Selb, die Hochburg der Kommunisten
Zum anderen lag es an den Bedingungen in der Fabrik. Für die Männer war die Arbeit hart, etwa für alle, die bei Temperaturen von mehreren Hundert Grad das Porzellan aus den Brennöfen holen mussten. Nasse Säcke, die sie sich über den Kopf zogen, schützten nur notdürftig. Die Frauen, die für leichtere Arbeiten angelernt wurden, erhielten sehr niedrigen Lohn. Männer wie Frauen litten unter der gefürchteten Staublunge. Der allgegenwärtige Silikatstaub aus der getrockneten Porzellanmasse drang in die Lungenbläschen, verklebte sie und löste die meist tödlich verlaufende Tuberkulose aus. Entsprechend niedrig war die Lebenserwartung. Nach einer Untersuchung des Selber Arztes Dr. Franz Bogner aus dem Jahr 1908 erreichte die bürgerliche Bevölkerung in Selb ein Durchschnittsalter von 61 Jahren, während Porzelliner bereits mit 43 Jahren starben. Man habe sich mit Galgenhumor getröstet, erzählt Albrecht Bald: “Sterben muss jeder”, sei ein geflügeltes Wort gewesen. Die Menschen hätten keine Möglichkeit gehabt, woanders Arbeit zu finden, sie haben sich in ihr Schicksal gefügt.
Albrecht Bald, der 1946 in Rehau geboren wurde, kennt die Arbeitsbedingungen der Porzelliner nicht nur aus seinen Forschungen, sondern auch aus Familienerzählungen. Sein Großvater war Modelleur, seine Großmutter arbeitete ebenfalls in der Fabrik. Der Großvater gehörte damit zur Porzelliner-Aristokratie, denn Modelleure und Maler hatten deutlich bessere Arbeitsbedingungen. Sie konnten es sich in den Hoch-Zeiten der Porzellanindustrie sogar leisten, montags blau zu machen. Im 19. Jahrhundert hat das der Fabrikherr toleriert. Nach dem Ersten Weltkrieg hätte man das aber als Vertragsbruch bewertet, erzählt Bald. Im Grunde waren mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs bereits die Zeiten der Hochkonjunktur in der Porzellanindustrie vorbei.
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