Selb: Stadt des Porzellans
Im Jahre 1968 baute die Hutschenreuther Porzellan A.G. ein beheiztes Freibad, das Pfingsten 1969 eingeweiht werden konnte. Im Jahre 1971 wurde ein großzügiges Sportgelände als Ergänzung angelegt. Im August 1975 wurde Selb der Sitz des Berufsbildungszentrums für Keramik. Ende September konnte der Rosenthal-Park an der Hofer Straße eingeweiht werden. Im Sommer desselben Jahres gründeten einige Selber Einzelhandelskaufleute den Selber Werbering, der in der Zukunft besonders aktiv bei den Langen Samstagen wurde. Im Dezember 1975 erhielt Philip Rosenthal die Goldene Bürgermedaille.


Im April 1976 wurde die Porzellanfabrik Heinrich von Villeroy & Boch übernommen, nachdem frühere Sanierungsversuche fehlgeschlagen waren. Ebenfalls mit der Bürgermedaille wurde Direktor Roland Dorschner ausgezeichnet, Vorstandsvorsitzender der Hutschenreuther A.G.. Im Dezember wurde der Grundstein für die Hutschenreuther Eisporthalle gelegt, die im Dezember 1977 eingeweiht wurde. Am 30. Juli 1977 erhielten die Schöpfer des Porzellanbrunnens in der Fußgängerzone Hans Achtziger und Emil Höfer die Verdienstmedaille. Ein schwerer Schlag für die Porzellanindustrie war, als im August die weithin bekannte Porzellanfabrik Krautheim & Adelberg in Konkurs ging.


Kein Land hat dazu in dem Maße beigetragen wie Deutschland und allem voran die Stadt des Porzellans Selb. Zwar bietet Selb keine antiken Gebäude, doch zahlreiche Höhepunkte moderner Stadtgestaltung. So wurde das alte Rosenthal-Fabrikgebäude in der Wittelsbacherstraße 1982 mit Bäumen bepflanzt und mit glasierten Keramikplatten von Friedensreich Hundertwasser gestaltet – seither als Hundertwasserhaus bekannt. Ergänzt wird es durch die Regenbogenfassade von Otto Piene und das Spiegelhaus von Marcello Morandini.
Auch das Rosenthaltheater ist ein Symbol für Selb. Nach vier Jahren Umbauarbeiten wurde es 1982 wieder eröffnet. Ein weiterer Beweis für die Verbundenheit mit dem Porzellan ist die Verkleidung des Sprungturms im Hallenbad, der 1972 von Victor Vasarely und Ursula Rusche Wolters mit hunderten Porzellanreliefs ausgestattet wurde. Neuere Beispiele wie Wolfgang Stefans Skulpturen – der Sinnende (1988), das Regenbogenmotiv (1997) und der Lebensbrunnen (1991) – setzen diese Tradition fort.
Christian Höfer’s Warnungen
Bürgermeister Christian Höfer setzte sich stets für die Steigerung des Wohn- und Freizeitwertes der Stadt ein. Doch trotz aller Erfolge warnte er 1976: „Der Abzug solcher Dienststellen vermindert nicht nur die Zahl der Arbeits- und Ausbildungsplätze, sondern bedeutet ebenso einen Verlust an Anziehungskraft für Menschen und Betriebe.“
1991 schuf er den Lebensbrunnen auf dem Gerberplatz, der den Kreislauf des Lebens symbolisiert. Neben dem allgegenwärtigen Porzellan gilt bis heute der Buberlbrunnen als Wahrzeichen der Stadt.
Heute zählt Selb rund 14.500 Einwohner. Einst als „Stadt des Weißen Goldes“ berühmt, wandelte sich die Wirtschaftsstruktur seit den 1990er Jahren. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Porzellanindustrie sank von 5.000 (1965) auf unter 1.000. Neue Industriezweige wie Gerätebau, Elektronik und Messtechnik prägen das Bild. Stadtentwicklungspläne von Walter Gropius (1967) und spätere Ideenwettbewerbe veränderten die Innenstadt, schufen Fußgängerzonen und neue Plätze wie den Martin-Luther-Platz mit Porzellanbrunnen und Reliefs. Porzellan bleibt so nicht nur Wirtschaftsfaktor, sondern auch Teil des Stadtbildes und der Identität Selbs.
In rund 70 Jahren entwickelte sich Selb zur wohl bedeutendsten Porzellanstadt der Welt – in Menge, Vielfalt und Qualität. Der große Stadtbrand von 1856, der nahezu die gesamte Stadt zerstörte, wurde paradoxerweise der Auslöser dieser Erfolgsgeschichte: Lorenz Hutschenreuther gründete noch im selben Jahr eine Fabrik und legte damit den Grundstein für die industrielle Blüte, die Selb bis heute prägt.
Timeline – Selb: Stadt des Porzellans
Meilensteine von 1968 bis in die 1990er-Jahre