellanspur der KPM und in der Steinzeugtradition des Westerwaldes bleibt sein Werk ein Eckstein der deutschen Keramikgeschichte.
Jan Bontjes van Beek im Keramikmuseum Westerwald
Sonderausstellung vom 25. Juli 2025 bis 6. April 2026 · Kuratiert von Sebastian Jacobi

Einführung
Ab dem 25. Juli 2025 widmet das Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen eine große Sonderausstellung dem Werk von Jan Bontjes van Beek (1899–1969). Die Schau präsentiert ausgewählte Keramiken aus privaten und öffentlichen Sammlungen, darunter Beiträge von Saskia Bontjes van Beek, Bernhard Braumann, Sebastian Jacobi, Ludwig Rinn, Dr. Vehring und der Familie Werner. Kuratiert wird die Ausstellung von Sebastian Jacobi.
Körper – Maß – Farbe
Unter dem Motto „Körper – Maß – Farbe“ beleuchtet die Ausstellung, wie van Beek Körperlichkeit in der Gefäßform, Balance in der Proportion und Dynamik in der Glasur vereinte. Schon Zeitgenossen beschrieben ihn als „auffallend schönen Matrosen, der gut tanzte“ – ein Hinweis auf seine besondere Sensibilität für Bewegung, die sich auch in seinen Keramiken widerspiegelt.
Die Eröffnung am 25. Juli um 19 Uhr wird von einer Tanzperformance von Diana Treder begleitet – ein performatives Echo auf die tänzerische Lebendigkeit seiner Gefäße.
Einfluss & Beteiligte Künstler
Neben den Hauptwerken Jan Bontjes van Beeks werden Keramiken von Christine Atmer de Reig, Antje Brüggemann, Volker Ellwanger, Martin Schlotz und Barbara Stehr präsentiert. So verdeutlicht die Ausstellung den nachhaltigen Einfluss van Beeks auf die deutsche Gefäßkeramik des 20. Jahrhunderts.
Biografischer Hintergrund
Van Beeks Lebensweg war eng mit der deutschen Geschichte verbunden: erste Werkstätten in Fischerhude und Berlin, die Nähe zur Künstlerkolonie Worpswede, die Verfolgung seiner Familie im Nationalsozialismus, die Hinrichtung seiner Tochter Cato 1943 und schließlich seine Lehrtätigkeit in Ost- und West-Berlin sowie an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. All dies spiegelt sich in der Ernsthaftigkeit und Klarheit seiner Keramik wider.
Katalog & Begleitprogramm
Zur Ausstellung erscheint im Herbst 2025 der Begleitband „Körper – Maß – Farbe“ bei Arnoldsche Art Publishers. Das Begleitprogramm umfasst kostenlose Führungen, eine literarische Lesung im Rahmen der Westerwälder Literaturtage sowie eine getanzte Führung mit Diana Treder im Februar 2026.
Die Ausstellung läuft bis zum 6. April 2026.