Porzellanmanufaktur Parbus in Oberkotzau
Die Porzellanmanufaktur Parbus in Oberkotzau zählt zu den traditionsreichen Unternehmen der oberfränkischen Porzellangeschichte. Sie wurde im Jahr 1904 als „Manufaktur dekorierter Porzellane Rudolf Parbus“ gegründet und im Firmenregister des Königlichen Amtsgerichts Hof eingetragen. Gründer Rudolf Parbus hatte bereits vor 1900 Erfahrung im kunsthandwerklichen Bereich gesammelt und legte mit seiner Werkstatt den Grundstein für ein Unternehmen, das fast ein Jahrhundert überstehen sollte.
Bereits 1909 wurde das Unternehmen in die Parbus & Co. GmbH umgewandelt, mit einer Zweigniederlassung in Berlin, um internationale Handelswege zu erschließen. Ein emblematisches Beispiel dieser frühen Phase ist das Stabhenkelservice um 1910, veredelt mit Stahldruck, Handmalerei und Emailleauflagen.
Nach dem Ersten Weltkrieg führten die Söhne Ernst, Andreas und Hans Parbus das Geschäft weiter. 1922 wurde das Unternehmen in Rudolf Parbus & Söhne OHG umbenannt. In dieser Zeit baute man starke Exportbeziehungen auf: England, Holland, Nord- und Südamerika, Kanada, Südafrika und Indien gehörten zu den Abnehmern. Die Produktpalette umfasste Teeservices, Kuchensätze, Obstschalen, Kinderserien, Tassen und Mugs.
Ab den 1920er-Jahren war handbemaltes Bauerndekor besonders gefragt. 1933 gründete Hans Parbus die Porzellanmanufaktur Leni Parbus. 1935 entstand ein ungewöhnlich japanisch inspirierter Teeservice mit Drachenmotiven – vollständig in Oberkotzau gefertigt, obwohl es wie ein Importprodukt wirkte; die Formen stammten von Greiner & Herda.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden viele Handbemalungen, Zierporzellan und Schalen. In den 1960er-Jahren folgten Dekore mit Goldtiefätzung, die das luxuriöse Flair der Zeit widerspiegelten. 1975 trug das Unternehmen offiziell die Bezeichnung Porzellanmanufaktur Leni Parbus KG.
Der Strukturwandel traf auch Parbus. 1999 wurde beim Amtsgericht Hof das Insolvenzverfahren eröffnet – damit endete die über 90-jährige Firmengeschichte.
Bedeutung & Nachwirkung
Die Parbus-Manufaktur steht beispielhaft für die Verbindung von handwerklicher Tradition und internationalem Handel in Oberfranken. Besonders die frühen Services mit Bauerndekor oder das seltene Drachenservice gelten heute als begehrte Sammlerstücke und bewahren das Erbe der Manufaktur lebendig.
Porzellanfabriken in Oberkotzau
- Greiner & Herda (1886–1943): Dekorationsatelier mit späterer Eigenproduktion, bis zu 200 Mitarbeitende.
- Neuerer KG / Elektroporzellanfabrik Hans Neuerer (1943–1982): Übernahme durch Neuerer, später Fokus auf technisches Porzellan (Marken: Aromat / Aromator).
- Porzellanmalerei Leni Parbus / Erich Parbus (1904–2005): Dekorationsbetrieb mit handwerklicher Ausrichtung, lange Familientradition.
Diese Unternehmen spiegeln die Entwicklung der Oberkotzauer Porzellanindustrie – von kunsthandwerklicher Tradition über technologische Spezialisierung bis zur individuell gefertigten Dekorationskunst.
Porzellanfabriken in Oberkotzau – Greiner & Herda und Neuerer KG
Oberkotzau war über Jahrzehnte ein wichtiger Standort der Porzellanindustrie im Fichtelgebirge. Besonders hervorzuheben sind die Fabriken Greiner & Herda (1886–1943) sowie die Neuerer KG / Elektroporzellanfabrik Hans Neuerer (1943–1982). Sie zeigen exemplarisch den Wandel vom kunsthandwerklich geprägten Dekorationsatelier hin zur industriellen Fertigung von Haushalts- und Elektroporzellan.
Historische Timeline
Jahr | Ereignis |
---|---|
1886 | Gründung von Greiner & Herda als Porzellanmalerei/Dekorationsatelier |
1905 | Beginn eigener Porzellanproduktion |
1920 | Bis zu 200 Beschäftigte, Export v. a. nach England & USA |
1943 | Auflösung von Greiner & Herda; Übernahme durch Hans Neuerer |
1950er | Neuerer KG spezialisiert sich auf Elektroporzellan (Filter „Aromat“) |
1982 | Schließung der Neuerer KG, Ende der Porzellanproduktion in Oberkotzau |
Greiner & Herda (1886–1943)
Die Firma Greiner & Herda wurde 1886 gegründet und begann zunächst als reines Dekorationsatelier, das Weißware aus Rehau, Selb und Thüringen veredelte. Ab 1905 erfolgte die eigene Porzellanproduktion, wodurch das Unternehmen rasch an Bedeutung gewann.
Besonders die Exporte in die USA machten Greiner & Herda bekannt: Mit der Firma George H. Bowman Co. in Cleveland wurde eine enge Partnerschaft aufgebaut, die über Jahrzehnte stabile Aufträge sicherte.
Um 1920 beschäftigte die Fabrik rund 200 Mitarbeiter und zählte zu den wichtigen Arbeitgebern in Oberkotzau. Produziert wurden Tafelgeschirre, Zierporzellan und Serviceformen. Die Bodenmarke lautete „G&H Bavaria“.
Mit den Kriegsjahren geriet das Unternehmen in Schwierigkeiten. 1943 kam es schließlich zur Auflösung – die Anlagen übernahm Hans Neuerer.
Neuerer KG / Elektroporzellanfabrik Hans Neuerer (1943–1982)
Nach der Übernahme durch Hans Neuerer 1943 wurde das Werk als Neuerer KG weitergeführt. Während anfangs noch klassisches Tafelgeschirr produziert wurde, spezialisierte sich die Fabrik in den 1950er-Jahren zunehmend auf technisches Porzellan.
Besonders bekannt wurden die Haushaltsprodukte wie die Kaffeemaschinen-Filtereinsätze „Aromat“ und „Aromator“, die in vielen deutschen Küchen Einzug hielten. Damit schlug das Unternehmen eine Brücke zwischen traditioneller Porzellanverarbeitung und moderner Haushaltstechnik.
In den 1950er-Jahren beschäftigte die Fabrik rund 80–100 Mitarbeiter. Der Markt blieb vor allem auf Deutschland und Teile Westeuropas konzentriert.
1982 wurde die Produktion eingestellt – damit endete die über 90-jährige Porzellantradition in Oberkotzau.
Porzellinstandorte & Museen: Oberkotzau – Rehau – Selb – Hohenberg
Diese Region ist durch eine tiefe Porzellankultur verbunden – Maschinenfabriken, Dekorationsateliers und renommierten Museen. Hier eine Übersicht der bedeutendsten Orte:
Rehau – Porzellanfabriken
- Zeh Scherzer (Rehau) – Exportschwerpunkt, US-Marktzugang, um 1 000 Beschäftigte; 1992 erloschen, Standort heute Rehau AG.
- Hertel & Jacob (Rehau) – Gegründet 1906; Marken „Rehau Bavaria“ / „US Zone“; 1969 Produktionsende nach Übernahme durch Melitta.
Selb – Rosenthal & Porzellanikon
- Chronik – Rosenthal (Selb) – Gründungs- und Unternehmensgeschichte des Exportunternehmens mit Designtradition.
- Porzellanikon Selb-Plößberg – Europas größtes Porzellanmuseum mit Industrie-, Technik- und Rosenthal-Museum, ERIH-Mitglied.
Hohenberg – Museum der Deutschen Porzellanindustrie
Eröffnet am 10. August 1982 in der ehemaligen Hutschenreuther-Villa: das Porzellanmuseum (heute „Museum Porzellanikon“), wichtiger Gliedpunkt der Porzellinstrasse. Zeigt Porzellangeschichte des Fichtelgebirges.
Mehr zum Museum in Hohenberg →Porzellanfabrik Moschendorf (Hof-Moschendorf)
- Gegründet: 1878 von Hermann Kühnert & Magnus Tischer.
- 1906: ca. 600 Mitarbeitende. Ab 1909 Leitung durch Otto Reinecke.
- Produktion: Gebrauchsporzellan & Luxuswaren. Beliebt: Strohhalmdekor 1915–1957.
- Export: Märkte in Europa (Berlin, Paris, London) und Amerika.
- Schließung: 1957 – nach knapp 80 Jahren Unternehmensgeschichte.