Hutschenreuther Story

Vor 125 Jahren begann Lorenz Hutschenreuther in Selb – „Stark bleiben hier, wo unsere Wurzel ist“ – Vorstandsvorsitzender Dir. Roland Dorschner spricht über die Geschichte eines grossen Unternehmens und seine Zukunftsstrategie. Nicht Lobreden machen das Ansehen eines Unternehmens aus, das einen hohen Geburtstag feiert, sondern die von ihm selbst zu beantwortende Frage: Wo komme ich her, und vor allem: wie geht es weiter, wo gehe ich hin.

Der Amerikaner George Gilder, Programmdirektor eines internationalen Forschungsinstituts für Wirtschaftspolitik in den USA, schreibt in seinen erregenden Buch „Reichtum und Armut“, erfolgreiche Unternehmen wachsen zuerst langsam, weil sie noch Anfangsinvestitionen für ein neues Produkt vornehmen. Schnelles Wachstum stellt sich erst ein, wenn die Märkte erschlossen und die Produktionsmethoden entwickelt sind.

Zum Schluss ist das Studium der eingefahrenen Massenherstellung erreicht. In jeder Wirtschaft erreichen nur vergleichsweise wenige grosse Firmen dieses letzte Stadium und kommen in den Genuss seiner Auswirkungen auf dem einheimischen und dem internationalen Markt. „Gilt das, was George Gilder so sieht, für die Geschichte des Hauses Hutschenreuther, das am 10. August 1982 die 125. Wiederkehr jenes Tages feiert, an dem Lorenz Hutschenreuther, Sohn seines legendären Vaters Carl Magnus, die erste Porzellanfabrik in Selb errichtet hat?“

“ Halten wir uns zunächst einmal an die Hutschenreuther – Story“, sagt Vorstandsvorsitzender Roland Dorschner, „in der die Anfänge und die Entwicklung des Unternehmens zu einem der grössten Porzellangeschirr-Konzerne Europas beschrieben wird“:

Carl Magnus Hutschenreuther wurde 1794 geborgen und erlernte im väterlichen Betrieb in Wallendorf in Thüringen das Handwerk eines Porzellanmalers. Knapp 18 Jahre alt, wurde ihm die Heimat zu eng und er verkaufte seine Produkte schon in Franken und Böhmen. Er kam zur Burg Hohenberg an der Eger, wo er 1814 einen Buntbetrieb eröffnete; die Weißware – das undekorierte Porzellan bezog er noch aus Thüringen.

Auf Burg Hohenberg war sozusagen die erste bürgerliche Porzellanfabrik in Bayern entstanden – königliche Manufakturen bestanden bereits – Keimzelle einer ungeahnten Entwicklung. Heute sind rund 90% der deutschen Porzellanindustrie im nordöstlichen Bayern angesiedelt, und in Hohenberg wird zum Hutschenreuther Jubiläum nach mühseligen Jahren der Vorbereitung das Deutsche Porzellanmuseum eröffnet.

Carl Magnus Hutschenreuther wollte aber mehr als Porzellan bemalen, er wollte das „weiße Gold“ selbst herstellen. Der Standort war vortrefflich: Feldspat, Kaolin und Quarz, die Hauptbestandteile des Porzellans, gab es in dieser Gegend reichlich, dazu genügend Holz zum Brennen. Doch die bayerischen Behörden waren dagegen, weil die Königliche Manufaktur Nymphenburg bei München keine Konkurrenz erhalten wollte. So dauerte Hutschenreuthers Kampf mit der Staatsbürokratie acht Jahre, bis er 1822 endlich Porzellan produzieren durfte.

Carl Magnus war erst 51 Jahre alt, als er 1845 starb. Das Gründerwerk führte seine Frau Johanna mit ihren erwachsenen Kindern weiter, die Belegschaft wuchs bereits auf 200 Mitarbeiter an. Sohn Lorenz Hutschenreuther hielt es wie der Vater nicht lange im elterlichen Unternehmen. Im benachbarten Weberstädtchen Selb machte er sich selbstständig. 1857 – anderthalb Jahre zuvor war fast die ganze Stadt niedergebrannt – errichtete er in der „Ludwigsmühle“ die erste Porzellanfabrik. Wenn dieser Gedenktag jetzt zum 125. Male jährt, kann also auch Selb auf den Beginn seiner Karrierre als weltbekannte „Porzellanstadt“ zurückblicken. Er ist immer mit den Namen Hutschenreuther erbunden.

Die Werke Lorenz Hutschenreuther und C.M. Hutschenreuther entwickelten sich seit 1857 als zwei voneinander völlig unabhängige Firmen und verhalfen ihren Produkten zu internationalen Ruf. Lorenz Hutschenreutehr starb 1886; das Selber Unternehmen wurde 1902 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1906 erwarb es das heutige Werk B in Selb, 1927 kamen die Werke von Tirschenreuth und Bauscher (Weiden) hinzu. Ende der sechziger Jahre beschäftigte die Lorenz Hutschenreuther AG 2.300 Mitarbeiter.

Auch C.M. Hutschenreuther blühte. Gründerenkel Albert Hutschenreuther entwickelte 1877 die Herstellung von Kobaltporzellan und um 1880 kaufte er ein weiteres Porzellanwerk in Arzberg. 1904 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, erwarb das Unternehmen in den folgenden Jahren Werke in Schlesien, Böhmen und Sachsen, die nach dem zweiten Weltkrieg wieder verlorengegangen sind. 1969 gehörten zur C.M. Hutschenreuther Porzellan AG, Hohenberg an der Eger, zwei Porzellanfabriken und eine Produktionsstätte für Zähne aus Porzellan und Kunststoff in Arzberg. In diesem Unternehmen waren rund 1.000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt

112 Jahre hatte die Trennung gedauert, als „Vater“ und „Sohn“ 1969 endlich zusammengeführt wurden. Seit 1970 heisst der Unternehmensverband „Hutschenreuther AG“. Gilt als nun das, was George Gilder das Stadium der eingefahrenen Massenprodukion nennt, auch für den Hutschenreuther Unternehmensverband? Ist das Unternehmen heute effizient, weil es in seiner frühen Phase dynamisch war und aggressiv?“

„Ja und auch nein“, sagt Roland Dorschner, „denn unsere siebziger Jahre waren wohl das bewegteste Jahrzehnt des Unternehmens überhaupt, seitdem es besteht. Unsere Unternehmenspolitik ist nicht „eingefahren“, sondern dynamisch. Der erste Schritt, der die Weichen auf Expansion stellte, wurde 1969 mit der Eingliederung von C.M. Hutschenreuther in die Lorenz Hutschenreuther AG gegangen. Verwirrende Firmenbezeichnungen entfielen, das Unternehmen gewann jetzt auch von Namen her ein klares Profil. Bald schon, es war 1972, kam dan der Zusammenschluss mit der Kahla AG, Schönwald, als bemerkenswertestes Ereignis unserer Expansionspolitik.

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