Porzellanfachschule Selb

Staatliche Fachschule für Porzellan – Geschichte

Staatliche Fachschule für Porzellan – historische Aufnahme
Wenn man von der offiziellen Eröffnung der Staatlichen Fachschule für Porzellan am 1. April 1909 – damals benannt als „Fachschule für Porzellanindustrie“ – zurückblickt, so findet man als erstes schriftliches Dokument im Staatsarchiv Bamberg einen Antrag vom Kommerzienrat Philipp Rosenthal in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des „Verbandes der Porzellan-Industriellen von Oberfranken und Oberpfalz“, datiert vom 9. Februar 1901 und gerichtet an die „Königlich Bayerische Kreisregierung von Oberfranken in Bayreuth“. In diesem Schreiben wird dringlichst gebeten, in Oberfranken eine Zeichen- und Modellschule zur Förderung der keramischen Industrie zu errichten. Es wird erwähnt, daß man von der Planung einer Zeichen- und Malschule in Weiden vernommen habe und verdeutlicht, daß in Oberfranken fünfmal so viel Arbeiter in der Porzellanindustrie beschäftigt seien, als in der Oberpfalz. Deswegen komme auch nur Selb oder Hof für die Errichtung einer solchen Schule in Frage.
Anscheinend muß diese Malschule in Weiden schon vor längerer Zeit geplant gewesen sein und auch zur Entscheidung angestanden haben, da Philipp Rosenthal schon 4 Tage nach seinem 1. Antrag am 13. Februar 1901 ein weiteres Schreiben an die Regierung von Oberfranken richtete, in dem er kurz und lapidar ergänzend mitteilt, daß die in Oberfranken erzeugten „Porzellan-Gebrauchsgeschirre in der Hauptsache nach Amerika expediert werden“. Als weitere wichtige Exportländer gibt er Dänemark, Schweden, Norwegen, Schweiz, Holland, Belgien und England an. Weniger umfangreich bezeichnet er die Ausfuhr nach Rußland. Frankreich und Italien.
Obwohl er in diesem Brief kein Wort über die Bedeutung des Exportes für die Bayerische Wirtschaft verliert, muß dieser sachliche aber deutliche Hinweis sehr effektiv gewesen sein. Am 31. Mai 1901 verfügt das „Königliche Bayerische Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten“ in München, daß in Weiden keine Malschule errichtet wird. Damit war zwar vorläufig ein aktueller Konkurrent ausgeschaltet, aber das Ringen um die tatsächliche Neugründung einer Fachschule für Porzellan war noch lange nicht ausgestanden.
In den folgenden Jahren mußten vom Verband der Porzellanindustriellen von Oberfranken und Oberpfalz Denkschriften und Untersuchungen über den Zweck und die Organisationsform der Schule ausgearbeitet werden, die mit jeweiligen, erfreulicherweise überwiegend positiven Stellungsnahmen der Regierung von Oberfranken dem Staatsministerium in München vorgelegt wurden. Auch über den Standort der Schule wurde schon am 12. August 1902 auf Betreiben von Kommerzienrat Rosenthal im Selber Stadtmagistrat unter Bürgermeister Pöhlmann ein Beschluß gefaßt, in dem sich Selb verpflichtete, geeignete Schulräume zur Verfügung zu stellen. Die Aussichten für die Fachschule in Selb schienen sich, wenn auch langsam, positiv zu entwickeln. Anscheinend völlig überraschend und unerwartet erhält die Regierung von Oberfranken mit Datum vom 5. Januar 1904 aus dem Bayerischen Staatsministerium eine schriftliche Anweisung, den Verband der Porzellanindustriellen von der Entscheidung zu unterrichten, daß wahrscheinlich die Bedürfnisse der Porzellanindustrie hin- sichtlich der Ausbildung des fachlichen Nachwuchses von den bereits bestehenden Fachschulen in Landshut (Töpferei) und Zwiesel (Glas) abgedeckt werden können.
Als erste schriftliche Reaktion auf diese Hiobsbotschaft findet sich im Staatsarchiv Bamberg ein geharnischter Protestbrief von Philipp Rosenthal, datiert vom 15. April 1904 und abgesandt aus dem Grand Hotel in Florenz an die Regierung von Oberfranken. Rosenthal befand sich anscheinend auf einer längeren Geschäftsreise im Ausland und erfuhr erst relativ spät von der Empfehlung des Staatsministeriums. Nach Selb zurückgekehrt, verfaßte er am 20. Juni 1904 ein ausführliches Verbandsschreiben, in dem er nach nochmaliger Überprüfung die Fachschulen als nicht kompetent und ohnehin räumlich zu weit entfernt vom Zentrum der Porzellanindustrie bezeichnet. Neben den nicht tragbaren Kosten für Schüler nach einem so entfernten Ausbildungsort, verweist er in einer nachstehend wörtlich zitierten Passage auf zusätzliche Abwanderungstendenzen junger Fachkräfte; ein auch heute hochaktuelles und durch die Grenzsituation verstärktes Problem des nordostoberfränkischen Raumes:
„Es hat sich ferner auch als recht unliebsame Erfahrung gezeigt, dass die jungen Leute durch längere Abwesenheit aus der Heimat dieser und der heimischen Industrie entfremdet werden und sie sich nach Vollendung der Studien ganz anderen kreisen und sogar anderen Branchen und zwar den in den Grossstädten bestehenden Industrien zuwenden“
Auch die Handels- und Gewerbekammer Oberfranken unterstützt jetzt fast gleichzeitig mit den Porzellanindustriellen Oberfrankens in einem Schreiben vom 23. Juni 1904 die Gründung einer Porzellanfachschule in Oberfranken. Als beweiskräftiger Beleg wird der Regierung von Oberfranken der damalige Bestand von 37 Porzellanfabriken und Porzellanmalereien mit ca. 7500 Arbeitern in Oberfranken mitgeteilt. Nach Überprüfung aller Probleme und wirtschaftlicher Gegebenheiten befürwortet schließlich die Regierung von Oberfranken unter dem Regierungspräsidenten Rudolph Freiherr von Roman zu Schernau mit einem Gutachten vom 29. Juli 1905 beim Königlich-Bayerischen-Staatsministerium den Antrag des Verbandes in vollem Umfang. Es bedurfte zwar noch vieler schriftlicher Erläuterungen, so einer weiteren Denkschrift des Verbandes der Porzellanindustriellen vom 9. Januar 1906, bis endlich die zu gründende Fachschule für Porzellanindustrie genehmigt wurde. Diese Vorschule nahm am 19. Mai 1908 einen vorbereitenden Unterricht im Zeichnen und Malen mit 46 Schülern im kleinen Rathaussaal der Stadt Selb auf. Am 1. April 1909 wurde – laut Genehmigung des Staatsministeriums vom 7. Februar 1909 – die Königlich-Bayerische Fachschule für Porzellanindustrie in Selb eröffnet. Ohne die vielleicht vorher mündlich getätigten Erkundungen und Anträge war so eine mehr als achtjährige Vorarbeit bis zur Gründung der Schule notwendig.
Auch die Suche nach einer geeigneten Persönlichkeit, die in der Lage war, eine Schule auf kunstgewerblicher Basis aufzubauen und zu leiten, gestaltete sich schwierig. Schon in den Jahren 1906/07 muß Rosenthal mehrmals Herrn Ministerialrat von Blaul im Staatsministerium aufgesucht und bedrängt haben, umgehend durch ein „Ausschreiben“ einen jungen befähigten Künstler zu suchen. Diese Tatsache kann aus den persönlichen Aufzeichnungen von Prof. Fritz Klee gefolgert werden, der 1907 ohne sein Zutun zu Ministerialrat von Blaul gebeten wurde und erfuhr, daß zwar 27 Angebote für diese Aufgabe eingegangen seien, unter denen aber keine geeignete Person sich befände. Fritz Klee war zu diesem Zeitpunkt seit drei Jahren beim Stadtbauamt München als Architekt beschäftigt und bearbeitete auch private architektonische und kunstgewerbliche Aufträge. Herr von Blaul eröffnete Fritz Klee, daß er von vielen Stellen als der geeignete Mann für den Aufbau und die Leitung der Schule bezeichnet werde. Auch Rosenthal war bei einem später in seiner Münchner Wohnung arrangierten persönlichen Gespräch von diesem Mann beeindruckt und teilte dem Ministerium sein volles Einverständnis mit.
Fritz Klee selbst war aber anfänglich gar nicht an dieser Aufgabe interessiert. Er lehnte es strikt ab, seinen umfangreichen Tätigkeitsbereich und die Arbeitsmöglichkeiten in der Künstlerstadt München gegen eine ungewisse Aufgabe in einem kleinen „Industrieort in der Provinz“ einzutauschen. Auch ein Informationsbesuch in Hof und Selb, den er auf Ersuchen von Ministerialrat von Blaul im Einvernehmen mit Kominerzienrat Rosenthal durchführte, änderte seinen Standpunkt vorläufig nicht. Viele Gespräche und sanfter Druck vom Ministerium waren notwendig, bis Fritz Klee schließlich bereit war, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen.
Die Staatliche Fachschule für Porzellan, heute eine der drei Schulen des Staatlichen Berufsbildungszentrums für Keramik in Selb, zeigt in ihrer Geschichte die typischen Merkmale einer eng mit der regional ansässigen Industrie verbundenen Schule. Im Zentrum der keramischen Industrie, insbesondere der Porzellanmdustrie Nordostbayerns angesiedelt, spiegelt sie in ihrer Entwicklung einmal fast ortsgebunden die jeweiligen Gegebenheiten dieser Industrie wieder, erreicht aber auch, wie die stark exportierende Industrie, nationale und internationale Bedeutung. Zwangsläufig treten so Besonderheiten auf, die vom üblichen Verlauf einer Schulgeschichte abweichen.
Als schließlich am 1. April 1909 die staatliche Fachschule für Porzellanindustrie in Selb offiziell eröffnet wurde, hatte sich an den räumlichen Schwierigkeiten praktisch nichts geändert. Untergebracht war man jetzt in einem alten Schulgebäude, dem heutigen Haus der Jugend, Karl-Marx-Straße 6, denn der große Brand von 1856 hatte nur wenige Häuser unversehrt gelassen und an die Errichtung eines Schulneubaues war vorläufig nicht zu denken. Prof. Klee beklagte in seinen Erinnerungen die dunklen, finsteren Räume, in denen der Hausschwamm wucherte. Die Möglichkeiten, selbst Porzellan oder Dekorationen zu brennen, bestand überhaupt nicht. Diese wichtigen Tätigkeiten mußten in den Selber Fabriken durchgeführt werden, wobei es viel Ärger wegen zeitlicher Verzögerung oder gar Verschwinden der Teile gab.
Trotz dieser widrigen Umstände wurde von Anfang an beste Arbeit geleistet. Dies geht auch aus einem Schreiben des Staatsministeriums vom 9. Juni 1910 hervor, in dessen Auftrag der Regierungs- und Studienrat Dasio die Fachschule in Selb am 19. April besuchte. Er konstatierte, daß der Schulbetrieb insgesamt einen sehr guten Eindruck machte, lobt die kunsthandwerklichen und technischen Leistungen und vermerkt auch deutlich einige gravierende Mängel am Schulgebäude.
Schon frühzeitig gingen deshalb alle Bestrebungen dahin, ein neues Schulgebäude zu errichten, das nicht nur genügend Unterrichtsraum bot, sondern auch Platz für die notwendigen technischen Einrichtungen zur Porzellanherstellung vorsah. Nachdem 1913 ein entsprechendes Grundstück von den Selber Porzellanindustriellen Franz und Jette Heinrich sowie Ernst Adler gestiftet wurde, beschloß der Stadtrat Selb unter dem damaligen Bürgermeister Marquart nach Vorgesprächen beim Staatsministerium am 13. Dezember 1914 den Fachschulneubau in Angriff zu nehmen Prof. Fritz Klee als Architekt und Fachschulleiter entwarf entsprechende Pläne, die aber von der Obersten Baubehörde des Ministeriums mit der Bemerkung, es handle sich hier um keine Schule, sondern eher um eine Porzellanfabrik, zurückgewiesen wurden. Daraufhin von der Baubehörde erstellte Pläne konnten wiederum nicht die Zustimmung der Porzellanindustrie finden, da diese fast quantitativ dem Bausystem von Volks- oder Realschulen entsprachen. Man einigte sich schließlich nach längeren schwierigen Debatten auf einen etwas veränderten und raummäßig verkleinerten Klee-Entwurf. Es sollte aber, bedingt durch die Kriegszeit, durch die Schwierigkeiten bei der Finanzierung und andere widrige Umstände noch Jahre dauern bis endlich 1919 mit dem Bau begonnen werden konnte, der dann 1921 endgültig bezugsfertig war.
Endlich waren somit auch die schulischen Einrichtungen geschaffen, die für die Ausbildung des so dringend benötigten qualifizierten Nachwuchses für die Porzellanindustrie Voraussetzung waren. Der Staatlich geprüfte Porzellanmodelleur bzw. Porzellanmaler als Absolvent der Fachschule für Porzellanindustrie wurde zu einem wertvollen Mitarbeiter in der Industrie. Die große Zahl der Fachschulabsolventen, die teilweise in den höchsten leitenden Stellen der Porzellanindustrie aufsteigen konnten, waren nachträglich ein stolzer Beleg für die Richtigkeit der anfänglich umstrittenen Gründung dieser Schule. Voraussetzungen für diese langfristigen Erfolge waren aber auch die großen Leistungen von Prof. Klee und seinen qualifizierten Lehrern. Entsprechend der Situation in der damaligen Industrie, die durch wenig neue und eigene Entwürfe bei Formgebung und Dekoration, sondern durch marktorientierte, gut verkäufliche Imitationen gekennzeichnet war, forderte er frühzeitig, daß „Künstler herangebildet werden, die soviel technische und wirtschaftliche Vorbildung in diesem Industrie-Zweig haben, daß sie befähigt sind, geschmackvolle, technisch ausführbare und auch gut verkäufliche Erzeugnisse herauszubringen.“
Hochinteressant ist auch seine damalige Feststellung, daß „außenstehende Künstler“ zwar neue originelle Ideen brächten, die aber einerseits an den Möglichkeiten der Fabrikationstechnik ungenügend orientiert seien und daß andererseits die Künstler zu erhaben seien, um auch auf die Wünsche der kaufmännischen Abteilung Rücksicht zu nehmen. Diese bemerkenswerte Erkenntnis klingt ja heute noch im Zeitalter der teamwork zwischen Künstler, ausführendem Handwerker, Techniker und Kaufmann vielen Praktikern nicht ganz fremd. Auch manche seiner eigenen und seiner Lehrer Arbeiten fanden Eingang in die Produktionsprogramme verschiedener Porzellanfabriken. Prof. Klee war bis 1939 Direktor der Fachschule.
Fritz Klee verlässt die Schule
Als er nach 31 Jahren auf eigenen Wunsch frühzeitig Selb verließ, geschah dies mit einer gewissen Resignation, die diesen Mann liberaler Gesinnung in den letzten Jahren seiner Tätigkeit aus verschiedenen Gründen erfaßt hatte. In den folgenden Jahrzehnten riß der Kontakt zwischen Schule und ihm fast vollkommen ab. Glücklicherweise konnte in seinen letzten Lebensjahren, bevor er kurz nach seinem 100. Geburtstag 1976 starb, wieder eine freundliche Verbindung mit der Schulleitung hergestellt werden. Deswegen war auch das 75-jährige Jubiläum der Fachschule Anlaß und Verpflichtung, dieser wichtigen Persönlichkeit in einer Prof. Fritz Klee – Ausstellung besonders zu gedenken.
Rudolf Lunghard
Zum Nachfolger wurde 1939 Direktor Rudolf Lunghard berufen, der bereits damals 13 Jahre Lehrtätigkeit an der keramischen Abteilung der Staatlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart aufweisen konnte. Obwohl seiner Neigung und Ausbildung nach vornehmlich dem kreativen Teil des Fachgebietes verbunden, war es sein Verdienst, sehr bald weitblickend die Notwendigkeit einer Anpassung der Ausbildungsmöglichkeiten an der Staatlichen Fachschule für Porzellan an die zunehmende Technisierung und Mechanisierung der Produktionsabläufe in der keramischen Industrie zu erkennen und diese vorzunehmen.
Eine umfassende Kenntnisvermittlung des technischen und handwerklich- künstlerischen Bereiches war in nur einem Ausbildungsgang nicht mehr erfolgreich realisierbar. Die im Einvernehmen mit der Porzellanindustrie an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus gerichteten Anträge hatten schon am 21. Juni 1941 mit der Gründung einer chemisch-technischen Abteilung Erfolg. Gleichzeitig wurde die Schule zur Meisterschule für Porzellan ernannt. Die Abteilungen für Handwerk und Kunst und die neue technische Abteilung standen sich aber nicht als isolierte Einheiten gegenüber. Eine gegenseitige Durchdringung auch durch den übergreifenden Einsatz des Lehrpersonals je nach dessen spezieller Qualifikation, brachte bei aller Spezialisierung ein gemeinsames Ausbildungsziel im Sinne der Fortentwicklung der Industrie.
Die Kriegs- und Nachkriegszeit wirkte sich natürlich für die Entwicklung beider Abteilungen hemmend aus. Das Gebäude der Fachschule war zwei Jahre von der Besatzungsmacht belegt. Neue Einrichtungen, Geräte und Materialien konnten aber mit Hilfe des Kultusministeriums und der Industrie relativ schnell beschafft werden, so daß der Schulbetrieb 1948/49 wieder mit voller Intensität aufgenommen werden konnte. Durch die konsequente Erweiterung und Aktualisierung des Bildungsangebotes konnte die chemisch-technische Abteilung 1951 in den Rang einer Ingenieursabteilung erhoben werden. Die Schule erhielt die Bezeichnung „Staatliche Höhere Fachschule für Porzellan“. Dank der engen Verbindung Direktor Lunghards zur keramischen Industrie und seiner unermüdlichen Werbung für die Schule konnte 1954 mit Hilfe einer großzügigen Spende der Industrie und mit tatkräftiger Unterstützung des Bayerischen Staates die bauliche Erweiterung der Fachschule erfolgen. In diesem Neubau wurde überwiegend die Ingenieurabteilung untergebracht, wobei aber nach wie vor enger fachlicher Kontakt mit der werkkünstlerischen Abteilung gepflegt wurde. Aus Anlaß des 50-jährigen Jubiläums der Fachschule im Jahre 1959 würdigte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus die Leistung der Schule durch die Verleihung der zusätzlichen Bezeichnung „Johann-Friedrich-Böttger-Institut“.
Als Direktor Lunghard 1967 in den Ruhestand trat, konnten er und seine Lehrkräfte auf eine stolze Bilanz zurückblicken. Zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Ausstellungen im In- und Ausland, nationale und internationale Preise geben einen Einblick in die erfolgreiche Arbeit der Schule. Auch persönliche Arbeiten und Entwürfe von R. Lunghard fanden Eingang in die Industrie und wurden prämiert.
Heinz Mostetzky
Als Dipl.-Phys. Heinz Mostetzky die Nachfolge als neuer Fachschuldirektor antrat, widmete er seine ganze Kraft der fachlichen Erweiterung der Ingenieurausbildung auf dem Gebiet der Gesamtkeramik, die schon durch neue Lehrkräfte in den Jahren zuvor in Angriff genommen worden war. In verstärktem Maße wurden Abschlußarbeiten mit Hilfe der Industrie oder direkt in den Betrieben durchgeführt. Diese erfreuliche Entwicklung wurde jedoch bald durch die allgemeine Änderung im Ingenieur-Schulwesen gestört. Die Anerkennung des bewährten, praxisorientierten Polytechnikumingenieurs im EG-Raum und damit die Freizügigkeit der Niederlassung wurden in Frage gestellt. In Folge dessen wurden die Fachhochschulen neu gegründet. Auch die Selber Ingenieur-Abteilung wurde zur Fachhochschulabteilung und damit in ihrer Existenz gefährdet. Alle Versuche, die Ingenieurabteilung in Selb zu halten, scheiterten. 1973 wurde die FH-Abteilung an die FH-Nürnberg verlegt und schloß sich unter der Leitung von Prof. (FH) Dr. Heinz Mostetzky mit den entsprechenden Abteilungen aus Zwiesel (Glas) und Landshut (Ziegel) zu einem neuen Fachbereich „Werkstofftechnik der NA Werkstoffe“ zusammen.
In Selb verblieben als dürftiger Rest die Werkkunst-Abteilung, deren Schülerzahl während der Wirren um die FH-Abteilung auf ein klägliches Minimum abgesunken war und die 1971 gegründete, auch noch nicht recht lebensfähige dreisemestrige Technikerschule. Abgesehen von den kriegsbedingten Stagnationen war somit ein absoluter Tiefpunkt in der Geschichte der Staatlichen Fachschule für Porzellan erreicht. Die Schulleitung übernahm Dr. Robert Harth.
Entscheidend für einen neuen Aufschwung war einmal die Gründung der Staatlichen Berufsschule für keramische Berufe, in der alle keramischen Ausbildungsberufe aus ganz Bayern im Blockunterricht beschult wurden, durch das Kultusministerium und den Landkreis Wunsiedel i.F., der als Schulaufwandsträger ohne Zögern sich zur Verfügung stellte. Zusätzlich wurden die Schülerzahlen der Staatlichen Fachschule ftir Porzellan und der schon 1974 auf vier Semester erweiterten Keramtechnikerschule durch eine mit aller Anstrengung durchgeführte Werbeaktion in Form von überregionalen Presse- mitteilungen, Ausstellungen, Informationen sämtlicher Beratungsstellen der Arbeitsämter und andere Maßnahmen innerhalb weniger Jahre wieder gesteigert. Für den Bereich der Staatlichen Fachschule für Porzellan mußten schon ab 1977 wegen der Vielzahl der Bewerber Aufnahmeprüfungen eingeführt werden. Diese intensiven „Rettungsaktionen“ für die Fachschule konnten nur durch vorbehaltslose Zusammenarbeit des Verbandes der Keramischen Industrie e. V. und verschiedener Finnen mit der Schulleitung realisiert werden.
Mit dem 1. August 1975 ist in Selb offiziell das Staatliche Berufsbildungszentrum für Keramik unter einheitlicher Leitung entstanden. Es umfaßt neben der 1909 gegründeten Stammschule – der Staatlichen Fachschule für Porzellan -, die Staatliche Fachschule für Keramtechnik und die Staatliche Berufsschule II für keramische Berufe, an der außer den keramischen Ausbildungsberufen inzwischen auch ein Schwerpunkt für Laborberufe wie Baustoffprüfer, Werkstoffprüfer, Stoffprüfer, Physik- und Chemielaboranten geschaffen wurde. Nachdem der Landkreis Wunsiedel 1977 auch den sächlichen Schulaufwand für die beiden Fachschulen übernommen hatte, ergab sich an Hand der bis heute stetig steigenden Schülerzahlen der Staatlichen BS II und der Staatlichen Fachschule für Porzellan sehr bald die Notwendigkeit von baulichen Erweiterungen. Am I. März 1984 konnte der 1. Erweiterungsbau eingeweiht werden, dem noch zusätzliche Laborgebäude und Umbaumaßnahmen in den Altbauten folgten. Durch die engagierte und großzügige Hilfe der zuständigen staatlichen Institutionen und des Landkreises Wunsiedel, der im Bereich des beruflichen Schulwesens sehr große Anstrengungen unternommen hat, konnte so eine traditionsreiche, national und international renommierte Schule nicht nur zu einem neuen Aufschwung gebracht, sondern auch durch die Einbettung in die schulische Organisationsform des Berufsbildungszentrums, einer gesicherten Zukunft zugeführt werden.
Literaturverzeichnis:

Bohrer Hermann, Selb – Eine Kirchen- und Heimatkunde. Verlag des Evangelischen Gemeindeblattes Kirchenlamitz-Selb, Sitz Selb; 1930
Festschrift 75 Jahre Staatliche Fachschule für Porzellan. Staatliches Berufsbildungszentrum für Keramik Selb. Herausgeber Verein der Freunde des Johann- Friedrich-Böttger-lnstituts e. V. Selb und Staatliches Berufsbildungszentrum für Keramik, Selb 1984
Heinrich Helmut. Artikel Friedrich Wilhelm Hagen im Heimatkalender für Fichtelgebirge und Frankenwald; 1977

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.