Werk Rosenthal Rotbühl

Im selben Jahr nahm Gropius den Auftrag für den Entwurf des Rosenthal-Glaswerks in Amberg (heute Riedel) an. Auch diese spektakuläre „Glas-Kathedrale“ steht unter Denkmalschutz. Bei der Eröffnung der Werke stand das Unternehmen Rosenthal in höchster Blüte – wirtschaftlich wie künstlerisch.

Selb war nicht nur der „Nabel der europäischen Porzellan-Produktion“, wie Generalkonservator Greipl jetzt formulierte, sondern auch ein Kraftzentrum, von dem aus Design-Trends in die Welt gingen. Oder um mit Egon Johannes Greipl zu sprechen: „Es ist eine Anlage von Weltbedeutung, gebaut von einem Architekten von Weltrang“. Dennoch kam die neue Fabrik seinerzeit einer Sensation gleich. Walter Gropius verwirklichte in Selb nicht nur seine Vorstellungen von ästhetischer Klarheit und Moderne, sondern auch seine Ziele von einer menschlichen Arbeitswelt.

Im Zentrum aller Wege in der immerhin 250 Meter langen eingeschossigen Fabrikationshalle steht ein Glashaus mit tropischen Pflanzen, in dem auch die weltberühmt gewordenen Flamingos überwinterten. Für Gropius war es ein Symbol für humane Arbeitsplätze und für Technik, die das Leben und die Natur nicht ausschließt. Raumhohe Fenster in den Außenwänden sollen für den optischen Anschluss an die Landschaft um das Werk sorgen. Ohne jedes Renommiergehabe legt sich das Werk flach an seinen Standort, einen leichten Hügel nördlich der Selber Innenstadt. Für gestalterische Akzente sorgt vor allem der Portalbau am Eingang mit seinen beiden kühn ansteigenden Betonflügeln.

Widerspruch gegen den Eintrag in die Denkmalliste hatte es von der Stadt Selb gegeben. Wie Oberbürgermeister Wolfgang Kreil der Frankenpost darlegte, sieht er in diesem Schritt eine Einengung der wirtschaftlichen Entwicklungsfähigkeit des Werks. Dem widersprach Bayerns oberster Denkmalschützer vehement.

„Wir stülpen keine Käseglocke über das Werk“, versicherte Egon Johannes Greipl. Das Bauwerk sei auch veränderbar, wenn vitale Interessen der Firma dies erforderten. Diese Veränderbarkeit sei ohnehin eine der Gründe für die Aufnahme in die Denkmalliste gewesen. Walter Gropius habe in Selb einen der ersten Skelettbauten aus Stahlbeton entworfen. Der Grundriss sei durch ein quadratisches Raster von jeweils zehn Metern bestimmt, das zwischen den Stützen liege. Die Wände aus Schaumbeton sind eingehängt, was von Beginn an für eine hohe Veränderbarkeit sorgte. Den Bedenken der Stadt Selb habe man schon deshalb nicht entsprechen können, so Greipl, weil keine fachlichen Gründe vorgetragen worden seien.

Wesentlich entspannter sieht offensichtlich das Unternehmen selbst die veränderte Lage. Wie Greipl von einem Gespräch mit Eigentümer Dr. Pierluigi Coppo berichtete, stehe dieser dem Eintrag in die Denkmalliste „neutral bis positiv“ gegenüber. Coppo sei sich bewusst, dass das Image der Rosenthal-Produkte seine Wurzel auch in der Stätte habe, in der es hergestellt werde. Allerdings lege er auch Wert darauf, in der Fabrik die erforderlichen Änderungen ohne lange bürokratische Verhandlungen vornehmen zu können.

Für Greipl kein Problem: Es sei viel zu wenig bekannt, bedauert der Generalkonservator, dass bei Bauanträgen die denkmalpflegerischen Anforderungen meist viel schneller geprüft seien als die brandtechnischen. Auch finanziell müsse es kein Nachteil sein, ein Denkmal zu besitzen: „Alles, was man zum Erhalt investiert, kann man voll von der Steuer absetzen.“

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