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Werk Wiesau

Porzellanindustrie Nordostbayern

Porzellanfabriken nördliche Oberpfalz und Fichtelgebirge

Das Geschirr der bayerischen Porzellanindustrie, so wie sie damals entlang der Nordostgrenze von Weiden bis Hof in den verschiedenen Standorten betrieben wurde, geht in der Hauptsache auf die Auffindung von brauchbarem Kaolin zurück, mithin auf einen einheimischen Bodenschatz. Eine Ausnahme machte nur die 1747 vom damaligen Kurfürsten Max III. Josef gegründete Churfürstliche Porcelain-Fabrique, die nachmalige Staatliche Porzellanmanufaktur Nymphenburg, als höfische Manufaktur, bei der der bayerische Fürstenhof dem Zug der Zeit folgte, wohl auch unter dem Einfluss der Gattin des Kurfürsten, einer Tochter Augusts des Starken in Dresden, wo Joh. Böttger 1709 zum erstenmal die Herstellung von modernen Porzellan gelang.

Diese Gründung blieb zunächst einmal lange Jahre auf sich selbst gestellt, bis um das Jahr 1814 der Thüringer Porzellanmacher Carolus Magnus Hutschenreuther seinen Verwandten, den Oberförster Ernst Ludwig Reuß, in dem Marktflecken Hohenberg an der Eger besuchte und dabei mit Hilfe des Oberförsters Kaolinerde entdeckte, mit der er sehr bald Proben anstellte, die sich als zukunftsträchtig erwiesen. Carolus M. Hutschenreuther stammt mütterlichseits aus dem Geschlecht des Gotthelf Greiner, der der Stammvater Thüringischen Porzellanindustrie ist. Im gleichem Jahr bezog er einige Räume in der Dienstwohnung des Oberförsters, der bald auch sein Schwiegervater werden sollte, und begann mit den Bemühungen, bei der bayerischen Staatsregierung die Genehmigung für die Einrichtung einer Porzellanfabrik zu erhalten. Aus diesem Grunde datiert die bis 1995 in Hohenberg betriebene Porzellanfabrik C.M. Hutschenreuther AG ihre Gründung auf das Jahr 1814. In seiner Eingabe an die bayerische Staatsregierung gab C.M. Hutschenreuther an, dass die Gewährung der Konzession die Verwertung eines bislang völlig ungenutzen Produktes des Mineralreiches die Eröffnung einer neuen Nahrungsquelle in einer sehr dürftigen und nahrungslosen Gegend ermöglichen werde.

Werk Schönwald 1938

Neben den Kalolin als wichtigsten Rohstoff, wozu Quarz und Feldspat ebenfalls im Fichtelgebirge vorhanden waren, drei Mineralien, aus denen bekanntlich der Grundstoff für Porzellan besteht, spielte auch noch die Tatsache eine Rolle, dass in der dortigen Gegend genügend Fichtenholz vorhanden war, der Brennstoff, der noch lange Jahre für das Brennen von Porzellan verwendet wurde. C.M. Hutschenreuther musste seine ganze Lebensenergie auf die Anfänge seiner Porzellanfabrik verwenden, wenn man bedenkt, dass er alle hierzu notwendigen Arbeiter neu anlernen musste, von dem mühseligen Aufbau der Fabrikationsanlagen gar nicht zu sprechen. Am 10. November 1847 starb er bereits als Einundfünfzigjähriger, der aber seiner Witwe und seinem Sohn ein Werk hinterlies, das in der Folgezeit bereits zweihundert Arbeiter beschäftigte. Sein Sohn Lorenz Hutschenreuther gründete 1857, nachdem er aus der väterlichen Fabrik ausgeschieden war, eine eigene Porzellanfabrik in Selb, die bis in das Jahr 2002 als Lorenz Hutschenreuther AG geführt wurde und heute in der Rosenthal GmbH eingeglieder worden ist, als Stammvater der Porzellanherstellung in der Porzellanstadt Selb.

1794 ist das Gründungsjahr für die heute im Seltmann Konzern eingegliederten Königlich privilegierte Porzellanfabrik Tettau AG, in Tettau, nördlich Kronach; kein Geringerer als Alexander von Humboldt hat in seiner damaligen Eigenschaft als königlicher Oberbergmeister bei der damals preußischen Regierungskammer Bayreuth auf Grund seiner Einarbeitung bei der Königlichen Manufaktur Berlin wesentlichen Anteil an dem Zustandekommen dieser Gründung. 1828 war noch in der Oberpfalz die Gründung der bereits erloschenen Porzellanfabrik Tirschenreuth erfolgt. Vorerst aber blieb die Porzellanindustrie auf diese angeführten Werke beschränkt, während der starke Anstieg erst in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts erfolgte, wie sich aus den Jahreszahlen der Gründungen nachstehend aufgeführter Porzellanfabriken ergibt:

Porzellanfabriken und der nördlichen Oberpfalz und Fichtelgebirge

  • 1866 Porzellanfabrik Bareuther & CO. AG, Waldsassen
  • 1871 Porzellanfabrik W. Goebel, Oeslau (heute vornehmlich Fabrikation Hummelfiguren)
  • 1879 Porzellanfabrik Schönwald, Schönwald/Ofr.
  • 1880 Zeh Scherzer & CO. AG, Rehau/Ofr.
  • 1880 Rosenthal Porzellan AG, Selb
  • 1881 Carl Schumann AG, Arzberg
  • 1881 Gebrüder Bauscher Weiden, Weiden/Opf.
  • 1882 Oskar Schaller & CO., Nachf. Schwarzenbach
  • 1884 Krautheim & Adelberg, Selb
  • 1889 Retsch & CO., Wunsiedel
  • 1889 Rieber & CO., Mitterteich
  • 1895 Porzellanfabrik Schlottenhof GmbH, Schlottenhof
  • 1896 Porzellanmalerei Heinrich & Hertel, ab 1902 Porzellanfabrik Heinrich & CO., Selb
  • 1897 Jaeger & CO., Marktredwitz
  • 1899 Erste Bayreuther Porzellanfabrik Walküre, Bayreuth
  • 1900 Porzellanfabrik Arzberg, Arzberg
  • 1900 Edelstein Porzellanfabrik, Küps
  • 1900 Porzellanfabrik Mitterteich, Mitterteich
  • 1900 Johann Seltmann GmbH, Vohenstrauss
  • 1900 Gareis, Kühnl & CO., AG, Waldsassen

Die Ansammlung einer solch grossen Anzahl von Fabriken des gleichen Industriezweiges in einem geschlossenen Landesteil hat andere Gründe, die wir die sogenannten Standort Vorteile nennen. An Stelle des Brennmaterials Fichtenholz war im Laufe der Zeit die Verwendung der böhmischen Braunkohle getreten, die aus den böhmischen Orten Falkenau und Dux bezogen wurde. Der weiter unten näher beschriebene Brennprozess erfordert in erster Linie eine schwefelarme, langflammige Kohle, eine Bedingung, die die böhmische und auch die mitteldeutsche Braunkohle erfüllt. Dazu kam, dass an Stelle des bayerischen Kaolin der viel wertvollere und ergiebigere Kaolin aus dem Karlsbader Becken aus Zettlitz zur Verfügung stand, der beste bis dahin bekannte Kaolin. Mit der Erstellung der Eisenbahnen in der Gegend lagen beide Rohstoffe ausserordentlich frachtgünstig in unmittelbarer Nähe. Die in der zwischenzweit ebenfalls erbaute Nordsüdverbindung Hof-Leipzig brachte die schnellste und kürzeste Verbindung mit den norddeutschen Seehäfen und damit eine wichtige Voraussetzung für den schon frühzeitig einsetzenden Export. Aus der in Oberfranken und der Oberpfalz früher betriebenen Handweberei standen ausserdem Arbeitskräfte zur Verfügung, die auch für den neuen Werkstoff das richtige Fingerspitzengefühl besassen. Schon C.M. Hutschenreuther spielte der Absatz ins Ausland, nämlich in den damals schon bekannten böhmischen Bädern Karlsbad und Marienbad, eine wichtige Rolle.

Um so mehr ist dies bei den später erfolgten Gründungen der Fall, die nicht nur in die europäischen Länder, sondern auch in den USA Markt das bayerische Hartporzellan lieferten. Gerade der amerikanische Markt bot damals in den aufstrebenden Grossstädten wie New York, Chikago usw. ausserordentlich günstige Absatzmöglichkeiten, um so mehr, als zu dieser Zeit keine ähnliche Konkurrenzindustrie in den USA den Markt streitig machen konnte. Die allgemeine Wohlstandssteigerung, die nach dem Kriege 1870/71 einsetzte, und die langen Friedensjahre bis zum ersten Weltkrieg boten mit ihrer Prosperität die Grundlage für die rasche und erfolgreiche Entwicklung der bayerischen Porzellanindustrie.

porzellanselb

Ich kaufe Porzellan überwiegend von Rosenthal und KPM von 1950 bis 1980 Studio-Line, Hubert Griemert, Tapio Wirkala, Victor Vasarely, Grießhaber, Otto Piene, Wolf Karnagel und viele mehr.