Grosse Waldbestände im Fichtelgebirge, Braunkohlen im nahen Böhmen, Porzellanerde am Steinberg, Feldspat und Quarz im nahen Hammersreuth, dazu ein billiges überaus genügsames Menschenmaterial als Arbeiter. Hier musste die Gründung einer Porzellanfabrik gelingen. Infolgedessen errichtete K. M. Hutschenreuther in Hohenberg 1814 die erste Porzellanfabrik in unserem Gebiet.
Es war dies eine Zeit, wo das Klafter Holz noch zehn Groschen kostete und der Wochenlohn eines Porzellanarbeiters 2 Taler betrug. Immerhin zeugt, dass Hutschenreuther die Gründung einer Fabrik in schweren Kriegszeiten vornahm, von seiner Unternehmenslust, von einem seltenen Wagemut des erst 20jährigen Mannes.
Verheiratet war er seit 1816 mit Johanna Reuß, der Tochter des königlichen Oberförsters Reuß in Hohenberg, die ihm in glücklicher Ehe 9 Kinder gebar, als 1. Kind am 8. Mai 1817 Friedrich Lorenz Hutschenreuther. Die Erzeugnisse seiner Fabrikation, gemaltes und weißes Porzellan verkaufte Karl Magnus Hutschenreuther seiner alten Kundschaft. Nach einem überaus arbeitsamen lebens segnete er im Jahre 1845 in Hohenberg a. d. Eger das Zeitliche.
Nach seinem Tode übernahm seine Witwe mit ihren beiden Söhnen, Christian und Lorenz, die kleine Fabrik. Lorenz Hutschen- reuther, der den Tatendrang seines Urgrossvaters Hammann und seines Vaters Karl Magnus geerbt hatte, schied 1856 aus der Fabrik in Hohenberg aus, um eigene Wege zu gehen und dem in seiner Familie traditionellen Beruf neue aussichtsreiche Gebiete zu erschliessen.
Ohne Zweifel hat Lorenz Hutschenreuther den entscheidenen Schritt der Gründung einer neuen Fabrik von langer Hand vorbereitet, denn als er bald nach der Brandkatastrophe im Jahre 1856 in Selb an die Öffentlichkeit trat, um dort auf der Ludwigsmühle die Porzellanfabrik zu errichten, waren bereits nach vielen Richtungen hin die Vorarbeiten dazu abgeschlossen oder zum mindesten weit fortgeschritten.
Es ist nicht richtig, dass sie in Selb infolge des Brandes momentan günstigen, d.h. billige Arbeitskräfte in dazu bewogen haben, in Selb seine Neugründung zu plazieren – die Verhandlungen über seine Niederlassungen in Selb führen ja über den Brand zurück – sondern es waren wohl wieder die günstigen Rohstoffverhältnisse, die ihn auf diesen Platz zunächst hingewiesen haben.
Er hat im ganzen Selber Bezirk umfangreiche Schürfungen nach Feldspat, Kalkstein und Porzellanerde gemacht und sich hierauf Mutungen erteilen lassen. Da ihm die Selber Staatsforsten Brennholz zu günstigen Bedingungen in jeder Menge gewährleisteten, war somit die Rohstoffver- sorgung einigermaßen sichergestellt. Dass dann der Selber Brand mit seiner radikalen Zerstörung der Weberei noch viele günstige und billige Arbeitskräfte bereit stellte, war für ihn ein erfreuliches, zufälliges Erlebnis.
Mit dem Kauf der Ludwigsmühle2 bei Selb (Verkäufer Fabrikant Gebhardt Selb, Kaufpreis 15.000 Gulden) schloss L. Hutschenreuther seine Vorbereitungen ab und begann alsbald mit allen Kräften den Bau der Fabrik unter Mitbenutzung der erworbenen Wasserkraft. In Selb war damals noch keine Industrie ansässig und da der Brand vielen Selbern durch die Zerstörung der Webstühle ihr Brot genommen hatte, so war die Bevölkerung der Stadt dankbar für die neue, durch die Errichtung der Fabrik gegebene Arbeitsmöglichkeit. Lorenz Hutschenreuther ist also der Begründer der Porzellanindustrie in Selb.
Quelle: Chronik Hermann Bohrer, Selb 1930 – Teil I