Werk Rosenthal Rotbühl

Philip Rosenthal

Philip Rosenthal, 42, Direktor der Rosenthal-Porzellan-Werke in Selb (Bayern), schenkte der westfälischen Wallfahrtsstadt Werl, dem Geburtsort seines Vaters, des Geheimen Kommerzienrats Dr. Philipp Rosenthal, ein Porzellan-Eßservice (Form 2000, für 24 Personen, mit Wappen der Stadt), entzog der Stadt aber gleichzeitig eine Schenkung, die Pressestelle und Werbeabteilung dem Magistrat und den Lokalredaktionen in Aussicht gestellt hatten: einen Brunnen nach Plänen aus dem Studio Selb. In einer Erklärung, die er als Gast der Stadt anläßlich einer Feierstunde für den in Werl geborenen Begründer der Rosenthalwerke im Rathaus verlas, lehnte er eine Ehrung durch einen Brunnen („den wir stiften sollten“) ab und äußerte seine Enttäuschung darüber, daß Werl noch keine Rosenthalstraße besitze, obwohl der Tod des Geheimen Rates schon über zwanzig Jahre zurückliege.

Porzellanhersteller Rosenthal wies auf Leipzig hin, wo die Bürgerschaft seinerzeit die größte, auf das Messegelände führende Straße nach seinem Vater benannt habe, was weder unter Hitler noch unter Ulbricht geändert worden sei. Von dem Brunnenplan, so gab er später an, habe er nichts gewußt, und keiner seiner Angestellten sei in dieser Sache von ihm beauftragt gewesen. Der schockierte Rat der Stadt Werl ließ bekanntgeben, daß ihm durch alte Beschlüsse die Hände gebunden seien, wonach Straßen nicht mehr nach Personen benannt werden sollten. Die Straße, an der einst das elterliche Porzellangeschäft des Gründers der Rosenthalwerke stand, trage außerdem bereits den Namen des letzten Repräsentanten des Frei- und Femegerichts auf Roter Erde, des Oberfreigrafen zu Werl Friedrich Wilhelm Engelhard.

Quelle: DER SPIEGEL 28/1959 Rudolf Augstein GmbH & Co. KG.

Porzellanservice Form 200

„Es liegt“, wie der Kunsthistoriker Nikolaus Pevsner von Gropius sagt, „etwas Erhabenes in dieser mühelosen Beherrschung von Material und Gewicht.“ Rosenthal darf sich beglückwünschen. Vor dem Rundgang war das gefeiert worden: ein bisschen lustig (aber nicht zuviel), ein bisschen ernst (nicht zu ernst), ein bisschen schockierend (aber erträglich), und es war, obwohl originell, doch eine rechte deutsche Feier, trotz allem, für gute Rosenthaldeutsche.

Die Reihenfolge hiess: Rede – Musik – drei Reden – Musik – vier Reden – Musik. Zu reden begann Rosenthal: dunkelgrauer Einreiher, offen, hellblaues Hemd, türkisfarbener Schlips, den rechten Unterarm aufs Katheder gestützt, zwischen Zeige und Mittelfinger der Linken eine gerade erkaltende halbe Zigarre. Er schenkte sich den „Herrn“ und sprach „lieber Professor Erhard, lieber Professor Gropius . . .“ und Erhard fing den Ball auf und gab ihn doppelt zurück: „Lieber Rosenthal . . ,“

Denn Rosenthal hatte ihm zuvor gesagt: „Es ist Ihr Werk, auf dem wir alle wissen, da kann man kritteln und deuteln . . .“ und betont, „dass Sie der erste Minister waren, der sich um die Form gekümmert“ (und den Rat für Formgebung ins Leben gerufen) hat, und dann gewitzelt, er sei gleich zu Ende, „dann hau ich ab“, und dann haute er ab. Ludwig Erhard geht auf sein Frankentum ein, lobt das Werk, das nun, den Geist des Bauhauses atmend, den Meister lobe, preist den Kanzler- Bungalow und bekennt: „Niemand bedauert mehr als ich … was nun zu einem politischen Possenspiel geworden ist.“

Und dann spricht der 84jährige Gropius — klar, offen, bescheiden, bestimmt. Er lobt die deutschen Bauarbeiter, den Direktor Lerch („Ich habe nie einen besseren Bauleiter gehabt“) und Rosenthal, den er offensichtlich ins Herz geschlossen hat. Es redete sodann noch manch einer, der eine mit Witz, andere mit Zahlen aus der bayerischen Industrie im allgemeinen und der „Geschirr und Zierporzellanindustrie“ im besonderen. Zwischendurch spielte das Gamben-Collegium mit Josef Ulsamer auf, der gerade soweit ist, nicht mehr engagiert, sondern gewonnen zu werden, von Rosenthal bis zur Deutschen Grammophon-Gesellschaft. Man hörte Mittelalterliches auf rekonstruierten Instrumenten, auf Fidein, Gamben, Schalmei, Krummhorn, Psalter, Glokkenspiel, Traverso.

Wie in der Kirche getraute sich das Publikum erst am Schluss zu applaudieren. Nach Erhard und Gropius erschreckte das Kammerorchester der Nürnberger Symphoniker die Geladenen mit Zwölftönigem und einer Jazznummer, die aus dem ThirdStream zufloss. Manche blätterten pikiert im Programmheft und nahmen die Gelegenheit wahr, im verwirrenden Stricharrangement des abgedruckten Grundrisses herumzutappen, und als jemand voreilig klatschte, errötete der erste Geiger und strahlte der Klarinettist Hochmut aus.

porzellanselb

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