Simon Peter Gerz

Simon Peter Gerz (Höhr) – Historismus & <a href="https://porzellan-selb.de/reformkeramik/">Reformkeramik</a>

Simon Peter Gerz (Höhr) – Vom Historismus zur Reformkeramik

1857 gegründet in Höhr (Westerwald), entwickelte sich die Firma Simon Peter Gerz vom Hersteller reich dekorierter Historismusware zum wichtigen Partner der Reformbewegung um Henry van de Velde.

Gründung & Entwicklung

Die Steinzeug- und Majolikafabrik Simon Peter Gerz wurde 1857 in Höhr (Westerwald) gegründet. Die amtliche Zulassung zum Betrieb erfolgte 1862. Gründer Simon Peter Gerz I wurde am 13. September 1830 geboren und starb am 12. September 1893. Nach seinem Tod übernahm sein Schwiegersohn Alphons Wilhelm Lötschert die Leitung. 1897 wurde das Unternehmen in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (G.m.b.H.) umgewandelt. Zwischen 1912 und 1918 war Gerz Teil der Steinzeugwerke Höhr-Grenzhausen GmbH als Vertriebsorganisation.

Historismus – Reliefs & Dekore

Die Produktion war zunächst vom Historismus geprägt: detailreiche Reliefs, figürliche Darstellungen, Wappen, Ornamentik und Jagdszenen. Häufig Salzglasur-Steinzeug mit Kobaltblau oder Manganfarben. Das Sortiment umfasste Trinkkrüge, Pokale, Vasen, Blumentöpfe, Butterdosen, Teller und Kaffeekannen. Diese Stücke waren besonders für den Export nach England und in die USA erfolgreich und machten die Marke Gerz bekannt.

Künstlerische Kooperationen

Ab etwa 1900 beauftragte Gerz renommierte Künstler wie Peter Behrens, Albin Müller und Bruno Mauder. Auch Einflüsse des Jugendstils prägten neue Formen und Glasuren. Damit war die Firma früh offen für Reformideen und die Abkehr vom überladenen Historismus.

Reformimpulse durch Henry van de Velde

Ab 1902 suchte Henry van de Velde, Leiter der Weimarer Kunstgewerbeschule, die Zusammenarbeit mit innovativen Westerwälder Betrieben. Auch Gerz setzte Entwürfe nach van de Velde um. Charakteristisch waren ruhige Silhouetten, reduzierte Reliefs und Glasuren, die die Form hervorhoben. Damit wurde Gerz Teil der Reformbewegung, die vom dekorüberladenen Historismus zur formbewussten, modernen Gestaltung führte.

Wirtschaftliche Entwicklung

Der Erste Weltkrieg brachte wirtschaftliche Probleme. 1917 gab es erste finanzielle Krisen, 1923 führte die Inflation zeitweise zum Stillstand der Produktion. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die Firma mehrfach umstrukturiert, Vertriebspartner und Markenrechte gewannen an Bedeutung. Später kamen auch Souvenir- und Geschenkartikel ins Programm.

Marken & Signaturen

Frühe Werke waren mit „SPG I.“ markiert. Später folgten Krugsymbole, Exportmarken und die Bezeichnung Gerzit. Diese Vielfalt macht die zeitliche Einordnung und Provenienzprüfung für Sammler besonders wichtig.

Ende & Nachwirkung

Die originale Firma existierte bis 1997, als Insolvenz angemeldet wurde. Markenrechte wurden später übernommen; Produkte mit Namen „Gerz“ oder „Gerzit“ kursieren bis heute, wenngleich die historische Firmenstruktur nicht mehr besteht. Historische Stücke von Gerz, besonders Jugendstil- und Reformentwürfe, sind heute gesuchte Sammlerobjekte.

Timeline – Simon Peter Gerz (Höhr)

  • 1857 – Gründung durch Simon Peter Gerz I in Höhr
  • 1862 – Amtliche Zulassung zur Produktion
  • 1893 – Tod von Simon Peter Gerz I; Leitung durch Alphons Wilhelm Lötschert
  • 1897 – Umwandlung in eine GmbH
  • um 1900 – Breites Sortiment: Krüge, Pokale, Vasen, Haushaltskeramik
  • ab 1902 – Kooperation mit Henry van de Velde
  • 1917 – Finanzielle Probleme im Ersten Weltkrieg
  • 1923 – Produktionsstillstand infolge Inflation
  • 1997 – Insolvenz der ursprünglichen Firma
  • Heute – Gerz und Gerzit als gesuchte Sammlerware

Weiterführend: Henry van de Velde

Mehr zu Henry van de Velde, seinen Keramikentwürfen und seiner Rolle für die Reformbewegung zwischen Jugendstil und Bauhaus.

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