Keramik in Krisenzeiten

<a href="https://porzellan-selb.de/keramik/">Keramik</a> in Krisenzeiten – Weltwirtschaftskrise, NS-Zeit, Nachkriegsjahre

Keramik in Krisenzeiten – Anpassungen und Umbrüche

Von der Weltwirtschaftskrise über die NS-Zeit bis in die Nachkriegsjahre: Wie Werkstätten und Künstler:innen mit Krisen umgingen und ihre Strategien anpassten.

Weltwirtschaftskrise (ab 1929)

Die Weltwirtschaftskrise führte zu einem drastischen Rückgang im Absatz hochwertiger Zier- und Luxuskeramik. Viele Werkstätten stellten ihre Produktion auf preisgünstige Gebrauchskeramik um oder suchten über Exportmärkte neue Kunden. Zahlreiche Betriebe, darunter die Haël-Werkstätten Marwitz, konnten der Krise nicht standhalten und mussten schließen.

NS-Zeit (1933–1945)

Mit der Machtübernahme 1933 kam es zur Gleichschaltung der Kunst. Jüdische Unternehmer:innen und Künstler:innen wurden verfolgt, enteignet oder zur Emigration gezwungen. Keramik wurde zunehmend ideologisch vereinnahmt: durch „Heimatstil“, Großaufträge für Bauten oder Ausstellungen. Manche Werkstätten überlebten durch Anpassung, andere verschwanden endgültig.

Nachkriegsjahre (ab 1945)

Nach 1945 bestimmten Mangelwirtschaft und Alltagsbedarf das keramische Schaffen. Viele Werkstätten produzierten einfaches Geschirr. Gleichzeitig eröffnete die Situation Raum für künstlerische Experimente: Keramiker:innen wie Richard Bampi oder Hedwig Bollhagen entwickelten neue Glasuren und Formen. Internationale Ausstellungen in den 1950er-Jahren ebneten den Weg zurück in den Weltmarkt.

Timeline – Keramik in Krisenzeiten

  • 1929 – Weltwirtschaftskrise: Absatzkrise für Luxus- und Kunstkeramik
  • 1933 – NS-Machtübernahme: Verfolgung jüdischer Künstler:innen, ideologische Gleichschaltung
  • 1939–1945 – Zweiter Weltkrieg: Umstellung auf Rüstungs- oder Notproduktion
  • 1945 – Neubeginn unter Mangelwirtschaft
  • 1950er – Internationale Anerkennung, deutsche Keramik auf Ausstellungen

Weiterführend: Jüdische Bauhaus-Keramiker:innen

Verfolgung, Emigration und Nachwirkung – Biografien jüdischer Bauhaus-Keramiker:innen im 20. Jahrhundert.

Betriebsschließungen und Fusionen – Keramik in der Krise

Wirtschaftliche und politische Krisen zwangen viele Werkstätten und Manufakturen zur Aufgabe oder zum Zusammenschluss. Manche überlebten durch Anpassung, andere verschwanden dauerhaft.

Weltwirtschaftskrise (ab 1929)

Die Weltwirtschaftskrise traf die Keramikbranche besonders hart: Der Absatz hochwertiger Zierkeramik brach ein. Betriebe wie die Haël-Werkstätten Marwitz mussten schließen. Auch kleinere Ateliers verloren ihre Märkte. Andere, wie Kaestner-Saxonia (Zwickau), hielten sich durch die Anpassung an preiswertere Gebrauchskeramik oder durch Kooperationen mit Handelspartnern.

NS-Zeit (1933–1945)

Nach 1933 wurden zahlreiche Betriebe jüdischer Eigentümer enteignet oder liquidiert. Beispiele sind Werkstätten von Margarete Heymann-Loebenstein oder Marguerite Friedlaender, die gezwungen waren zu emigrieren. Manche Betriebe gingen in der NS-Zeit in größere Strukturen über – teils als Fusion, teils durch zwangsweise Übernahmen. Andere überlebten durch ideologische Anpassung und die Ausrichtung auf staatliche Aufträge.

Beispiele aus der NS-Zeit

Die nationalsozialistische Verfolgungspolitik führte zu zahlreichen Betriebsschließungen und Enteignungen. Besonders betroffen waren Werkstätten jüdischer Eigentümer:innen:

  • Haël-Werkstätten Marwitz (1923–1933): unter Margarete Heymann-Loebenstein bedeutendste Reformkeramik-Initiative. Nach 1933 enteignet und zwangsweise liquidiert. 1934 Übernahme durch Velten-Vordamm; kurz darauf Gründung der HB-Werkstätten durch Hedwig Bollhagen.
  • Werkstatt Marguerite Friedlaender (Burg Giebichenstein, Halle): 1933 Entlassung und Schließung der Keramikklasse wegen jüdischer Herkunft von Marguerite Friedlaender-Wildenhain. Emigration erst nach Holland, dann in die USA.
  • Eva Stricker-Zeisel: als Keramikerin in Deutschland und Wien tätig. Nach Verfolgung 1938 Emigration nach England und USA. Ihre Arbeit in Deutschland wurde abrupt beendet.
  • Kleinere Ateliers in Berlin und Thüringen: zahlreiche Werkstätten jüdischer Familien mussten zwischen 1933–1938 schließen oder wurden „arisiert“ (Zwangsverkauf unter Wert).

Diese Schließungen bedeuteten nicht nur individuelle Schicksale, sondern auch den Verlust ganzer Werkstatttraditionen, deren Wirkung nach 1945 spürbar fehlte.

Anpassungsstrategien

Neben Schließungen und Enteignungen gab es auch Überlebensstrategien: – Konzentration auf einfache Gebrauchsgeschirre, die im Alltag benötigt wurden. – Kooperationen mit regionalen Händlern und Exportmärkten. – Stilistische Anpassung an den geforderten „Heimatstil“. – Nutzung neuer technischer Verfahren zur kostengünstigeren Fertigung. Diese Maßnahmen sicherten manchen Werkstätten das Überleben, wenn auch mit erheblichen Einschränkungen.

Timeline – Schließungen & Fusionen

  • 1929 – Beginn der Weltwirtschaftskrise: erste Werkstätten geben auf
  • 1930er – Schließung der Haël-Werkstätten Marwitz; andere passen Produktion an
  • 1933 – Enteignung jüdischer Werkstätten und Zwangsliquidationen
  • 1934–1940 – Fusionen und Übernahmen; Anpassung an staatliche Vorgaben
  • 1945 – Ende des Krieges: Neubeginn, Neugründungen und Wiederaufbau

Weiterführend: Jüdische Keramiker:innen

Biografien verfolgter Keramikerinnen im 20. Jahrhundert – zwischen Verdrängung, Emigration und Neubeginn.

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.