Die Ära Hugo Winterling
Hugo Winterling und Dr. Ernst Wölfel werden nun zu ordentlichen Vorstandsmitgliedern ernannt. Das Recht zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft spricht der Aufsichtsrat nur Hugo Winterling zu. Der Ausbau der Porzellanfabrik, hinsichtlich der baulichen Ausdehnung, ist vor dem Ersten Weltkrieg vorerst abgeschlossen. Die Firmenleitung konzentriert ihre Kräfte angesichts der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung auf Instandsetzungen und vorsichtige Erneuerung des Bauzustandes. Auch die technischen Einrichtungen können nur in geringem Maße modernisiert werden.
Die Exporte, die das Inlandsgeschäft bei Weitem überstei- gen, finden mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges ein jähes Ende. Die Überschwemmung des amerikanischen Marktes mit konkurrenzlos billigem japanischem Porzellan, die zunehmend stärker werdende Konkurrenz aus England und die ebenfalls qualitativ hochwertigen tschechischen Produkte, setzen auch diesem Unternehmen zu. An den Vorkriegszustand kann man im Laufe der Firmengeschichte nie mehr anknüpfen, wenn auch das Unternehmen 1927 zu den größten bayerischen Exportfabriken gehört.
Der nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 einsetzende Boykott bringt das Geschäft mit Amerika gänzlich zum Erliegen. Die Einbußen sucht die Firma durch die Konzentration auf das Inland und den europäischen Markt aufzufangen, bis auch diesmal wieder der Ausbruch eines Krieges, des Zweiten Weltkrieges, das Geschäft nahezu zum Erliegen bringt.
Die Nachkriegszeit
Ludwig Woelfel baute die Fabrik zu einem Werk auf, dessen Ausdehnung hinsichtlich der Fabrikgebäude noch 1930 – im Jahr des 50-jährigen Jubiläums – Bestand hatte, und infolge der wirtschaftlichen und politischen Ereignisse noch bis Anfang der fünfziger Jahre unverändert bleibt. Den Zustand der Porzellanindustrie beschreibt Hugo Winterling in einer Denkschrift vom 28. Februar 1950 wie folgt: „Bereits vor dem Krieg und besonders während des Krieges war es der Porzellanindustrie nicht möglich, technische Verbesserungen durchzuführen, so dass sie heute gegenüber der ausländischen Konkurrenz um ca. 15 bis 20 Jahre zurückliegt.“
In den kommenden Jahren gelingt es der Firmenleitung, die nach dem Ausscheiden Dr. Ernst Wölfels im Jahr 1954, allein dem Vorstand Hugo Winterling obliegt, das Werk hinsichtlich der Gebäude auszubauen und zahlreiche innerbetriebliche Verbesserungen durchzuführen. Im Jahr 1950 produziert die Zeh, Scherzer & Co. AG zu 80 % Haushaltsgeschirr, 20% der Produktion entfallen auf Zierporzellane und Geschenkartikel, wie z. B. Vasen und Dosen.
Die in- und ausländischen Kundenkontakte können erst nach Kriegsende durch persönliche Besuche wieder mühsam aufgebaut werden. Zudem ist der inländische Absatz durch die Einfuhr „ostzonaler“ Produkte erschwert, was auf die niederpreislichen Lieferbedingungen zurückzuführen ist. Seitens der Porzellanfabrik konstatiert man: „Während sich das Inlandsgeschäft zu Beginn des Jahres 1950 schwieriger gestaltete, kann augenblicklich eine Belebung des Exportes festgestellt werden.“ Bis 1955 kann das Unternehmen den Export auf nahezu die Hälfte der hauseigenen Porzellanproduktion steigern.
1955 feiert die Zeh, Scherzer & Co. AG ihr 75-jähriges Bestehen. Zu diesem Zeitpunkt hat das Unternehmen 850 Mitarbeiter. In den Städten Hamburg, Köln und München unterhält man eigene Musterzimmer. Engagierte Mitarbeiter vertreten die Porzellanfabrik Zeh, Scherzer & Co. AG in 13 europäischen Ländern, im nahen Orient, in Nord- und Südamerika, Australien und Neuseeland. Im November 1960 wird die Herstellung von Geschenk- artikeln aus Rationalisierungsgründen eingestellt und fortan werden nur noch Tafel- und Kaffeegeschirre produziert.