Porzellanfabriken Schlesien

Neben Thüringen, Sachsen und Bayern entwickelte sich Schlesien im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer bedeutenden Porzellanregion. Von 1820 bis in die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entstanden in Schlesien (ohne Ostoberschlesien) in 21 Orten Porzellanfabriken. Gerhard Schmidt-Stein hat in seinem Handbuch Schlesisches Porzellan vor 1945 folgende Übersicht über die Standorte schlesischer Porzellanindustrie erstellt:

  • Waldenburg 1820 − 1945
  • Hirschberg ca. 1825 − 1923
  • Breslau ca. 1826 und 1912
  • Plottnitz / Reichenstein ca. 1828 − 1893
  • Freiwaldau 1841 − 1935
  • Fellhammer ca. 1845 − 1851
  • Altwasser 1845 − 1945
  • Weißstein 1846 − 1856
  • Tillowitz ca. 1852 − 1945
  • Ober-Weistritz 1855 − 1860
  • Sophienau 1857 − 1945
  • Königszelt 1860 − 1945
  • Tiefenfurt 1865 − 1945
  • Brieg 1866 − 1869
  • Schmiedeberg 1871 − 1945
  • Niedersalzbrunn 1882 – ca. 1933
  • Haselbach (Rsgb.) 1892 − 1945
  • Weißwasser 1895 – nach 1945
  • Erdmannsdorf 1908 – ca. 1945
  • Peterwitz 1919 – ca. 1942/45

Die Gewerbestatistik von 1882 kannte nur zwei Porzellanfabriken im Deutschen Reich mit mehr als 1.000 Beschäftigten in den Hauptbetrieben: Karl Krister in Waldenburg und Carl Tielsch im benachbarten Altwasser. Mehr als 60% aller im Königreich Preußen im Bereich von Porzellanherstellung und -Veredelung Beschäftigten arbeiteten bis zum Ersten Weltkrieg in Schlesien. Weit über die Hälfte der Produkte wurde in alle Welt exportiert und durch zahlreiche Verkaufsniederlassungen im In- und Ausland vertrieben.

Im Waldenburger Bergland schlug das Herz der schlesischen Porzellanindustrie. Durch seine Bergwälder und Steinkohlevorkommen verfugte es über ausreichend Rohstoffe für den Brennvorgang. Die Anbindung an die Eisenbahn 1853 erleicherte sowohl den Transport der Rohstoffe Kaolin, Feldspat, Quarzsand und Kapselton als auch den der fertigen Produkte. Neben den fünf Porzellanfabriken Krister, Tielsch, Ohme, Prause und Schachtel (siehe Schlesisches Porzellan) hatten hier zahlreiche Porzellanmalereien ihren Sitz, darunter die Firma Wunderlich, die größte kontinentaleuropäische Druckerei, die einbrennbare Abziehbilddekore für Porzellan herstellte.

Den hohen Stellenwert, den die keramische Produktion in Schlesien einnahm, unterstrich die Gründung einer Keramischen Fachschule in Bunzlau im Jahre 1897, die für eine gute Ausbildung der keramischen Fachkräfte sorgte. Zusätzlich wurde an der Technischen Hochschule Breslau schon bei deren Gründung im Jahre 1910 ein Institut für feuerfeste Materialien und Keramik eingerichtet. Im Unterschied zu vielen traditionellen Porzellanherstellern bemühten sich die schlesischen Unternehmer, durch Verbesserung der Produktionsmittel nicht nur qualitätvolles, sondern auch preiswertes Porzellan auf den Markt zu bringen, um so neue Käuferschichten zu erschließen. Einige bahnbrechende Errungenschaften in der Porzellanproduktion wurden in Schlesien entwickelt und erprobt.

  1. Die Feuerung der Brennöfen mit Steinkohle statt mit Holz, erstmalig 1840 bei Krister in Waidenburg mit Erfolg eingesetzt;
  2. die Verwendung des keramischen Buntdrucks mit Schmelzfarben, zuerst 1888 bei Ohme in Niedersalzbrunn angewandt;
  3. das Einbrennen von Photographien auf Porzellan, wofür die Waldenburger Firma A. Leisner erstmalig auf der Weltausstellung in Wien 1873 ausgezeichnet wurde;
  4. die Verwendung von Tunnelöfen, die den Brenn- und Abkühlungsvorgang erheblich abkürzten; sie wurden 1906 das erste Mal bei Tielsch in Altwasser eingesetzt. Von den Porzellanfabriken, die außerhalb des Waldenburger Berglandes gegründet wurden, sollen in dieser Schrift jene vorgestellt werden, die durch ihre Produkte besonders gut im Museum für Landeskunde dokumentiert sind.

Königszelt, Kreis Schweidnitz

Die Gemeinde Königszelt erhielt ihren Namen in Erinnerung an das Zeltlager König Friedrichs IL von Preußen während des Siebenjährigen Krieges im Jahre 1761. Mit ihrem Gründungsjahr 1868 gehört sie zu den jüngsten Gemeinden des Kreises Schweidnitz. Sie entwickelte sich um den Eisenbahnknotenpunkt, der mit dem Bau der Eisenbahnlinien Breslau-Freiburg (1843), Königszelt-Schweidnitz (1844) und Jauer-Striegau-Königszelt (1856) entstand. Die verkehrstechnisch günstige Lage und die 1843 entdeckten Lagerstätten weißen Tons waren es wohl, die den Maurermeister Traugott Silber veranlaßten, hier im Jahre 1860 eine Porzellanfabrik mit zunächst zwei Rundöfen zu gründen, die seinen Namen trug: Porzellanfabrik Silber & Comp. Vielleicht war dieser Compagnon der aus Frankfurt/Oder stammende Maschinenbauer August Friedrich Wilhelm Rappsilber (1832-1891), der zusammen mit dem Berliner Porzellanmaler Carl Heinrich Otto Heckmann (geb. 1829) die Fabrik 1871/72 über-nahm. Kennengelernt haben sie sich wohl in Tillowitz/OS, wo Rappsilber seit 1858 einen Teil der Theresienhütte gepachtet hatte und Heckmann seit 1864 zu den Pächtern der Gräflich Frankenberg’sehen Porzellanfabrik zählte. Gemeinsam pachteten sie von spätestens 1873 bis 1878 auch dieses Unternehmen.

Die Porzellanfabrik C.Heckmann & Rappsilber florierte. 1872 produzierte sie bereits Waren im Wert von 270.000 Talern. Auf der Weltausstellung in Wien 1873 wurde ihre Produkte mit einem Anerkennungsdiplom ausgezeichnet. 1874 wurde die Fabrik durch umfangreiche Neubauten erweitert. Mit acht Rundöfen und ca. 400 Beschäftigten war sie nun die drittgrößte Porzellanfabrik in Schlesien. Sie hatte sich auf die Herstellung von Gebrauchsgeschirr wie Tassen und Teller spezialisiert, daneben wurden auch Tafel-, Kaffee-, Tee- und Waschservice in unterschiedlicher Ausfuhrung angeboten. Um 1878 verließ Heckmann die Firma. August Rappsilber, dessen Pachtverträge in Tillowitz 1878 und 1880 endeten, führte sie für einige Jahre unter seinem Namen allein weiter. Er verbesserte vor allem die technische Ausführung seiner Ware und präsentierte Prunkstücke seiner Produktion 1881 auf der Breslauer Industrie- und Gewerbeausstellung.

In demselben Jahr verließ sein Schwiegersohn und Wunschnachfolger Carl Bernhard Weisbach die Firma, um sein Erbe in Plauen anzutreten. Seinen Platz in der Firmenleitung nahm der Prokurist Paul Mogwitz ein. Wohl aus Gesundheitsgründen verkaufte August Rappsilber die Fabrik Ende 1886. Unter Führung des Thüringer Bankhauses Strupp in Meiningen wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft mit 1,6 Mio. Reichs-mark Grundkapital umgewandelt, mit Paul Mogwitz als geschäftsführendem Generaldirektor. 1894 wurde Ernst Voisin sein Nachfolger.

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