Selb – die Stadt des Porzellans
In den zwanziger Jahren beschäftigten 11 Porzellanfabriken und 5 Porzellanmalereien Tausende von Menschen. 1858 wurde durch Lorenz Hutschenreuther in Selb (Ludwigsmühle) die erste Porzellanfabrik erbaut und damit der Grundstein zu der heutigen gewaltigen und weltberühmten Porzellanindustrie in Selb gelegt. 1867 erfolgte durch die Brüder Zeidler der Bau der Porzellanfabrik J. Zeidler & CO. in Selb Bahnhof an der Bahnlinie Hof-Selb-Eger. 1887 wurde durch Ph. Rosenthal eine dritte Porzellanfabrik errichtet. 1889 folgte der Bau einer vierten Porzellanfabrik durch Paul Müller. 1898/99 wurde die Porzellanfabrik Heinrich & CO. erstellt. 1906/07 erbaute die Firma Jäger & CO. die sechste Porzellanfabrik, die später in den Besitz der Firma Lorenz Hutschenreuther (Abteilung B) überging. 1912/13 wurden errichtet die Porzellanfabriken Gräf & Krippner und Krautheim & Adelberg. 1919 wurde die Porzellanfabrik Zeidler & Purucker in Selb-Bahnhof erbaut. 1920 die Porzellanfabrik Gebrüder Hofmann. 1928 erstand als letzte Porzellanfabrik die Oberfränkische Porzellanfabrik in Selb, so dass zur gegenwärtiger Zeit elf Porzellanfabriken vorhanden waren. Ausserdem bestanden 1925 fünf Porzellanmalereien in Selb.
Die Stadt galt als das Weltzentrum des Porzellans. Exportiert wird in nahezu alle Länder der Erde. Rosenthal, Krautheim & Adelberg, Heinrich und Lorenz Hutschenreuther sind die bekanntesten von diesen. Fast in jedem Ort des Fichtelgebirges findet sich eine Porzellanfabrik. Was mit dem Thüringer Carolus Magnus Hutschenreuther 1814 im nordbayerischen Hohenberg an der Eger begonnen hatte, hat mit zunehmender Geschwindigkeit sich auf den ganzen Raum zwischen Coburg und Weiden ausgebreitet.
Nordbayern stand in der Porzellanerzeugung Europas an der Spitze. Die grossen Unternehmen hatten in Schlesien, in Sachsen und Böhmen Zweigbetriebe. Unternehmerpersönlichkeiten prägten das gesellschaftliche Leben, Phillipp Rosenthal , der „Geheimrat“, ist einer von diesen. 1920 nach dem ersten Weltkrieg, unternahmen die Regierungen verschiedene Experimente mit Porzellanmünzen. Solche kamen dann auch in einigen Ländern und Städten im Umlauf.
Die Porzellanmünzen sollten aus hygienischen Gründen das inflationäre Papiergeld ablösen. Für das Land Bayern fertigte 1921 die Porzellanfabrik Rosenthal in einer künstlerisch und technisch einwandfreien Ausführung eine grössere Menge 50 Pfennig Stücke und zwar in den Farben weiß-blau-graugrün.
Geographische Lage Selb
- Industriell unterentwickeltes und armes Randgebiet Deutschland
- Selb 1840, wo Selb 3400 Einwohner mit 311 Häusern zählte, waren in Selb nicht weniger als 115 Hausweber tätig
- Bis 1856 bestimmte Landwirtschaft und Hausweberei die wirtschaftliche Lage; Gründung L. Hutschenreuther
- 1856 war die nächste Bahnstation für Selb in Schwarzenbach/Saale
- Rohstoffe wurden mit Pferdefuhrwerken auf schlechten Strassen dorthin und wiederzurück gebracht werden.
- Wirtschaft 1840
1926 wirbt eine Broschüre der Rosenthal AG mit dem Slogan: „50 internationale Künstler arbeiten für Rosenthal.“ Überhaupt sind internationale Kontakte im Bereich der Gestaltung, des Kaufmännischen und in besonderer Weise des Technologischen üblich. Denn: man verkehrt mit seinen Kollegen in den Porzellanzentren Europas, vor allem in Grossbritannien, Frankreich und Italien, man tauscht sich aus in der Anwendung neuer Technologien wie – allerdings weniger gerühmt – der Schaffung neuer Form- und Dekorideen.
Das Porzellan ist die Königin unter den Erzeugnissen der gewerblichen Arbeit im Fichtelgebirge. Obgleich härter wie Stahl, bildet es in der Zartheit seiner Formen ein Gegenstück zum rauhen Granit mit dem es den Feldspat und Quarz als Bestandteile gemeinsam hat. Wie in der Landschaft des Fichtelgebirges, so begegnen wir auch hier das Gesetz der Gegensätzlichkeit, dem Spiel in Dur und Moll, das uns immer wieder von neuem fesselt. Das grandioseste Schauspiel der Gegensätzlichkeit bietet sich dem Auge, wenn im Dunkel der Nacht die lodernden Flammen der Porzellanöfen emporschlagen und die Konturen der Berge sich vom nächtlichen Himmel abheben. In doppelten Sinne spricht hier der Mensch der Feuergarben und Rauchfahnen zur Natur; indem er der Majestät der Schöpfung die Majestät der Arbeit gegenüberstellt und indem er aus Erdschätzen, durch den Feuerzauber geläutert, eines der edelsten Produkte, das Porzellan entstehen lässt.
Als deren Geburtsjahr gilt das Jahr 1814, die Zeit des angehenden behaglichen Biedermeier und der Romantik. In diesem Jahr kam ein Thüringer Porzellanmaler Carolus Magnus Hutschenreuther auf einer Verkaufsreise durch das Fichtelgebirge zu Verwandten nach Hohenberg an der Eger, wo er Porzellanerde (Kaolin) fand und wo es genügend Holz zum Brennen des Porzellans gab. Er errichtete in Hohenberg eine Porzellanfabrik, in der er zunächst Pfeifenköpfe und dann auch Puppenköpfe herstellte. Ein paar Jahrzehnte später, 1856, folgte Selb als weiterer Standort der Porzellanfabrikation.
Quelle: Der Ursprung der Porzellanproduktion in Nordbayern – Geschichte der Porzellanfabrik C.M. Hutschenreuther