Entwurf & Herstellung
Das als Mehrzweckservice konzipierte Kunststoffgeschirr wurde 1963 vom finnischen Designer Tapio Wirkkala (1915–1985) entwickelt. Grundlage war das von der BASF AG neu geschaffene Material Luran® (Styrol-Acrylnitril), das sich durch hohe Bruchfestigkeit und Temperaturbeständigkeit auszeichnete. Produziert wurde das Service von den Bolta-Werken Nürnberg, die Lizenz lag bei der Porzellanfabrik Thomas, welche auch für den Vertrieb verantwortlich zeichnete.
Die Vermarktung erfolgte unter unterschiedlichen Namen: Zeitungsanzeigen nennen „Form Helsinki“, Originalkartons tragen die Bezeichnung „Service Universa“, während ein Prospekt von 1964 das Geschirr schlicht „Thomas-Luran“ bezeichnete.
Markteinführung & Wettbewerbe
Die offizielle Präsentation erfolgte 1964 auf der Hannover-Messe. Thomas positionierte das Set als modernes Zusatzprogramm „für das Wohnen im Freien, auf Reisen, im Büro oder auf Partys“. Parallel nahm es an der renommierten Ausstellung „Die gute Industrieform“ teil, wo jährlich besonders formal gelungene Industrieprodukte vorgestellt wurden.
Der Entwurf Wirkkalas ging auf den von der BASF ausgerichteten I. Luran-Wettbewerb (1963) zurück. Ziel war es, werkstoffgerechte Formen für Frühstücksgeschirr zu entwickeln, die die Eigenschaften von Luran® hervorhoben. Wirkkala gehörte zu den fünf Preisträgern und erhielt ein Preisgeld von 10.000 DM. Seine und die Modelle von Hans Erich Slany gingen in Serie. Die Entwürfe aller 13 Teilnehmer wurden auf der K 63 Kunststoffmesse Düsseldorf und in einer Wanderausstellung gezeigt.
Designmerkmale & Funktion
Das Service überzeugte durch seine funktionale Gestaltung und eine klare, moderne Formsprache. Ein Prospekt von 1964 warb mit Schlagworten: „Thomas Luran zum Mitnehmen – in den Garten, auf Reisen, ins Kinderzimmer, ins Büro oder ins Freie“.
Die Thermowirkung war ein zentrales Argument: Krug und Becher besaßen eine isolierende Doppelwandung, sodass heiße Getränke länger warm und kalte länger kühl blieben. Das Material war bruchfest, kratzresistent, geruchs- und geschmacksneutral, hitzebeständig bis zum Spülen in kochendem Wasser und unempfindlich gegen plötzliche Temperaturwechsel. Die spiegelglatte Oberfläche ließ sich mühelos reinigen.
Set & Varianten
Das Service war 15-teilig und für vier Personen ausgelegt. Enthalten waren Thermokrug, Becher, Teller in zwei Größen, Milchgießer sowie eine Schale. Angeboten wurde es in einer handlichen Tragebox oder in einer eigens entwickelten Reisetasche, die zusätzlich Platz für Proviant bot. Farben wie Weiß/Schwarz, Weiß/Rot, Weiß/Grau und Weiß/Grün machten das Set variabel; stets bildeten weiße Elemente die Konstante.
Ein nahezu vollständiges Set in Weiß/Grün sowie weitere Einzelstücke in anderen Farbstellungen befinden sich heute in der Sammlung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe.
Nutzung als Lehrmaterial
Einzelne Stücke, u. a. ein Krug und ein Becher, fanden Eingang in die sogenannten „Schulkisten“ des Badischen Landesmuseums (ab 1965). Diese Kisten mit rund 50 Objekten dienten als Lehrmaterial im Kunstunterricht und sollten Schülern gute Gestaltung und materialgerechtes Design anschaulich vermitteln. Unter der Rubrik „Kunststoff / Material Technologie Form“ veranschaulichten Krug und Becher die Möglichkeiten moderner Werkstoffgestaltung.
Literatur & Quellen
Silvia Glaser: Tapio Wirkkala und seine Kunststoffentwürfe, in: Kulturgut, Bd. 80 (2024), S. 8–11, GNM Nürnberg / arthistoricum.net. Peter Schmitt: Die „Schulkisten“ des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, in: Wie wohnen. Von Lust und Qual der richtigen Wahl. Ästhetische Bildung. Produktprospekte & Archivunterlagen des Badischen Landesmuseums (Inv.-Nr. FS 1430, Inv.-Nr. 99/1186-1-12).
Timeline – Tapio Wirkkala: Kunststoff-Mehrzweckservice „Thomas-Luran“
Meilensteine von Wettbewerb & Entwurf bis Markteinführung und Einsatz im Unterricht
Tapio Wirkkala zählt zu den fünf Preisträgern (je 10.000 DM). Neben ihm geht auch der Entwurf von Hans Erich Slany später in Serie.