Porzellanfabrik Grossbreitenbacher

Die älteste Grossbreitenbacher Porzellanfabrik

Die Geschichte der thüringerischen Porzellanindustrie ist untrennbar mit den Namen Gotthelf Greiner und Georg Heinrich Macheleid verbunden. Beide schufen im 18. Jahrhundert Grundlagen, die zur Entstehung zahlreicher Manufakturen führten. Auch Grossbreitenbach, an achter Stelle der historischen Gründungen, verdankt seine Entwicklung diesen Impulsen – wenngleich die Fabrik zunächst von Kammerjunker Major Anton Friedrich Wilhelm Ernst von Hopfgarten gegründet wurde.

Gründung & Übernahme durch die Familie Greiner

Hopfgartens erste Fabrik blieb in den Anfängen stecken. Am 6. März 1782 erwarb der Hofkommissär Gotthelf Greiner den Betrieb für 4.000 Reichstaler. Sein Sohn Friedemann wies auf die günstigen Holzressourcen in Grossbreitenbach hin, die für den Brennprozess entscheidend waren. Unter Greiners Leitung wurde der Betrieb neu eingerichtet, eine Konzession mit weitreichenden Vergünstigungen erwirkt, und die Fabrik blühte auf.

1787 arbeiteten bereits über 20 Personen dort, darunter 6 Blaumaler und ein Bossierer. Limbach und Grossbreitenbach produzierten zeitweise nahezu identische Ware, was die Unterscheidung erschwert. Zunächst wurden die Produkte mit einem doppelten „L“ gemarkt, ab 1788 mit dem bekannten Kleeblatt.

Produktion & Sortiment

Anfangs fertigte die Fabrik ausschließlich weiße und blaue Ware, die bis nach Hamburg, Lübeck und in die Schweiz verkauft wurde. 1795 verbrauchte die Fabrik jährlich über 1.000 Klafter Holz. Ein Inventar von 1828 listet einen Warenvorrat von über 11.855 fl. auf. Das Sortiment umfasste:

  • Kaffee-, Milch- und Teegeschirre
  • Figuren und Vasen
  • Heiligenartikel
  • Tabaksdosen und Pfeifenköpfe
  • Bunte Vasen, Potpourris, Weinbecher, Krüge und Apothekerbüchsen

Um 1800 hielt auch die farbige Bemalung Einzug: Blumen, Purpurlandschaften und bunte Dekore prägten die Produkte.

Blütezeit im 19. Jahrhundert

In den 1850er Jahren beschäftigte die Fabrik rund 200 Menschen. Die Lohnsumme von 1854 belief sich auf stattliche 22.000 Taler. Die Exportmärkte reichten bis in die Schweiz, nach Holland, England, Dänemark und die USA. 1854 erreichte das Auslandsgeschäft allein eine Höhe von 23.000 Talern. Doch die nachfolgenden Generationen der Familie Greiner konnten die Erfolge nicht halten; unter den Enkeln brach der Besitz schließlich zusammen.

Konkurs & Neubeginn

Etwa 15 Jahre nach der Hochphase geriet die Fabrik in Konkurs. Hermann Bühl erwarb das Werk und führte es zusammen mit seinen Söhnen erfolgreich weiter. Neben traditionellen Produkten wie Pfeifenköpfen und Salbenkruken etablierte sich eine moderne Warenproduktion. Auch eine Kunstabteilung wurde ausgebaut.

Die traditionsreiche Blauware blieb ein Kernprodukt. Bis heute wird Kobalt in Holzöfen gebrannt, was dem Dekor seinen besonders schönen Glanz verleiht – ein Erbe der Greiner-Tradition, das den Ruhm der Grossbreitenbacher Porzellanproduktion bis in die Gegenwart trägt.

Bedeutung

Die älteste Grossbreitenbacher Porzellanfabrik dokumentiert beispielhaft den Aufstieg der thüringerischen Porzellanindustrie: von den Pioniertaten Greiners bis hin zur industriellen Produktion des 19. Jahrhunderts. Sie vereint handwerkliche Meisterschaft, wirtschaftlichen Unternehmergeist und die traditionsreiche Dekorform der Blauware, die bis heute mit der Region verbunden ist.

Literatur & Quellen

Originaltext: „Die älteste Grossbreitenbacher Porzellanfabrik“. Dr. Stieda, Studien zu den Anfängen der Porzellanfabrikation im Thüringer Wald. Archiv zur Familie Greiner und zur Porzellanfabrikation in Grossbreitenbach. Inventarverzeichnisse und Handelsregistereinträge (18.–19. Jh.).

Timeline – Porzellanfabrik Großbreitenbacher (Großbreitenbach, Thüringen)

1777 – Gründung
Major von Hopfgarten gründet die Großbreitenbacher Porzellanmanufaktur. Kurz danach erste Produktionsanläufe im Thüringer Wald. (Quelle: Porzellan-Selb; Greiner-Artikel)
1782 – Übergang an Gotthelf Greiner
Am 6. März 1782 übernimmt Hofkommissär Johann Gotthelf Greiner die Fabrik von Hopfgarten; enger Verbund mit Limbach/Veilsdorf. (Quelle: Porzellan-Selb Großbreitenbacher-Seite)
1783/84 – Neuorganisation & Leitung J. F. Greiner
Nach der Reorganisation übergibt Greiner die Führung an seinen Sohn Johann Friedemann Greiner; das Werk gewinnt an Ansehen und Absatz. (Quelle: Porzellan-Selb Großbreitenbacher-Seite; J. F. Greiner-Biografie)
1787 – Wachstum des Personals
Mehr als 20 Beschäftigte, darunter 6 Blaumaler und 1 Bossierer – Spezialisierung der Arbeitsschritte. (Quelle: Porzellan-Selb Großbreitenbacher-Seite)
1790er–1800er – Export & Technik
Unter J. F. Greiner Export u. a. nach Holland und in das Osmanische Reich; erfolgreiche Wedgwood-Nachahmungen. (Quelle: J. F. Greiner-Biografie)
1802 – Farbliche Innovation
Erfindung einer schwarzen unterglasurbeständigen Farbe, die neue Dekore ermöglicht. (Quelle: J. F. Greiner-Biografie)
1806–1814 – Kontinentalsperre
Während der Kontinentalsperre floriert das Geschäft, da englische Importe ausbleiben. (Quelle: J. F. Greiner-Biografie)
1874–1973 – Porzellanmalerei Franz Fritz / FFN
1874–1905 Franz Fritz, 1906–1971 Franz Fritz Nachfolger (Porzellanmalerei: Städtebilder/Wappen). 1971 Eingliederung in VEB Porzellanwerk Ilmenau, 1973 Stilllegung. (Quelle: Porzellanfieber)
um 1900 – Porzellanhochburg
Großbreitenbach entwickelt sich zur Porzellanhochburg mit >1.000 Beschäftigten im Ort (inkl. Malereien & Zulieferer). (Quelle: Thüringer Porzellanroute – Kreativ-Museum)
1927–1972 – Porzellanfabrik M. Freitag KG
Aktenbestand belegt Betriebstätigkeit bis in die frühe DDR-Zeit; ein weiterer wichtiger Standort im Ort. (Quelle: Archivportal Thüringen)
Marken & Zeichen
Frühe Großbreitenbacher Fabrik nutzte ein dreiblättriges Kleeblatt (in Anlehnung an Meissen-Kreuzschwerter-Tradition in Thüringen). (Quelle: British Museum – Factory note)

Zeittafel – Porzellanfabrik Großbreitenbacher

Jahr Ereignis
1777 Gründung durch Major von Hopfgarten
1782 Übernahme durch Johann Gotthelf Greiner
1783/84 Leitung durch Johann Friedemann Greiner
1787 Über 20 Beschäftigte, Spezialisierung der Arbeitsschritte
1790er–1800er Export nach Holland & Osmanisches Reich, Wedgwood-Nachahmungen
1802 Erfindung einer schwarzen unterglasurbeständigen Farbe
1806–1814 Kontinentalsperre, starke Absatzsteigerung
1874–1973 Porzellanmalerei Franz Fritz / FFN, 1973 Stilllegung
um 1900 Großbreitenbach mit >1.000 Beschäftigten Porzellanhochburg
1927–1972 Porzellanfabrik M. Freitag KG aktiv

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.