Friedrich-Ebert-Straße 29-35. Wohnhausgruppe, dreigeschossige Wohnhäuser mit Mansarddächern, Erkern und reicher Putzfassadengliederung, 1913/14 nach Plänen von August Hofmann (Nr. 29) und Georg Grethlein (Nrn. 31 bis 35) [FI. Nrn. 1646/4, 1646/5, 1646/6, 1646/2, Gern. Selb].
Begründung der Denkmaleigenschaft
Baudenkmale sind nach Vorgabe des Art. 1 DSchG Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Nach dem verheerenden Brand im Frühjahr 1856, als die gesamte mittelalterliche Altstadt von Selb zerstört wurde, und nach der Ansiedlung einer ersten Porzellanfabrik 1857 durch Lorenz Hutschenreuther entwickelte sich Selb zu einem industriellen Zentrum, begünstigt und gefördert durch den Anschluss an die Bahnstrecke Hof-Eger im Jahre 1864. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in Selb mehrere porzellanherstellende Betriebe gegründet.
Schon um die Jahrhundertwende 1900 zählte man 20 Porzellanfabriken und die Einwohnerzahl stieg auf etwa 7200. Dreißig Jahre später hatte sich die Einwohnerzahl verdoppelt. In diesen Jahren der rasant wach senden Bevölkerungsdichte wurde der Wohn- und Miethausbau für das Stadtbild bestimmend. Trotz schmerzlicher Verluste, die gerade in den vergangenen Jahren zu beklagen sind, haben sich aber charakteristische Beispiele erhalten, so u. a. die kurz vor dem 1. Weltkrieg errichtete Häuserzeile an der vom Stadtzentrum nach Nordwesten führenden, damals eigens verlängerten Gartenstraße, der heutigen Friedrich-Ebert-Straße.
Friedrich-Ebert-Straße 29: Das Baugesuch zum Errichten eines Mietwohnhauses des Kaufmanns Fritz Friedrich datiert vom 11. September 1914. Die Planung geht auf den späteren Selber Stadtbaumeister August Hofmann, damals Mitarbeiter des Bauunternehmens der Gebrüder N & M Baumann, zurück. Das unterkellerte dreigeschossige Haus mit seinem für Wohnzwecke aus gebauten Mansarddach und dem zeittypisch weit vorkragenden kastenförmigen Traufgesims, besitzt ein mit rustizierten Lisenen gerahmtes, von Anbeginn für eine Ladennutzung konzipierten Erdgeschoss. Die Fassadenmitte der mit Lisenen, Fensterbrüstungen und reicher Putzgliederung aufwendig gestalteten Fassade betont in den Obergeschossen ein segmentbogenartig vortretender Erker, der bis in das Mansardgeschoss hineingezogen ist und dort mit einem Walmdach abschließt.
Aufgrund der engen Aneinanderreihung von hoch rechteckigen Fenstern ist der Erker beinahe voll kommen durchfenstert. Es handelt sich also um einen sogenannten »Fenstererker«, wie er im ersten und zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts typisch ist und vom sogenannten »bay window« der angelsächsischen Architektur entlehnt ist.
Die Häuser, teilweise unter Denkmalschutz mussten für den Neubau der Sparkasse Selb weichen. Unter Oberbürgermeister Kreil wurden in der Stadt Selb weitere solche „Nutzlosen“ Verwüstungen an alten Häuserbestand der Stadt Selb durchgeführt. Die Sparkasse Selb mit ihren Neubau hat sich auch über jeglichen Denkmalschutz hinweggesetzt.
Jugendstilhäuser Stadt Selb
In Fr.-Ebert-Str. 29 (Entwurf), Registratur Bauamt Selb den Jahren um 1910 ebenso modisch wie auch typisch, galt ein „room with a bay window“ als besonders hochwertig. Das im Juni 1914 fertig gestellte Haus wird über ein von der seitlichen Hofeinfahrt zugänglichen Treppenhaus mit einer zweiläufig-gegenläufigen Wendepodesttreppe erschlossen, dessen bis zum 1. Obergeschoss reichenden massiven Treppenläufe ein einfaches Eisenstabgeländer, und dessen hölzernen, vom 1. Obergeschoss bis in den Dachboden reichen den hölzernen Treppenläufe einfache Holzstabgeländer besitzen. Jedes der Wohngeschosse ver fügt über eine 4-Zimmer- Wohnung. Hervorzuheben ist im Anwesen Nr. 29 der authentischbau zeitliche Erhaltungszustand mit den Türen samt Türfutter und Beschlägen als auch den Fenstern der Straßenseite mit ihren charakteristischen sprossenunterteilten Oberlicht-Kippfenstern.