Keramische Werkstätten Herrsching (1909–1929)
Ein Kapitel der bayerischen Keramikgeschichte zwischen Jugendstil, Reformkeramik und früher Moderne.
Die Keramischen Werkstätten Herrsching, am Ammersee in Bayern gegründet, bestanden von 1909 bis 1929 und zählen heute zu den spannenden, wenn auch weniger bekannten Episoden der deutschen Keramikgeschichte. Sie entstanden in einer Zeit, in der Jugendstil und beginnende Moderne das Kunsthandwerk prägten.
Gründung und frühe Jahre
Gründer war Otto Koebke, der die Werkstätten zunächst als regionales Kunsthandwerksunternehmen etablierte. Mit dem Ziel, hochwertige und zugleich moderne Keramiken herzustellen, bot er jungen Künstlerinnen und Künstlern ein Experimentierfeld. Bereits in den ersten Jahren bestanden Kontakte zu Münchner Kunstschulen (u. a. Debschitz-Schule).
Leitung durch Julius von Guldbrandsen
Eine entscheidende Wende erfolgte 1923, als Julius von Guldbrandsen – zuvor künstlerischer Leiter bei Philipp Rosenthal & Co. in Selb und ausgebildet in Kopenhagen – die Leitung übernahm. Er wandelte die Werkstätten in eine Aktiengesellschaft um und brachte Erfahrungen aus der industriellen Porzellanproduktion ein. Dadurch schärfte sich das künstlerische Profil und die Präsenz auf Ausstellungen.
Gestalter und Stilistik
Mehrere namhafte Gestalter prägten das Programm: Clara von Ruckteschell-Truëb entwarf dekorative Figuren und Gefäße mit markantem Ausdruck; Adelbert Niemeyer, aus dem Umfeld der Münchner Secession, gestaltete kunstvolle Krüge und Vasen; Emilie Butters-Krieger entwickelte geometrische Vasenmotive mit klaren Linien. Typisch waren Henkelvasen mit floralen Ornamenten oder streng abstrahierten Mustern – stilistisch zwischen Jugendstil und Art Déco.
Häufig zitiert werden besonders feine, transluzente Keramiken, deren dünnwandige Ausführung und zarte Farbglasuren (Grün-, Blau-, Beigetöne) die klare Formensprache unterstrichen. Die Werkstatt verband handwerkliche Präzision mit zeitgemäßer Dekorkultur – Objekte, die sowohl auf Ausstellungen Beachtung fanden als auch Sammlende ansprachen.
Wirtschaftliche Lage und Ende
Wirtschaftlich blieb die Lage jedoch herausfordernd. Mit dem wachsenden internationalen Wettbewerb und der beginnenden Krise am Ende der 1920er-Jahre verschlechterten sich die Bedingungen deutlich. 1929 endete die Produktion der Keramischen Werkstätten Herrsching. Viele der beteiligten Künstler setzten ihre Arbeit später in anderen Manufakturen oder in freier Tätigkeit fort.
Nachwirkung
Heute erinnern u. a. Sammlungen wie die Villa Stuck in München an die Arbeiten aus Herrsching. Zu sehen sind Vasen, Krüge und Figuren, die die kurze, aber prägnante Entwicklung zwischen Jugendstil, Reformkeramik und früher Moderne widerspiegeln – ein wichtiges Kapitel der bayerischen Keramikgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts.
Timeline – Keramische Werkstätten Herrsching
- 1909: Gründung der Keramischen Werkstätten München-Herrsching am Ammersee (Bayern) durch Otto Koebke.
- 1910–1913: Aufbau des Programms; Kontakte in die Münchner Kunstszene. Erste Formen zwischen Jugendstil und Reformkeramik.
- 1914–1918: Erster Weltkrieg: Material-/Absatzschwierigkeiten; reduzierte Produktion.
- 1919–1922: Neustart: dekorative Gefäße, florale und geometrische Dekore; Übergang zum frühen Art Déco.
- 1923: Julius von Guldbrandsen übernimmt die Leitung; Umwandlung in eine AG.
- 1924–1928: Mitarbeit namhafter Gestalter:innen (Clara von Ruckteschell-Truëb, Adelbert Niemeyer, Emilie Butters-Krieger). Charakteristisch: klare Körper, feine Glasuren, dünnwandige Keramiken.
- 1929: Einstellung des Betriebs im Zuge der wirtschaftlichen Krise.
- Nach 1929: Werke in Sammlungen (z. B. Villa Stuck München). Rezeption als Beispiel bayerischer Keramik zwischen Jugendstil, Reform und Moderne.
Hinweis: Zeitangaben zusammenfassend; einzelne Modell-/Dekorlinien wurden über mehrere Jahre hinweg weitergeführt.
Ankauf – Julius von Guldbrandsen & Keramische Werkstätten Herrsching (1909–1929)
Wir suchen hochwertige Keramiken aus den Keramischen Werkstätten München-Herrsching (1909–1929) sowie Entwürfe von Julius von Guldbrandsen – gern einzelne Stücke, Konvolute oder Nachlässe.
Gesucht (bevorzugt):
- Henkelvasen, Krüge, Schalen, Wandplatten (Jugendstil → frühes Art Déco)
- Objekte mit geometrischen oder floralen Dekoren, zarte Glasuren (Grün/Blau/Beige)
- Arbeiten mit Provenienz „Keramische Werkstätten München-Herrsching“ (1909–1929)
- Entwürfe/Zuschreibungen Julius von Guldbrandsen (Leitung ab 1923, AG-Phase)
- Frühe „dünnwandige“ Stücke (transluzent/feine Masse), qualitätvolle Einzelformen
Nachweise & Angaben (bitte möglichst beilegen):
- Fotos der Bodenmarke / Prägung / eventueller Künstler-Signaturen
- Zustand (Kanten, Haarrisse, Chips, Glasurfehler, Restaurierungen)
- Provenienz (Rechnungen, Auktionsbelege, Sammlungsangaben)
- Detailfotos von Dekor, Glasur, Relief und Innenfläche
Tipp: Tageslichtfotos (Vorder-, Seiten-, Rück- und Unterseite) erleichtern eine schnelle Einschätzung. Bitte auch kleine Mängel dokumentieren – das spart Rückfragen.
Hintergrund: Keramische Werkstätten Herrsching
Marken – Keramische Werkstätten Herrsching (1910–1920)
Die Keramischen Werkstätten Herrsching am Ammersee wurden um 1910 gegründet und prägten mit ihren expressiven Glasuren und Formen die deutsche Reformkeramik. Die Marken zwischen 1910 und 1920 zeigen stilisierte Werkstattstempel, Initialen und Symbole, die für Sammler eine sichere Datierung ermöglichen.

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