Porzellanfabriken Schlesien

Die Schlesische Porzellanindustrie

Die Gewerbestatistik von 1882 kannte nur zwei Porzellanfabriken im Deutschen Reich mit mehr als 1.000 Beschäftigten in den Hauptbetrieben: Karl Krister in Waldenburg und Carl Tielsch im benachbarten Altwasser. Mehr als 60% aller im Königreich Preußen im Bereich von Porzellanherstellung und -Veredelung Beschäftigten arbeiteten bis zum Ersten Weltkrieg in Schlesien. Weit über die Hälfte der Produkte wurde in alle Welt exportiert und durch zahlreiche Verkaufsniederlassungen im In- und Ausland vertrieben.

Im Waldenburger Bergland schlug das Herz der schlesischen Porzellanindustrie. Durch seine Bergwälder und Steinkohlevorkommen verfügte es über ausreichend Rohstoffe für den Brennvorgang. Die Anbindung an die Eisenbahn 1853 erleichterte sowohl den Transport der Rohstoffe Kaolin, Feldspat, Quarzsand und Kapselton als auch den der fertigen Produkte. Neben den fünf Porzellanfabriken Krister, Tielsch, Ohme, Prause und Schachtel (siehe Schlesisches Porzellan) hatten hier zahlreiche Porzellanmalereien ihren Sitz, darunter die Firma Wunderlich, die größte kontinentaleuropäische Druckerei, die einbrennbare Abziehbilddekore für Porzellan herstellte.

Den hohen Stellenwert, den die keramische Produktion in Schlesien einnahm, unterstrich die Gründung einer Keramischen Fachschule in Bunzlau im Jahre 1897, die für eine gute Ausbildung der keramischen Fachkräfte sorgte. Zusätzlich wurde an der Technischen Hochschule Breslau schon bei deren Gründung im Jahre 1910 ein Institut für feuerfeste Materialien und Keramik eingerichtet. Im Unterschied zu vielen traditionellen Porzellanherstellern bemühten sich die schlesischen Unternehmer, durch Verbesserung der Produktionsmittel nicht nur qualitätvolles, sondern auch preiswertes Porzellan auf den Markt zu bringen, um so neue Käuferschichten zu erschließen. Einige bahnbrechende Errungenschaften in der Porzellanproduktion wurden in Schlesien entwickelt und erprobt.

  • Die Feuerung der Brennöfen mit Steinkohle statt mit Holz, erstmalig 1840 bei Krister in Waldenburg mit Erfolg eingesetzt.
  • Die Verwendung des keramischen Buntdrucks mit Schmelzfarben, zuerst 1888 bei Ohme in Niedersalzbrunn angewandt.
  • Das Einbrennen von Photographien auf Porzellan, wofür die Waldenburger Firma A. Leisner erstmalig auf der Weltausstellung in Wien 1873 ausgezeichnet wurde.
  • Die Verwendung von Tunnelöfen, die den Brenn- und Abkühlungsvorgang erheblich abkürzten; sie wurden 1906 das erste Mal bei Tielsch in Altwasser eingesetzt.

Von den Porzellanfabriken, die außerhalb des Waldenburger Berglandes gegründet wurden, sollen in dieser Schrift jene vorgestellt werden, die durch ihre Produkte besonders gut im Museum für Landeskunde dokumentiert sind. Neben Thüringen, Sachsen und Bayern entwickelte sich Schlesien im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer bedeutenden Porzellanregion. Von 1820 bis in die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entstanden in Schlesien (ohne Ostoberschlesien) in 21 Orten Porzellanfabriken.

Porzellanfabriken in Schlesien – vor und bis 1945

Ort / Manufaktur Zeitraum & Kurzbeschreibung
Waldenburg1820 – 1945, bedeutendes Zentrum der schlesischen Porzellanindustrie
Hirschbergca. 1825 – 1923, regionale Produktion von Tafel- und Zierporzellan
Breslauca. 1826 und 1912, verschiedene Fabriken; Dekorporzellan
Plottnitz / Reichensteinca. 1828 – 1893, Porzellanproduktion mit regionalem Vertrieb
Freiwaldau1841 – 1935, Gebrauchsporzellan und Zierstücke
Fellhammerca. 1845 – 1851, kleine Produktionsstätte mit kurzer Laufzeit
Altwasser1845 – 1945, einer der wichtigsten Standorte in Schlesien
Weißstein1846 – 1856, Porzellanproduktion in kleiner Stückzahl
Tillowitzca. 1852 – 1945, hochwertige Tafelservices, Exportware
Ober-Weistritz1855 – 1860, kleine Manufaktur mit regionalem Absatz
Sophienau1857 – 1945, kontinuierliche Produktion bis Kriegsende
Königszelt1860 – 1945, bedeutender Exporteur von Porzellan
Tiefenfurt1865 – 1945, Tafel- und Hotelporzellan
Brieg1866 – 1869, kurzzeitige Produktion von Porzellanwaren
Schmiedeberg1871 – 1945, Zier- und Gebrauchsporzellan
Niedersalzbrunn1882 – ca. 1933, Hotel- und Gebrauchsporzellan
Haselbach (Rsgb.)1892 – 1945, Porzellanfabrik mit überregionalem Absatz
Weißwasser1895 – nach 1945, Spezialist für Hartporzellan
Erdmannsdorf1908 – ca. 1945, kleinere Porzellanproduktion
Peterwitz1919 – ca. 1942/45, Porzellanproduktion bis Kriegsende

Königszelt, Kreis Schweidnitz

Die Gemeinde Königszelt erhielt ihren Namen zur Erinnerung an das Zeltlager König Friedrichs II. von Preußen während des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1761. Mit ihrem Gründungsjahr 1868 gehört sie zu den jüngsten Gemeinden des Kreises Schweidnitz. Königszelt entwickelte sich rund um einen wichtigen Eisenbahnknotenpunkt, der durch den Bau der Bahnlinien Breslau–Freiburg (1843), Königszelt–Schweidnitz (1844) und Jauer–Striegau–Königszelt (1856) entstand.

Porzellanfabrik Silber & Comp.

Die verkehrsgünstige Lage sowie die 1843 entdeckten Lagerstätten weißen Tons veranlassten den Maurermeister Traugott Silber, hier im Jahr 1860 eine Porzellanfabrik zu gründen. Diese verfügte anfangs über zwei Rundöfen und trug den Namen Porzellanfabrik Silber & Comp.

Übernahme durch Rappsilber & Heckmann

Etwa 1871/72 übernahmen der aus Frankfurt/Oder stammende Maschinenbauer August Friedrich Wilhelm Rappsilber (1832–1891) und der Berliner Porzellanmaler Carl Heinrich Otto Heckmann (geb. 1829) die Fabrik. Vermutlich war Rappsilber Silbers Compagnon, als die Fabrik gegründet wurde. Beide Unternehmer kannten sich wahrscheinlich aus Tillowitz/Oberschlesien, wo Rappsilber seit 1858 einen Teil der Theresienhütte gepachtet hatte und Heckmann seit 1864 zu den Pächtern der Gräflich Frankenberg’schen Porzellanfabrik gehörte.

Weitere Entwicklung

Gemeinsam pachteten Rappsilber und Heckmann spätestens von 1873 bis 1878 auch die Gräflich Frankenberg’sche Porzellanfabrik. Diese unternehmerischen Aktivitäten legten den Grundstein für die weitere Entwicklung der Porzellanindustrie in Königszelt, die dank der Eisenbahnanbindung und der Rohstoffvorkommen günstige Voraussetzungen hatte.

Timeline – Schlesische Porzellanindustrie bis 1945

1820 – Waldenburg
Bedeutendes Zentrum der schlesischen Porzellanindustrie, kontinuierliche Produktion bis 1945.
ca. 1825 – Hirschberg
Regionale Produktion von Tafel- und Zierporzellan bis 1923.
ca. 1826 / 1912 – Breslau
Mehrere Fabriken; Schwerpunkt auf dekorativem Porzellan.
ca. 1828 – Plottnitz / Reichenstein
Porzellanproduktion mit regionalem Vertrieb bis 1893.
1841 – Freiwaldau
Herstellung von Gebrauchsporzellan und Zierstücken bis 1935.
ca. 1845 – Fellhammer
Kleine Produktionsstätte mit kurzer Laufzeit bis 1851.
1845 – Altwasser
Einer der wichtigsten Standorte in Schlesien, bis 1945 aktiv.
1846 – Weißstein
Produktion von Porzellan in kleiner Stückzahl bis 1856.
ca. 1852 – Tillowitz
Hersteller hochwertiger Tafelservices und Exportware bis 1945.
1855 – Ober-Weistritz
Kleine Manufaktur mit regionalem Absatz bis 1860.
1857 – Sophienau
Kontinuierliche Porzellanproduktion bis Kriegsende 1945.
1860 – Königszelt
Bedeutender Exporteur von Porzellan bis 1945.
1865 – Tiefenfurt
Produktion von Tafel- und Hotelporzellan bis 1945.
1866 – Brieg
Kurzzeitige Porzellanproduktion bis 1869.
1871 – Schmiedeberg
Herstellung von Zier- und Gebrauchsporzellan bis 1945.
1882 – Niedersalzbrunn
Hotel- und Gebrauchsporzellan, aktiv bis ca. 1933.
1892 – Haselbach (Rsgb.)
Porzellanfabrik mit überregionalem Absatz bis 1945.
1895 – Weißwasser
Spezialist für Hartporzellan, Produktion über 1945 hinaus.
1908 – Erdmannsdorf
Kleinere Porzellanproduktion bis etwa 1945.
1919 – Peterwitz
Porzellanproduktion bis ca. 1942/45.

Porzellanfabrik C. Heckmann & Rappsilber

Die Porzellanfabrik C. Heckmann & Rappsilber florierte schon bald nach ihrer Gründung. 1872 produzierte sie Waren im Wert von 270.000 Talern. Auf der Weltausstellung in Wien 1873 erhielt sie ein Anerkennungsdiplom. 1874 wurde die Fabrik durch umfangreiche Neubauten erweitert. Mit acht Rundöfen und rund 400 Beschäftigten war sie zu dieser Zeit die drittgrößte Porzellanfabrik in Schlesien. Spezialisiert war sie auf Gebrauchsgeschirr wie Tassen und Teller, daneben wurden Tafel-, Kaffee-, Tee- und Waschservices angeboten.

Übergang zu August Rappsilber

Um 1878 verließ Carl Heinrich Otto Heckmann die Firma. August Rappsilber, dessen Pachtverträge in Tillowitz 1878 und 1880 endeten, führte die Fabrik für einige Jahre allein weiter. Er verbesserte die technische Ausführung der Ware und präsentierte 1881 Prunkstücke auf der Bunzlauer Industrie- und Gewerbeausstellung. Im selben Jahr schied sein Schwiegersohn und Wunschnachfolger Carl Bernhard Weisbach aus. An seine Stelle trat der Prokurist Paul Mogwitz. Ende 1886 verkaufte Rappsilber die Fabrik, vermutlich aus gesundheitlichen Gründen.

Aktiengesellschaft & Expansion

Unter Leitung des Bankhauses Strupp in Meiningen wurde die Fabrik 1886 in eine Aktiengesellschaft mit 1,6 Millionen Reichsmark Grundkapital umgewandelt. Paul Mogwitz wurde Generaldirektor, 1894 folgte Ernst Voisin. 1889/90 wurde das Gelände um fünf Hektar vergrößert. Zwei weitere Brennöfen sowie Nebengebäude wie eine Ziegelei, Bäckerei, Gärtnerei und Badeanstalt entstanden. Die Belegschaft wuchs auf 675 Beschäftigte.

1905 erhöhte man das Aktienkapital auf 2,6 Millionen Reichsmark, um die Aktienmehrheit an Lorenz Hutschenreuther in Selb zu erwerben. Königszelt wurde so zur zweitgrößten Aktiengesellschaft der Porzellanindustrie im Deutschen Reich. Vor dem Ersten Weltkrieg umfasste die Produktion 16 Brenn- und vier Muffelöfen.

Zwischenkriegszeit & Tunnelöfen

Nach den Einschränkungen des Ersten Weltkriegs erlebte die Fabrik ab 1921 unter Generaldirektor Friedrich Kempcke einen Aufschwung. 1922/23 wurde eine gasbefeuerte Tunnelofenanlage gebaut, die acht Rundöfen entsprach. Die Beschäftigtenzahl stieg von 850 (1922) auf 1.000 (1925), sank jedoch in der Weltwirtschaftskrise auf 622 (1929/30). Unter Direktor Ernst Gramss (1931–1945) erholte sich die Fabrik langsam, erreichte aber nicht mehr die alte Größe. 1938 beschäftigte man etwa 750 Personen. 1937 wurde die Fabrik auf der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

Produkte & Spezialitäten

Königszelt bot von Anfang an formschönes und erschwingliches Porzellangeschirr für mittlere Preislagen. Besonders beliebt war der Unterglasurdekor „Indischblau“. In den 1930er Jahren entstanden silberdekorierte Porzellane. Neben Tafel-, Kaffee- und Teeservices wurden auch Vasen, Dosen, Konfektgarnituren, Sammeltassen und Hotelgeschirr gefertigt. Während des Zweiten Weltkrieges produzierte die Fabrik auch Porzellan für militärische Einrichtungen.

Nachkriegszeit & Karolina

Mit Kriegsende kam es zu einer kurzen Unterbrechung der Produktion. Bereits im Juli 1945 wurde unter polnischer Regie der erste Brennofen wieder in Betrieb genommen. Zunächst hielten zurückgebliebene deutsche Arbeiter die Produktion aufrecht und schulten polnische Nachfolger, bis auch sie 1950 Schlesien verlassen mussten. Viele fanden in Oberfranken und der Oberpfalz Arbeit.

1954 erhielt die Fabrik den neuen Namen Karolina. Damit zählt sie zu den wenigen schlesischen Porzellanbetrieben, die nach dem Krieg weiterproduzierten und bis heute bestehen.

Markenentwicklung

Die Marken der Königszelter Porzellanfabrik variierten im Laufe der Zeit stark:

  • 1871/72 bis Erster Weltkrieg: heraldischer Adler über den Initialen des Inhabers oder dem Schriftzug „P.K. Silesia“.
  • 1914 bis etwa 1925: ein Zelt mit Königskrone.
  • 1922 bis 1945: das bekrönte Wort „Koenigs“.

Stanowitz, Kreis Striegau

Nur fünf Kilometer von Königszelt entfernt entstand 1873 eine weitere Porzellanfabrik. Sie wurde von dem Striegauer Conrad Walter in den Gebäuden einer ehemaligen Walkmühle im Ort Stanowitz (1937 in Standorf umbenannt) gegründet. Der Ort lag nahe der seit 1856 bestehenden Eisenbahnlinie Jauer–Striegau–Königszelt. 1898 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Direktor Walter bis 1905 blieb. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Fabrik 130 Menschen und betrieb drei Öfen. Produziert wurden Tafel-, Kaffee- und Teeservices, Hotelgeschirr, Andenkentassen, Obstschalen, Küchensets sowie das beliebte Silberhochzeits-Porzellan.

Direktion Wolff & Flamm

1905 übernahm Johannes Wolff die Direktion, verstarb jedoch schon ein Jahr später. Nachfolger wurde Friedrich Wilhelm Flamm, zuvor bei der Porzellanfabrik Ohme in Niedersalzbrunn tätig. Unter seiner Leitung florierte das Unternehmen: Um 1913 arbeiteten 200 Personen in der Fabrik, die Zahl der Öfen stieg auf fünf. Eine Malerei und Druckerei sorgten für die beliebten Dekore wie „Indischblau“ und „Strohmuster“.

Die 1920er Jahre & STRIEPAG

In den 1920er Jahren führte die Striegauer Porzellanfabrik AG, vormals Walter & Co. und auch als STRIEPAG bekannt, ein breites Spektrum an modernen Formen, aber auch klassischen Biedermeier- und Rokokoformen im Programm. Auch Tierplastiken gehörten zum Repertoire. Die Belegschaft wuchs auf über 300 Beschäftigte.

1927 zerstörte ein Großbrand weite Teile der Fabrik, darunter sämtliche Modelle und zahlreiche Formen. Nach dem Wiederaufbau erlebte das Unternehmen noch einmal eine kurze Blütezeit.

Niedergang & Schließung

Anfang der 1930er Jahre, während der allgemeinen Krise der deutschen Porzellanindustrie, brach auch die Striegauer AG zusammen. 1933 wurde das Konkursverfahren eröffnet, 1934/35 folgte die endgültige Stilllegung. Die Fabrikgebäude gingen an eine Vegetabilien-Großhandlung über und wurden nach Abbruch der Öfen und Einrichtungen zum Trocknen von Heilkräutern genutzt.

Markenzeichen der Fabrik

Zwischen 1873 und 1918 orientierten sich die Markenzeichen an der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin. Genutzt wurden die Initialen „St.P.M.“, teilweise mit senkrechtem Strich oder einem Adler. Ab 1912 zeigten die Marken über dem Ortsnamen die drei stilisierten Zacken der Striegauer Berge – ein Motiv, das bereits im 17. Jahrhundert zur Kennzeichnung der Striegauer Heilerde verwendet wurde.

Tiefenfurt, Kreis Bunzlau

Die gesamte Ortschaft Tiefenfurt gehörte vor 1816 zum Kreis Görlitz, danach wurde erst der östlich des Hammerbachs gelegene Ortsteil, 1938 auch der westlich gelegene, der Bunzlauer Kreisverwaltung unterstellt. Die nahegelegenen Tonlager der Klitschdorfer Heide und der Holzreichtum der Umgebung begünstigten die Ansiedlung von Töpfereien, die seit dem 18. Jahrhundert nachgewiesen sind. Im frühen 19. Jahrhundert folgten Steinzeugmanufakturen, die die Grundlage für die Entwicklung der Porzellanfabriken bildeten.

Ebenso wichtig wie die Rohstofflage war die gute Verkehrsanbindung. In etwa zehn Kilometern Entfernung lagen die Bahnhöfe von Rauscha und Kohlfürst, die Bunzlau seit 1846 mit Frankfurt/Oder und seit 1847 auch mit Görlitz verbanden. Trotz seiner geringen Größe (1939 nur 1.350 Einwohner) beherbergte Tiefenfurt ungewöhnlich viele Porzellanfirmen. Im Wesentlichen prägten drei Fabriken das Bild des Ortes: C. H. Tuppack, K. Steinmann und Silesia, die später in Steinmann aufging.

Porzellanfabrik Carl Hans Tuppack

Die Fabrik geht zurück auf eine 1808 vom Holsteiner Johann Heinrich Nikolai Matthiesen gegründete Steingutfabrik auf der östlichen Seite des Hammerbachs. 1865 stellte dessen Sohn Friedrich Nikolai auf Porzellanproduktion um. 1872 übernahm die Schlesische Porzellan- und Steingut-Manufaktur AG den Betrieb, die jedoch 1885 Konkurs anmelden musste. Die Hauptfabrik wurde wohl von Louis Lövinson erworben, der eine eigene Malerei hinzufügte. 1891 ging sie an seinen Geschäftsführer Paul Georg Alfred Donath (1855–1901) über und firmierte als Schlesische Porzellanfabrik P. Donath.

Nach Donaths Tod führten die Erben die Fabrik weiter, bis sie 1909 in die Schlesische Porzellanfabrik P. Donath GmbH überging. Diese bestand bis etwa 1920. Danach übernahm Carl Hans Tuppack, seit 1916 im Unternehmen tätig, die Leitung und führte die Fabrik unter seinem Namen fort. 1931 wurde sie in eine GmbH umgewandelt. Trotz wirtschaftlicher Krisen baute Tuppack den Betrieb zu einem Unternehmen mit über 200 Arbeitern und Musterlagern im In- und Ausland (u.a. Dresden, Nürnberg, Köln, Königsberg, Kopenhagen, Mailand, Oslo) aus.

Produkte & Besonderheiten

Bekannt war die Fabrik für das Geschirr mit dem Umdruckdekor „China Blau“, das seit den 1920er Jahren gefertigt wurde. Ergänzend gab es „China Grün“, „China Rot“ und „China Lila“. Neben Gebrauchsporzellan aller Art produzierte man auch Tierfiguren. Besonders beliebt waren Pferde, was möglicherweise mit dem Gestüt auf dem nahegelegenen Gut Charlottenhof zusammenhing, das zur Fabrik gehörte. Neben Werkswohnungen und einer Gärtnerei mit Treibhäusern nutzte man dort die Abwärme der Fabrik.

Die Fabrik arbeitete bis 1945 und wurde nach dem Krieg demontiert. In den 1990er Jahren wurde einer der ehemals fünf Brennöfen wieder in Betrieb genommen, jedoch nicht mehr für Porzellan, sondern für Porzellit, ein dem Steinzeug ähnliches Material.

Markenzeichen

Das Markenzeichen der Fabrik zeigte meist ein bekröntes „S“ zwischen den Worten „Tuppack“ und „Tiefenfurt“. 1886 erschien es erstmals in Verbindung mit gekreuzten Degen und sollte auf die Herkunft Schlesien/Silesia hinweisen. Wegen Verwechslungsgefahr mit der Meissener „Schwertermarke“ wurde die Verwendung seit 1900 untersagt. Ab 1897 ersetzte die Firma P. Donath das Zeichen durch das gekrönte „S“. Ab 1910 nutzte sie einen Greifen über dem Namenszug. Carl Hans Tuppack griff die S-Marke später in verschiedenen Variationen wieder auf. Für seine „China“-Dekore wählte er ab 1927 zusätzlich orientalische Motive.

Porzellanfabrik K. Steinmann – Tiefenfurt

Die Anfänge der Fabrik liegen im Dunkeln. Das 1818 gegründete Unternehmen befand sich seit etwa 1835 im Besitz von Carl Rädisch, der eine Porzellan-, Steingut- und Glasmalerei betrieb. 1840 errichtete er eine Steingutfabrik, die er 1868 um die Porzellanproduktion erweiterte. Dieses Jahr wurde später als offizielles Gründungsjahr der Firma Steinmann betrachtet.

1872 übernahm die Tiefenfurter Porzellan-Manufactur-Gesellschaft die Firma. Daraus entstand bald die Tiefenfurter Porzellan- und Chamottewaaren-Fabriken AG. Schon 1876 verkaufte man die Steingutfabrik, die bis 1893 unter wechselnden Namen, zuletzt als Sporleder & Benker, existierte. 1883 wurde die Aktiengesellschaft aufgelöst.

Übernahme durch Kuno Hugo Steinmann

Der Thüringer Kuno Hugo Steinmann (1839–1893), langjähriger Direktor der Fabrik, erwarb 1883 das Werk und spezialisierte es auf Porzellan. Mit rund 100 Arbeitern produzierte man Frühstücks-, Tee-, Kaffee- und Waschservices, Brot- und Kuchenkörbe, Geschirr, Blumentöpfe sowie Exportwaren wie Barttassen, Becher, Krüge, Eierbecher und Handleuchter, die vor allem in die USA gingen.

Leitung durch Walter Steinmann

Nach Kuno Hugo Steinmanns Tod 1893 führte Gustav Müller die Fabrik, bis 1899 Walter Steinmann (1877–1934), nach Lehrjahren in Bremen und den USA, die Leitung übernahm. Um 1900/01 erweiterte er das Unternehmen durch den Kauf der Porzellanfabrik Silesia in Tiefenfurt, die seit 1897 Otto Schmidt gehört hatte und wohl auf eine Steingutfabrik Christian Matthiesens (1826/1832) zurückging. 1903 heiratete Walter Steinmann Maria Donath, Tochter des 1901 verstorbenen Konkurrenten Paul Donath. Damit waren die beiden bedeutendsten Porzellanfirmen Tiefenfurts familiär verbunden.

Wachstum vor dem Ersten Weltkrieg

Vor dem Ersten Weltkrieg beschäftigten die Werke K. Steinmann rund 250 Personen im Hauptwerk und 80 in der Filiale. Eigene Malerei, Druckerei und Aerographenanlage sorgten für eine breite Produktpalette. 1905 erhielten die Produkte in Görlitz eine Goldmedaille. Exportiert wurde vor allem in den englischsprachigen Raum: nach Nordamerika, England, Australien, Afrika und Englisch-Ostindien.

Zwischenkriegszeit

Der Verlust der Übersee-Märkte nach dem Ersten Weltkrieg war ein schwerer Schlag. Dennoch konnte sich die Firma durch neue Formen und Dekore behaupten: Obstgarnituren, Dosen, Aschenschalen, Geschenkartikel und Figuren erweiterten das Sortiment. Beliebt waren fernöstlich inspirierte Service und in den 1930er Jahren Geschirr aus zartbeigem Elfenbeinporzellan. Vertreter in Hamburg, London, Kopenhagen, Oslo und Barcelona sicherten den Absatz.

Weltwirtschaftskrise & Ende

1932 wurde die Firma liquidiert und als GmbH mit Hilfe eines Bankenkonsortiums weitergeführt. Innerhalb von zwei Jahren stieg die Arbeiterzahl von 100 auf 300. Im Hauptwerk wurde Gebrauchs- und Luxusporzellan produziert, die Filiale Silesia stellte auf Feinsteinzeug um. Geschäftsführer war Walther Becht, unterstützt von Günther Steinmann. 1943 kaufte Becht die Firma, die unter dem Namen Porzellan- und Steinzeugfabrik Walther Becht KG bis 1945 existierte.

Markenzeichen

Das erste bekannte Zeichen zeigte einen Adler über den Initialen des Gründers. Um die Jahrhundertwende wurde es durch ein gekröntes „S“ ersetzt. Die Krone blieb zentrales Element späterer Marken, die durch Zusätze wie „Silesien“, „Silesia“ oder „K.St.T.“ ergänzt wurden. Der letzte Besitzer, Walther Becht, verwendete schließlich nur noch seinen Firmennamen über der Ortsangabe Tiefenfurt.

Tillowitz, Kreis Falkenberg/OS

Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde in mehreren Manufakturen Oberschlesiens unter adeliger Obhut Fayence und später auch Steingut produziert. Am bekanntesten ist die Manufaktur in Proskau (1763–ca. 1850). Einer ihrer Maler und Modelleure, Johannes Degotschon, gründete um 1813 unter der Schirmherrschaft des Grafen Johann Carl Praschma nahe dem Tillowitzer Schloss eine Fayence- und Steingutmanufaktur.

Vom Steingut zum Porzellan

1842 wurde die Manufaktur an Graf Ernst von Frankenberg-Ludwigsdorf, den neuen Besitzer der Herrschaft Tillowitz, verkauft. Etwa 1852 stellte man die Produktion auf Porzellan um. In den folgenden Jahren wurde die Fabrik mehrfach verpachtet: zunächst an Albert Teichelmann (1855–1863/64), dann an Carl Heckmann (1864–1878), der die Fabrik zunächst mit einem Herrn Wenck und später mit August Rappsilber (ca. 1872–1878) betrieb. Beide traten in dieser Zeit auch als Eigner der Porzellanfabrik Königszelt in Erscheinung.

Produktion & Export

Produziert wurden weißes und bunt bemaltes Geschirr, insbesondere Tassen, Kannen, Teller, Zuckerdosen, Butterbüchsen sowie Telegraphenglocken. Die Waren wurden vor allem nach Übersee exportiert. Als Markenzeichen trugen die Produkte das Wappen der Familie Frankenberg. Trotz der breiten Produktpalette erwies sich der Betrieb wirtschaftlich als unrentabel. Als wichtiger Wirtschaftsfaktor für die kleine Herrschaft wurde er jedoch weitergeführt.

Pachtverhältnisse & Niedergang

1879 wurde die Fabrik für 15 Jahre an H. W. Leopold verpachtet, der jedoch nur bis 1886 blieb. Von 1889 bis 1899 führte der Thüringer Porzellanfabrikantensohn Erhard Schlegelmilch den Betrieb. Da die Fabrik seinen Ansprüchen nicht genügte, gründete er in Tillowitz eine eigene moderne Porzellanfabrik. Die Gräflich Frankenberg’sche Porzellanfabrik konnte dieser Konkurrenz nicht standhalten und schloss 1905 endgültig ihre Pforten.

Porzellanfabrik Reinhold Schlegelmilch – Tillowitz

1887 wurde Tillowitz an die Eisenbahnlinie Oppeln–Neisse angeschlossen. In Bahnhofsnähe erwarb Erhard Schlegelmilch ein Gelände für den Bau einer neuen Fabrik. Finanziert wurde das Projekt von seinem Vater, dem Firmengründer Reinhold Schlegelmilch aus Suhl. 1894 nahm die Tillowitzer Fabrik als Zweigniederlassung des 1869 gegründeten Suhler Stammwerkes mit zwei Brennöfen ihre Produktion auf.

Aufstieg bis zum Ersten Weltkrieg

Die gute Qualität des Tillowitzer Porzellans führte rasch zu Erfolg. Um 1904 arbeiteten rund 450 Menschen in der Fabrik, vor dem Ersten Weltkrieg stieg die Zahl auf 700. Produziert wurden Gebrauchs- und Luxusgeschirr. Es entstanden drei zusätzliche Brennöfen, und die Fabrik erhielt einen eigenen Gleisanschluss. Bis zu 95 % der Produktion gingen in den Export, vor allem in die USA und nach Kanada, aber auch nach Südamerika, Frankreich, Holland und in den Orient.

Das Unternehmen prägte die Entwicklung von Tillowitz entscheidend. Neben Villenbauten entstanden die neue Post, die evangelische Kirche und neun Arbeiterwohnhäuser, die sogenannte Arbeiterkolonie.

Zwischenkriegszeit & Elfenbeinporzellan

Der Erste Weltkrieg brachte einen schweren Einbruch. Die USA als wichtigster Exportmarkt gingen verloren. Das Werk in Suhl wurde geschlossen, und Arnold Schlegelmilch, Erhards Bruder, kam nach Tillowitz. Mitte der 1920er Jahre konnte sich die Fabrik wieder international etablieren: rund 60 % der Produktion gingen in die USA, die Schweiz, nach Kanada, Australien, Neuseeland und Skandinavien. 1928 führte Arnold Schlegelmilch das Elfenbeinporzellan ein, gemarkt mit dem Stempel EPOS (Edel-Porzellan Oberschlesien).

Etwa 400 Beschäftigte produzierten nun Luxus- und Hotelgeschirr, Service, Schalen, Bonbonnieren, Dosen, Mokka- und Sammeltassen. Das Sortiment reichte von barocken, farbenfrohen Formen bis hin zu Art-déco-Designs.

Krise & Zweiter Weltkrieg

Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre traf die Fabrik hart. Die Belegschaft sank auf 250 Beschäftigte. 1934 starben kurz hintereinander Arnold und Erhard Schlegelmilch. Nachfolger wurde Arnolds Sohn, Lothar Schlegelmilch. Unter seiner Leitung erholte sich die Fabrik zeitweise und konnte während des Krieges weiter produzieren, da große Auslandsaufträge, insbesondere aus den Balkanländern und Skandinavien, vorlagen. 1940 starb Lothar Schlegelmilch, und seine Nichte Brigitte Koch führte das Unternehmen bis 1945 weiter.

Nachkriegszeit & polnische Leitung

Nach 1945 wurden die Maschinen durch die einrückenden Russen demontiert. Danach wurde die Fabrik unter polnischer Leitung mit Maschinen aus niederschlesischen Werken wieder in Betrieb genommen. Deutsche Fachkräfte, die zunächst nicht ausgewiesen waren, schulten polnische Arbeiter. Produziert wurde nun kein Porzellan mehr, sondern bis heute ein dem Steinzeug ähnliches Porzellit.

Markenzeichen

Die Marken der Firma trugen in der Regel die Initialen RS des Gründers Reinhold Schlegelmilch. Diese erschienen entweder in einer stilisierten Kapelle oder in einem Lorbeerkranz, oft ergänzt durch den Zusatz „Tillowitz“ oder „Germany“. Einige frühe Marken, die keinen Herkunftsort angaben, wurden gleichermaßen in Suhl und Tillowitz verwendet.

Interne Vernetzung Porzellan‑Selb

Interne Vernetzung – Porzellan‑Selb

Folgende Artikel sind thematisch miteinander verknüpft:

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.