Die Entwicklung der modernen deutschen Keramik (1900–1930)
Von Max Laeuger und der Karlsruher Majolika über Otto Lindig in Dornburg bis zu Hubert Griemert, Johann Lehmann und Paul Dresler.
Max Laeuger und die Karlsruher Majolika
Der aus Lörrach stammende Max Laeuger (1864–1952) gilt als eine der prägenden Persönlichkeiten der frühen deutschen Keramikmoderne. Als Architekt, Gartengestalter, Maler und Keramiker verband er angewandte Kunst mit dekorativer Gestaltung. Seine Arbeiten zeichnen sich durch geschlossene Formen und eine reiche Glasurkunst aus. Besonders bekannt wurde er durch seine Mitwirkung an der Karlsruher Majolika-Manufaktur, die ab 1902 entstand. Dort entstanden Keramiken, die zwischen Jugendstil, französischen und ostasiatischen Einflüssen oszillierten und sich durch edle Glasuren, Craquelé und handwerkliche Raffinesse auszeichneten.
Erwin Spuler und die Karlsruher Schule
In den 1920er Jahren knüpfte die Karlsruher Majolika mit Künstlern wie Erwin Spuler an die Tradition der Fliesenbilder und Fayence-Malerei an. Spuler kombinierte Malerei und Relieftechnik unter einer Glasur und setzte damit neue Akzente in der Bau- und Zierkeramik. Damit wurde die Karlsruher Werkstatt zu einem Bindeglied zwischen dem späten Jugendstil und der modernen Ausdruckskeramik.
Otto Lindig und das Bauhaus in Dornburg
Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Dornburger Töpferei an der Saale zu einem Zentrum der Bauhaus-Keramik. Otto Lindig (1895–1966) übernahm 1925 die Leitung der dortigen Werkstatt. Unter seiner Hand entstand eine Keramik, die auf höchste Brenntemperaturen, klare Steinzeugformen und reduzierte Dekoration setzte. Lindig verzichtete auf Bemalung und betonte stattdessen die plastische Form und das „Ringelmuster“ vom Drehen. Seine Arbeiten sind funktional, geschlossen und spiegeln die Bauhaus-Idee wider: Einfachheit, Funktionalität und Reduktion.
Hubert Griemert und Halle (Burg Giebichenstein)
Von Dornburg gingen Impulse nach Halle, wo an der Burg Giebichenstein die keramische Werkstatt unter jungen Künstlern wie Hubert Griemert neue Ausdrucksformen entwickelte. Griemerts Gefäße zeichnen sich durch klare Proportionen, dezente Glasuren und eine Rückkehr zu handwerklich-schlichtem Steinzeug aus. Damit setzte er die Bauhaus-Tradition fort, aber mit stärkerem Bezug zur regionalen Volkskunst und einer individuellen Handschrift.
Johann Lehmann in Marquartsteinhöhe
Johann Lehmann (Schüler Lindigs in Dornburg, 1925–1930) leitete später die Werkstatt Marquartsteinhöhe bei Kien. Dort entstanden Vasen und Schalen aus hochgebranntem Feinsteinzeug, oft in kräftigen, leuchtenden Glasuren. Besonders charakteristisch war ein tiefes, leuchtendes Blau, das in der Tradition der Dornburger Schule stand, aber eigenständig weiterentwickelt wurde. Lehmann verband die strengen Formen mit farbiger Glasurkunst und prägte damit die süddeutsche Keramiklandschaft.
Paul Dresler und die rheinische Tradition
Parallel dazu entwickelte sich im Westen Deutschlands eine eigene keramische Sprache. Paul Dresler griff die alte Töpfertradition des Rheinlandes auf, übertrug sie jedoch in eine moderne Formensprache. Seine Arbeiten – schlichte, klare Gefäße mit matten Glasuren – verbinden regionale Tradition mit der neuen Keramikmoderne. Dresler gilt als einer der „Großmeister“ der neuen deutschen Keramik.
Gerhard Marcks – Lehrer und Wegbereiter
Gerhard Marcks (1889–1981) war Bildhauer und ab 1919 Meister am Bauhaus Weimar. Als künstlerischer Leiter der Bauhaus-Töpferei Dornburg prägte er die Ausbildung einer neuen Generation. Unter seiner Leitung lernten Schüler wie Otto Lindig, Keramik nicht nur als Handwerk, sondern als Ausdruck künstlerischer Haltung zu verstehen.
Verbindung: Marcks → Bauhaus Dornburg → Lindig
Otto Lindig – Standardisierung und Serie
Otto Lindig (1895–1966) war Schüler von Marcks und übernahm 1924 die Leitung der Dornburger Töpferei. Er führte Standardformen (Kugel, Kubus, Walze) und Gussverfahren ein, um handwerkliche Keramik serientauglich zu machen. Damit brachte er das Bauhaus-Ideal der „Form ohne Ornament“ in die Keramikproduktion.
Verbindung: Lindig → Bauhaus Dornburg → Serienkeramik
Kurt Feuerriegel und Hubert Griemert
Kurt Feuerriegel gründete 1910 eine Kunsttöpferei in Kohren-Sahlis und verband handwerkliche Tradition mit moderner Formensprache. Einer seiner wichtigsten Schüler war Hubert Griemert (1905–1990). Dieser wechselte später an die Burg Giebichenstein in Halle und führte dort die Ausbildung weiter – eine direkte Verbindung von Reformtöpferei und Bauhaus-Ideen.
Verbindung: Feuerriegel → Griemert → Burg Giebichenstein
Hedwig Bollhagen – Bewahrerin und Weiterführerin
Nach Feuerriegels Tod übernahm Hedwig Bollhagen (1907–2001) 1934 die Werkstätten in Marwitz. Sie verband die Tradition Feuerriegels mit den Bauhaus-Ideen von Marcks und Lindig. Bollhagen arbeitete mit Bauhaus-Keramikern zusammen und machte Marwitz zu einem Ort, an dem handwerkliche Qualität und serielle Fertigung verschmolzen.
Verbindung: Feuerriegel → Bollhagen → Marwitz (Bauhaus-Tradition in Serie)
Netzwerk und gemeinsame Wege
Die Verbindungen zwischen den Keramikern zeigen ein dichtes Netzwerk:
- Marcks → Lehrer am Bauhaus → prägte Lindig
- Lindig → standardisierte Bauhaus-Keramik → brachte Serienproduktion
- Feuerriegel → Lehrer von Griemert → Basis für Halle
- Griemert → Leiter Burg Giebichenstein → Keramikzentrum der DDR
- Bollhagen → übernahm Feuerriegels Werkstatt → führte Bauhaus-Ideen weiter
So waren Dornburg, Halle und Marwitz nicht isoliert, sondern über Personen, Lehrwege und Ideen direkt verbunden.
Internationale Anerkennung – Paris 1937
Die enge Verzahnung dieser Persönlichkeiten führte zur internationalen Anerkennung. Auf der Pariser Weltausstellung 1937 wurden Otto Lindig, Hubert Griemert, Hedwig Bollhagen, sowie Paul Dresler und Otto Douglas-Hill ausgezeichnet. Damit wurde deutlich, dass die Wege, die in kleinen Werkstätten und Bauhaus-Schulen begonnen hatten, bis zur Weltbühne führten.
Fazit – Ein Geflecht von Persönlichkeiten
Die deutsche Keramik des 20. Jahrhunderts ist nicht die Geschichte einzelner Orte, sondern ein Geflecht von Persönlichkeiten. Marcks als Lehrer, Lindig als Standardisierer, Griemert als Vermittler und Bollhagen als Bewahrerin – sie alle verbanden Werkstätten, Ideen und Generationen. Diese Netzwerke schufen eine Tradition, die bis heute wirkt.
Timeline – Bauhaus & Deutsche Keramik
Meilensteine von Gerhard Marcks, Otto Lindig, Kurt Feuerriegel, Hubert Griemert & Hedwig Bollhagen
Ankauf moderner Keramik
Wir suchen Werke von Hubert Griemert, Richard Bampi, Hedwig Bollhagen sowie Keramiken aus Bauhaus & Dornburg
Die Moderne der deutschen Keramik wird durch herausragende Persönlichkeiten und Werkstätten repräsentiert. Gesucht werden originale Stücke aus der Bauhaus- und Nachkriegszeit – Gefäße, Services, Vasen oder Einzelobjekte mit klarer Provenienz. Besonders im Fokus stehen Werke von Hubert Griemert (Glasurmeister und Lehrer), Richard Bampi (Glasur-Avantgarde), Hedwig Bollhagen (HB-Werkstätten) sowie originale Arbeiten aus Dornburg und dem Umfeld der Bauhaus-Keramik.
Hubert Griemert
Gesucht werden Gefäße, Vasen, Glasurproben und Services mit dem Stempel „HG“, oft in Verbindung mit dem Burg-Giebichenstein-Zeichen. Besonders wertvoll: Arbeiten aus den 1930er Jahren und aus Höhr-Grenzhausen.
Richard Bampi
Wir suchen experimentelle Gefäßformen, asymmetrische Vasen und Stücke mit besonderen Glasuren. Sammlerwert haben insbesondere Objekte aus Kandern (1927–1965) mit Signatur „RB“.
Hedwig Bollhagen
Ankauf von Gebrauchskeramik, Services und Dekoren (Streifen, Punkte, Schachbrett) aus den HB-Werkstätten Marwitz. Auch frühe Stücke aus den 1930er Jahren oder aus der Haël-Nachfolge sind gesucht.
Bauhaus-Keramik
Gesucht werden Typenware, Kannen, Becher und Schalen aus Dornburg/Weimar (1920–1930). Besonders gefragt: Arbeiten von Otto Lindig, Theodor Bogler oder Marguerite Friedlaender.
Dornburg
Wir kaufen originale Keramiken aus der Bauhaus-Töpferei Dornburg: Gefäße mit einfacher Glasur, Craquelé oder Stücke mit nachweisbarer Provenienz aus der Werkstatt Marcks/Krehan/Lindig.
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Jetzt Ankauf anbietenVerbindungen der Moderne: Bauhaus & Burg Giebichenstein
Die Strömungen der Bauhaus-Keramik, die Werkstätten von Burg Giebichenstein und die Persönlichkeiten Hedwig Bollhagen und Hubert Griemert sind untrennbar miteinander verbunden.
Bauhaus-Keramik
Die Bauhaus-Keramik legte den Grundstein für die moderne deutsche Keramik: klare Formen, Funktionalität und das Zusammenspiel von Handwerk und industrieller Produktion. Von Dornburg aus gingen die Impulse nach Halle, Höhr-Grenzhausen und in die Werkstätten von Marguerite Friedlaender, Otto Lindig und anderen.
Hedwig Bollhagen
Hedwig Bollhagen übernahm nach dem Ende der Haël-Werkstätten in Marwitz die Produktion und gründete die HB-Werkstätten. Mit ihren Streifen- und Punktdekoren sowie funktionalem Geschirr machte sie Bauhaus-Ideen alltagstauglich und schuf eine neue Linie deutscher Gebrauchskeramik.
Hubert Griemert
Hubert Griemert, Schüler von Marcks und Friedlaender, verband Bauhaus-Prinzipien mit Glasur-Experimenten. Als Lehrer und Glasurmeister prägte er Generationen von Keramikern in Höhr-Grenzhausen und Halle. Seine Arbeiten gelten als Meisterstücke der modernen Glasurkunst.
Burg Giebichenstein
Die Burg Giebichenstein wurde nach 1925 zu einer der wichtigsten Ausbildungsstätten für Keramik und Porzellan in Deutschland. Unter der Leitung von Paul Thiersch, Gerhard Marcks und später Hubert Griemert entstand ein Zentrum der modernen Keramik, dessen Stücke heute gefragte Sammlerobjekte sind.
Verbindung der vier Themen
Die Bauhaus-Keramik prägte den Weg von Hedwig Bollhagen und Hubert Griemert. Beide führten die Ideen in ihren eigenen Werkstätten weiter und verbanden sie mit Glasur- und Formexperimenten. Die Burg Giebichenstein wurde dabei zum zentralen Ort der Weiterentwicklung, an dem die Bauhaus-Ideen künstlerisch und pädagogisch fortgeführt wurden.