Timeline – Porzellanfabrik Unger, Schneider & Cie. (1861–1974)
Von der Gründung bis zur Stilllegung im VEB Gräfenthal
Jahr | Ereignis |
---|---|
1861 | Gründung in Gräfenthal durch Schneider, Unger & Hutschenreuther |
1875–1878 | Auszeichnungen Santiago & Paris |
1879 | Einführung „G“-Marke |
1882 | Unger gründet eigene Fabrik in Roschütz |
1885–1886 | Tod Schneider, Übergang an Erben |
1888 | Auszeichnung Brüssel |
1889–1899 | Wedel wird Mitinhaber |
1912–1930 | Wedel führt allein, Schrumpfung Belegschaft |
1947 | Nur noch 70 Mitarbeiter |
1951–1972 | VEB Porzellanfiguren Gräfenthal |
1972–1974 | Eingliederung VEB Vereinigte Porzellanfigurenwerke, Stilllegung |
Markenentwicklung
- 1875: Erste geprägte „G“-Marke mit Doppelpfeil, ohne Krone.
- 1879: Amtliche Registrierung, erstmals mit Zusatz „Dep.“ (deponiert).
- 1885–1886: Übergang zu „Carl Schneiders Erben“, Einführung Krone und Datierung.
- 1900er Jahre: Erweiterung um Varianten mit Zierlinien, teilweise mit Jahreszahl.
- 1951–1972: VEB Gräfenthal verwendete alte Formen & Marken weiter, viele Neuauflagen tragen die ursprünglichen Stempel.
Porzellanfabrik Unger, Schneider & Cie. (1859–1885)
Im Jahr 1861 entstand auf dem Gelände eines alten Hammerwerkes in Gräfenthal die Porzellanfabrik Unger, Schneider & Cie.. Gründer waren der Modelleur Carl Unger aus Schmiedefeld, der in der Wallendorfer Porzellanfabrik ausgebildete Kaufmann Carl Schneider sowie der Unternehmer Hermann Hutschenreuther aus Wallendorf.
In den ersten Jahren wurden Porzellanmasse und Glasur noch fertig zugekauft und erst später im Werk selbst produziert. Das Sortiment bestand zunächst aus Gebrauchsgeschirr, Kinderservice und Küchengeräten. Beliebte Dekore waren Kobaltmuster wie „Zwiebel-“ oder „Strohblumenmuster“, teils mit Gold verziert. Ende des 19. Jahrhunderts kamen Figuren im Rokoko- und Biedermeierstil hinzu – etwas provinziell und sentimental anmutend im typischen „Gräfenthaler Genre“. Auch Tiere, Tiergruppen, Puppenköpfe, Badekinder, Putten, Heiligenfiguren und Grabschmuck wurden gefertigt.
Schon früh engagierte sich die Firma im Exportgeschäft. Auf den Weltausstellungen in Santiago (1875), Melbourne (1878) und Brüssel (1888) erhielt das Unternehmen Auszeichnungen. Absatzmärkte waren vor allem Nord- und Südamerika, Australien, Indien sowie weite Teile Europas.
1882 gründete Carl Unger mit seinem Partner Bernhard Schilde eine eigene Fabrik in Roschütz (Porzellanfabrik Unger & Schilde), blieb jedoch bis zum Tod von Carl Schneider im Jahr 1885 Gesellschafter in Gräfenthal. Nach dem Ausscheiden Ungers (1885) und Hutschenreuthers (1886) wurde die Firma unter Leitung von Carl Schneider fortgeführt.
Porzellanfabrik Schneider & Hutschenreuther (1885–1886)
Ab etwa 1880 war Paul Schneider, der Sohn von Carl Schneider, als Juniorpartner beteiligt. Nach dem Tod seines Vaters führte er die Firma zunächst zusammen mit Hermann Hutschenreuther. Beeindruckt von Paul Schneiders Einsatz unterstützte Hutschenreuther die Reorganisation, bevor er 1886 ausschied und in Probstzella seine eigene Firma, die Hermann Hutschenreuther GmbH, gründete.
Porzellanfabrik Carl Schneiders Erben (1886–1951)
Nach dem Tod Carl Schneiders wurde das Unternehmen als Carl Schneiders Erben weitergeführt. Unter Paul Schneider führte man eine gekrönte und datierte Fabrikmarke ein. 1889 trat der Chemiker Dr. Wilhelm Wedel als technischer Berater hinzu. Seine Kenntnisse verbesserten Glasuren und Dekore maßgeblich. 1899 wurde Wedel selbst Mitinhaber.
Die Firma verfügte über vier Öfen und beschäftigte zeitweise rund 220 Arbeiter. Trotz wachsender Erfahrung stagnierte die Modernisierung. Als Paul Schneider 1912 starb, führte Wilhelm Wedel die Geschäfte allein weiter. Unter seiner Leitung musste jedoch schon 1913 Personal entlassen werden. Bis 1930 sank die Belegschaft auf etwa 120 Personen. Wedel belastete sich stark und verstarb kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.
Während des Krieges hielt das Unternehmen mit Mühe durch. Nach 1945 wurden vor allem preiswerte Massenprodukte hergestellt, um die hohe Nachfrage der Bevölkerung zu decken. 1947 sind noch rund 70 Mitarbeiter nachweisbar.
VEB Porzellanfiguren Gräfenthal (1951–1972)
1951 wurde die Firma verstaatlicht und Teil des VEB Porzellanfiguren Gräfenthal. Sie blieb in Kombination mit der Carl Scheidig KG bestehen. Eigenmarken wurden weiterhin genutzt, teils ergänzt durch Namenszusätze. In den 1960er Jahren legte man viele Serien nach alten Formen neu auf – erkennbar nur durch Unterschiede in Glasur und Farbgebung.
1972 wurde der Betrieb in das VEB Vereinigte Porzellanfigurenwerke Gräfenthal eingegliedert. Das eigene Warenzeichen nutzte man noch bis 1974. Danach wurde die Fabrik geschlossen. Know-how, Formenbestand und die Erfahrungen der Facharbeiter gingen in den neuen VEB-Betrieb über.
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