Kirchenlamitz & Winterling-Porzellan
Die Stadt Kirchenlamitz war über viele Jahrzehnte ein bedeutender Standort der oberfränkischen Porzellanindustrie. Besonders die Firma Winterling prägte das wirtschaftliche und kulturelle Leben vor Ort und trug den Namen Kirchenlamitz weit über die Region hinaus. Dieser Artikel zeichnet die Entwicklung von den Anfängen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts nach.
Die Anfänge in Kirchenlamitz
Die Geschichte von Winterling in Kirchenlamitz beginnt im frühen 20. Jahrhundert. 1920 wurde der Standort zu einer eigenständigen Porzellanfabrik ausgebaut. Innerhalb kurzer Zeit entstanden fünf neue Rundöfen, die auf die wachsende Nachfrage nach Gebrauchsporzellan und dekorativen Artikeln ausgerichtet waren. Damit etablierte sich Kirchenlamitz fest in der oberfränkischen Porzellanszene, die in dieser Zeit von Expansion und Innovationsfreude geprägt war.
Die Winterling-Gruppe setzte früh auf eine Mischung aus traditionellem Handwerk und moderner Serienfertigung. Dies erlaubte es, sowohl für regionale Märkte als auch für den Export zu produzieren. Kirchenlamitz war damit nicht nur Produktionsort, sondern auch ein wichtiger Arbeitgeber, der über Jahrzehnte zahlreiche Familien ernährte.
Ausbau und Blütezeit
In den folgenden Jahrzehnten erlebte die Fabrik eine deutliche Erweiterung. Neue Produktionshallen, verbesserte Öfen und die fortschreitende Mechanisierung führten zu einer Steigerung der Produktionsmengen. Winterling war stets darauf bedacht, die Qualität des Porzellans hochzuhalten, während gleichzeitig die Effizienz verbessert wurde. In den 1950er- und 1960er-Jahren beschäftigte die Firma mehrere hundert Mitarbeiter allein in Kirchenlamitz.
Besonders beliebt waren die klassischen Gedecke, Kaffeeservices und Zierschalen, die oft mit Goldrändern oder farbenfrohen Dekoren versehen wurden. Diese Produkte fanden nicht nur in Deutschland, sondern auch auf internationalen Märkten Abnehmer. Kirchenlamitz stand damit im Mittelpunkt einer Porzellanproduktion, die eng mit der Identität der Region verbunden war.
Winterling AG und Niedergang
Ein entscheidender Einschnitt erfolgte 1992, als sich das Unternehmen in die Winterling Porzellan AG umwandelte und Kirchenlamitz zum offiziellen Hauptsitz wurde. Mit dieser Umstrukturierung wollte man die Wettbewerbsfähigkeit stärken und die Position am nationalen sowie internationalen Markt festigen. Doch die allgemeine Krise der deutschen Porzellanindustrie machte auch vor Kirchenlamitz nicht halt.
Preisgünstige Importe, veränderte Konsumgewohnheiten und Überkapazitäten führten zu einem stetigen Rückgang der Nachfrage. Schließlich meldete die Winterling AG im September 1999 Insolvenz an. Damit endete die Ära einer der bekanntesten Porzellanfabriken Oberfrankens, die über Jahrzehnte hinweg für Qualität und handwerkliches Können gestanden hatte.
Kirchenlamitz und die Erinnerung an Winterling
Auch nach der Schließung bleibt das Erbe von Winterling in Kirchenlamitz spürbar. Die Stadt hat durch die Porzellanproduktion eine lange industrielle Tradition, die das Ortsbild und das Selbstverständnis der Bevölkerung geprägt hat. Sammler und Liebhaber suchen bis heute nach Winterling-Porzellan aus Kirchenlamitz, da es für Qualität, elegante Formen und charakteristische Dekore steht.
Das Kapitel Winterling zeigt eindrucksvoll, wie eng die Entwicklung einer Stadt mit einer einzigen Fabrik verbunden sein kann. Kirchenlamitz verdankt Winterling einen wichtigen Teil seiner industriellen Identität – und die Erinnerung daran bleibt, auch wenn die Öfen längst erloschen sind.
Der Kirchenlamitzer Werner Bergmann hat alle wesentlichen Fakten über die Unternehmens-Gruppe zusammengetragen. Mehr als 100 Jahre ging es mit der Firma Winterling stetig bergauf; nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft begann der Niedergang. Der Kirchenlamitzer Geschichts- und Heimatforscher hat die Geschichte des Porzellanherstellers, der noch kurz vor seiner Insolvenz zum bundesweiten Branchenprimus aufgestiegen war, genau aufgearbeitet. Unter dem Titel „Weißes Gold aus Kirchenlamitz“ hat Bergmann akribisch die wesentlichen Fakten der Entwicklung des Familienunternehmens dokumentiert.
Ergänzend zu Winterling zeigt die Manufaktur Rudolf Wächter die feindekorative Seite der Kirchenlamitzer Porzellantradition.
➜ Zu Rudolf Wächter