Lorenz Hutschenreuther

Lorenz Hutschenreuther und sein Werk

Geschichtliches über die Lorenz Hutschenreuther Aktiengesellschaft in Selb der „Stadt des Porzellans“. Als Gründungstag gilt der 10. August 1857, an dem Lorenz Hutschenreuther von der Regierung in Bayreuth „Im Namen seiner Majestät des Königs zur Errichtung und zum Betrieb einer Porzellanfabrik in Selb“ Concession“ ertheilt wurde“. Dieser Vorgang war der Anfang einer Entwicklung, in deren Verlauf Lorenz Hutschenreuther Aktiengesellschaft einen glanzvollen Aufstieg nehmen konnte: 50 Mann waren es, mit denen die Arbeit in Selb „Ludwigsmühle“ begann und heute dato 1984 sind es mehr als 5.700 Mitarbeiter, die in den Werken – verstreut in Oberfranken und Oberpfalz – bei der Lorenz Hutschenreuther Aktiengesellschaft Lohn und Arbeit finden.

Dem 10. August 1857 kommt darüber noch eine weitere, sehr allgemein gültige, hohe Bedeutung zu. Mit der Erteilung der „Concession“ und der sich daran unmittelbar anschliessenden Arbeitsaufnahme bei Lorenz Hutschenreuther wurde der Grundstein für den Aufbau der gesamten Porzellanindustrie in Selb gelegt. Denn erst mit dem von Lorenz Hutschenreuther entwickelten und gefertigten hochwertigen Weiß-porzellan waren die Voraussetzungen gegeben für das spätere Schaffen der übrigen Porzellan Pioniere in Selb und dessen Umgebung, die ja bekanntlich in der Mehrzahl ihre Firmen zunächst als Malereibetriebe gegründet und sich mit dem Dekorieren des Lorenz Hutschenreuther Porzellans ihren Ruf und die geldliche Grundlage für den Bau von Porzellanfabriken erworben haben. So ist die Gründungstat Lorenz Hutschenreuther für das Entstehen und die wirklich grandiose Entwicklung der bayerischen Geschirr Porzellan Industrie, die heute mit einem Anteil von 97% so gut wie die ganze Geschirrporzellan Industrie Westdeutschlands repräsentiert, mitbestimmt gewesen.

Als ältester Sohn jenes Carolus Magnus Hutschenreuther, der in dem oberfränkischen Marktflecken Hohenberg an der Eger, unweit von Selb, die erste der neuzeitlichen Porzellanfabriken in Bayern erbaut hatte, war es dazu ausersehen und dank seiner grossen Fähigkeiten auch dazu berufen, das Werk des Vaters fortzuführen. Nach dessen Ableben ist er auch mehr als zehn Jahre lang dieser Verpflichtung nachgekommen und unter seiner Leitung ist die Hohenberger Fabrik, wie Lorenz Hutschenreuther am 11. Februar 1857 berichtet, immer mehr erweitert und nach und nach auf den jetzigen Standpunkt des ausgedehnten Geschäftsbetriebes erhoben worden, auf welchem mehr als 200 Arbeiter durch sie unterhalten werden. Im Laufe der Jahre ist es dann aber zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Lorenz Hutschenreuther und seinem „Associe“ gekommen, „sodass ich“, wie es in dem „Concessionsgesuch heisst, „dadurch vielfach gehindert werden, dem Geschäftsbetriebe diejenige Ausdehnung zu geben, welche die Fortschritte der Zeit auf dem Felde der industriellen Unternehmungen erheischen“. Lorenz Hutschenreuther beschloss schliesslich seinen Austritt aus dem väterlichen Unternehmen und die Gründung einer eigenen Firma in Selb.

Hutschenreuther Werk A Selb
Hutschenreuther Werk A Selb
Hutschenreuther Werk B Selb
Hutschenreuther Werk B Selb

Lorenz Hutschenreuther hat diesen folgenschweren Schritt als reifer, fast 40-jähriger Mann ausgeführt, der über grosse Erfahrungen als Fabrikant und Kaufmann und zweifellos auch über gute Beziehungen verfügte. Auch konnte er damals bereits als recht wohlhabend gelten, beliefen sich doch seine Anteile an dem Hohenberger Werk, nach seinen eigenen Angaben, auf insgesamt 120.000 Gulden. Und doch hat er seine Kräfte, sein Können, wie es seine Aufzeichnungen aus diesen Jahren deutlich erkennen lassen, bis zum Äußersten anspannen müssen, um sich durchzusetzen. Vor allem waren es seine kraftvollle, zähe Energie – sie hatte schon der Vater in seinem „sechsjährigen“ Papierkrieg“ um die Concession ausgezeichnet – eine selbst das kleinste Detail in Rechnung stellende Umsicht, ein sehr ausgeprägter Sinn für Rechtlichkeit und die Kunst der klugen Verhandlungsführung, die ihm das Ziel erreichen ließen. Das die vorgenannte Beurteilung ihre Richtigkeit hat, wird deutlich durch die beigefügten Unterlagen (Lehrverträge, Arbeitsverordnungen, Arbeitsbedingungen usw.).

Nach zweijähriger intensiven Arbeit ist es dann endlich soweit: Lorenz Hutscheneuther kann in seinem Werk in der „Ludwigsmühle“, einen früheren landwirtschaftlichen Betriebe vor den Toren von Selb, die ersten einwandfreien Erzeugnisse aus seiner neuen rein-weissen Porzellanmasse fertigen und am 12. Juni 1859 als Muster – zwei Tassen – an Kunden in Köln und Frankfurt an der Oder abschicken. In einem Begleitschreiben gibt er seinen stolzen Freude über das Ergebnis spotan Ausdruck: „Es ist mir gelungen, Porzellan herzustellen, welches die Concurrenz mit jedem anderen Porzellan aushalten wird. Dieses Porzellan wird meinen sämtlichen verehrten Geschäftsfreunden sicher „convenieren!“. Die hervorragende Güte und Preiswürdigkeit seines Fabrikats sichern ihm einen schnellen Erfolg. Noch im Dezember des gleichen Jahres kann er nicht mehr jede der zahlreich eingelaufenen Bestellungen – er verfügt ja nur über einen Brennofen – ausführen. Sein Kundenkreis reicht jetzt schon von Hamburg bis München, von Köln bis Memel.

porzellanselb

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