Haviland Waldershof

Haviland Waldershof – Vom „Bavaria“-Export zur Rosenthal-Ära

Die Porzellanfabrik Waldershof, vormals Johann Haviland, steht exemplarisch für die Internationalisierung der Oberpfälzer Porzellanindustrie: gegründet mit starkem Auslandsbezug, ausgebaut in der Zwischenkriegszeit, modernisiert nach 1945 – und schließlich in die Rosenthal-Gruppe integriert. Der nüchterne Blick auf Daten, Technik und Belegschaft zeigt, wie konsequent hier nach bewährten industriellen Prinzipien gearbeitet wurde.

Gründung & frühe Jahre (1907–1933)

Die handelsgerichtliche Eintragung der Firma Johann Haviland, Porzellanfabrik Waldershof erfolgte 1907; in den Folgejahren wurde die Fabrik aufgebaut und 1910 in Betrieb genommen. 1924 firmierte das Unternehmen als Porzellanfabrik Waldershof AG vorm. Johann Haviland. Das Markenzeichen „Bavaria“ prägte den Export; Waldershof lieferte in viele Länder und etablierte damit die spätere Bedeutung des Standorts. (Frühe Akten sprechen ausdrücklich von internationaler Finanzierung und Vertriebskanälen, die den Absatz jenseits Deutschlands absicherten.)

Übernahme durch Rosenthal & Kriegsjahre (1937–1945)

1937 erwarb die Rosenthal Porzellan A.G. das gesamte Aktienpaket der Waldershofer Fabrik. Ab 1. Dezember 1938 leitete Rudolf Irrgang den Betrieb. Mit Kriegsbeginn 1939 wurde die Produktion stark eingeschränkt; viele Beschäftigte wurden eingezogen. Aufträge kamen vor allem aus dem Inland; der Betrieb arbeitete unter schwierigen Bedingungen (Zuweisungen von Kriegsgefangenen und später polnischen Zivilarbeitern, Abgabe von Flächen an ausgelagerte Betriebe). Waldershof blieb von Bombenschäden verschont, doch die Fabrikation endete mit dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen am 20. April 1945.

Wiederanlauf & Modernisierung (1946–1957)

Anfang 1946 erlaubte die Militärregierung die Wiederaufnahme der Produktion und übertrug die kommissarische Leitung an Hans Groh. Die erste Hauptversammlung der Rosenthal AG in Juni 1947 bestätigte Groh (kaufmännisch) und Hermann Krug (technisch, aus Marktredwitz) als Direktoren. Nach Aufräumung, Reparaturen und Materialzuteilungen stieg die Nachfrage stark. In den Jahren 1954/55 wurde eine moderne Tunnelofenanlage installiert, 1957 kam ein weiterer Glattbrandofen hinzu; alte Rundöfen wichen neuen Arbeitsräumen.

Waldershof im Rosenthal-Verbund (1950er–1990er)

In der Hochphase zählte das Werk nahezu 1.000 Beschäftigte und gehörte zu den größten Produktionsstätten des Konzerns. Der Umsatz vervielfachte sich seit der Übernahme; die „Haviland“-Erzeugnisse galten wegen Formschönheit und Qualität als stark exportfähig. Seit etwa 1960 bestand in New York eine Johann Haviland China Corporation als Vertriebsarm für den US-Markt – ein nüchternes Indiz für die konsequente Exportausrichtung des Standorts. Mit strukturellen Veränderungen der Branche und wachsendem Preisdruck in Europa wurde der Betrieb in Waldershof in den 1990er Jahren zurückgeführt; die Schließung des Werkes erfolgte Mitte der 1990er (1996).

Gegenwart & Einordnung (Stand: 2025)

Rosenthal produziert heute an verbliebenen Standorten in Deutschland und gehört seit 2009 zur italienischen Sambonet-Paderno-Gruppe. Konzernseitige Werkskonsolidierungen der Jahre 2024/25 markieren den langfristigen Trend zu konzentrierter Fertigung. Für Waldershof bleibt die Industriekultur prägend: Gebäude, Bilddokumente und Sammlerstücke mit der Marke „Johann Haviland / Bavaria“ sichern die Erinnerung an ein Werk, das über Jahrzehnte nach erprobten Fabrikationsprinzipien – Brennführung, Ofentechnik, Massenaufbereitung – verlässlich produzierte. Auf dem Sammlermarkt sind Service und Zierporzellane aus Waldershof weiterhin präsent; die Datierung stützt sich klassisch auf Bodenmarken, Formnummern und Dekorangaben.

Eckdaten Waldershof (kurz)

Jahr Ereignis Anmerkung
1907–1910 Eintragung & Aufbau der Fabrik; Produktionsstart Exportmarke „Bavaria“
1924 Porzellanfabrik Waldershof AG, vorm. Johann Haviland Firmierung der Zwischenkriegszeit
1937–38 Übernahme durch Rosenthal; Direktion Rudolf Irrgang Konzernintegration
1946–47 Wiederanlauf; Direktion Groh/Krug Materialzuteilung, Reparaturen
1954–57 Tunnelöfen & Glattbrandofen Austausch der Rundöfen
1960 ff. US-Vertrieb „Johann Haviland China Corporation“ Exportfokus USA
1996 Schließung des Werkes Waldershof Struktureller Rückzug
2025 Rosenthal-Konzern mit Standortkonsolidierung Fertigung in Deutschland fortgeführt
Hinweis: Für Sammler bleiben Bodenmarken („Johann Haviland / Bavaria“, Rosenthal-Marken) das zentrale Kriterium zur Einordnung – konservativ prüfen und mit Form-/Dekorangaben abgleichen.

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.