Das Denkmal als Museum

1986 entscheidet sich der Stadtrat der Grossen Kreisstadt Selb, ein Museum zu bauen. Gedacht ist zunächst an eines wie das nur 12 Kilometer entfernt florierende Deutsche Porzellanmuseum. In diesem engen Raum zwei konkurrierende Museen gleicher Ausrichtung, dass dieses nicht funktionieren könnte, wurde jedoch schon bald deutlich. Doch wo lagen die Defizite der musealen Darstellung der Geschichte einer bedeutenden Branche wie der Porzellanbranche in Nordbayern, die zu dieser Zeit allein im Landkreis Wunsiedel 10.000 Menschen in den Werken Arbeit gab? Hier war der Ansatz für eine neuartige und überzeugende museale Einrichtung, die sich mit dem Vorhandenen in Hohenberg auf ideale Weise ergänzen würde.

Gerade der Aspekt der menschlichen Arbeit in der Porzellanindustrie, gerade dieser wurde aufgrund der Raumstruktur in dem Museum in Hohenberg zwar bewusst gestreift, es wurden auch seit 1984 bereits Maschinen und Werkzeuge, Fotografien etc. gesammelt, aber eine auch nur annähernd authentische Präsentation in dieser Unternehmervilla aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschien den mit der Konzeption Beauftragten wenig angebracht. Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen hatte dieses ebenso im Auge. Wo und wie sollte die technische Keramik als ein Ableger der Porzellanindustrie dokumentiert werden?

Bahnhof Selb - Selb-Plössberg - heute Porzellanikon
Bahnhof Selb – Selb-Plössberg – heute Porzellanikon

Unter dem Eindruck der bereits in anderen Bundesländern, vornehmlich Nordrhein- Westfalen, geführten Diskussion, die zu Anfang der 80er Jahre in den Beschluss der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe gemündet hatte, in historischen Fabrikanlagen Industriemuseen einzurichten, gewannen solche Überlegungen an Raum und führten dazu, dass man sich in enger Ab-stimmung mit der Denkmalpflege erstmals und in sehr ernsthafter Weise mit der Bedeutung der Denkmaleigenschaft der Porzellanfabriken befasste. Es stellte sich alsbald heraus, dass mitten im Zentrum der Europäischen Porzellan-industrie eine Fabrik besteht, die zwar in äusserst problematischer baulicher Verfassung ist, jedoch von ihren Strukturen her als idealtypisch für den gesamten nordbayerischen Raum und darüber hinaus für die industrielle Geschichte der Porzellanbranche seit dem 19. Jahrhundert, einzustufen ist: Die Porzellanfabrik „Rosenthal – Bahnhof Selb“ in Selb -Plössberg.

In der Tat ist das Gesamtareal ein brillantes Beispiel für ein Industriedenkmal par Exzellenz. Zeugen der Geschichte der Arbeit und des Arbeitens, der Geschichte dieser Industrie sind die hier im Umfeld befindlichen Fabrikantenvillen, die Fabrikarbeiterwohnhäuser und vor allem einen in ihren Strukturen erhaltene Fabrik, an der die Spuren der früheren Funktion, die Symbiose aus Baulichkeit, Spuren der Produktion selbst und die Spuren der Menschen, die hier wirkten, greifbar sind, nicht künstlich erzeugt, sondern von Natur aus vorhanden.

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